Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)
Lieber, wird die schlechte Luft deiner Gesundheit schaden.«
»Das hier ist nicht mit dem Gestank in einem Truppentransporter zu vergleichen«, behauptete Brian. Frasers Abwesenheit schien sein inneres Gleichgewicht wiederhergestellt zu haben. Es war wieder etwas mehr von dem Jungen aus Sussex an ihm und weniger von dem ernsten jungen Unteroffizier. »Kohlenrauch aus dem Maschinenraum«, erinnerte er sich, »und die Jungen links und rechts seekrank, kotzen wie die Reiher! Wir dampften durch diesen neuen französischen Suezkanal, direkt von Bombay herauf. Wochenlang hausten wir in diesem verdammten Truppentransporter! Die elendeste Hitze im Roten Meer und Ägypten – zum Umkommen! Und dann direkt weiter in den harten Winter auf der Krim! Wenn mich damals nicht die Cholera oder das Quartanfieber erledigten, brauche ich mir jetzt keine Gedanken wegen ein bisschen Dunst in London zu machen.« Brian schmunzelte.
»Ich dachte oft an dich, in Kanada«, sagte Mallory zu seinem Bruder. »Du mit einer Verpflichtung auf fünf Jahre – und das im Krieg! Aber ich wusste, dass du der Familie Ehre machen würdest, Brian. Dass du stets deine Pflicht tun würdest.«
»Wir Mallorys sind überall auf der Welt, Ned«, sagte Brian philosophisch. Seine Stimme war barsch, aber bei Mallorys Lob war eine leichte Röte in sein bärtiges Gesicht gestiegen. »Wo ist Bruder Michael jetzt, der gute alte Micky?«
»Hongkong, glaube ich«, sagte Mallory. »Sicherlich würde Mick heute mit uns sein, wenn das Glück sein Schiff in einen englischen Hafen geführt hätte. Er war nie einer, der vor einer richtigen Keilerei zurückschreckte, unser Michael.«
»Ich habe Ernestina und Agatha gesehen, seit meiner Rückkehr«, sagte Brian. »Und ihre Kleinen.« Er sagte nichts über Dorothy. Die Familie sprach nicht mehr von Dorothy. Brian rückte auf dem unebenen Segeltuch und blickte wachsam hinüber zu den ragenden Säulen am Portal eines Palastes der Gelehrsamkeit. »Muss dir sagen, für Straßenkämpfe habe ich nicht viel übrig«, bemerkte er dann. »Das war der einzige Ort, wo die Russen uns wirklich zusetzten, in den Straßen von Odessa. Überfälle und Nahkampf, Schießen aus dem Hinterhalt, von Haus zu Haus in der Stadt, wie Banditen. Das ist kein zivilisierter Krieg.« Er runzelte die Stirn.
»Warum standen sie nicht aufrecht gegen euch und lieferten euch eine ehrliche Schlacht?«
Brian sah ihn erstaunt an, dann lachte er, ein wenig seltsam. »Das versuchten sie zuerst, bei Alma und Inkerman. Aber wir gaben ihnen eine derartige Abreibung, dass sie in Panik davonliefen. Man könnte sagen, dass das teilweise mein Werk war. Die Königliche Artillerie, Ned.«
»Erzähl!«, forderte Mallory ihn auf.
»Wir sind die wissenschaftlichste der Waffengattungen. Sie lieben die Artillerie, deine Fachkollegen.« Brian löschte einen weiteren fetten Funken aus dem Schornstein mit speichelbefeuchtetem Daumen. »Da gibt es besondere Gelehrte für den militärischen Sektor! Flinke kleine Burschen mit Brille auf der Nase und Zahlen im Kopf. Haben noch nie einen gezogenen Säbel gesehen, geschweige denn ein Bajonett. Braucht man auch nicht, um einen modernen Krieg zu gewinnen. Alles eine Frage von Flugbahnberechnungen und Zündungseinstellungen.«
Brian beobachtete mit wachem Argwohn zwei Männer in weiten Regenmänteln, die ihnen auf der Straße entgegenkamen. »Die Russen taten, was sie konnten. Riesige Festungen wie Redan und Sewastopol. Aber als unsere schweren Geschütze das Feuer eröffneten, brachen sie auseinander wie Zunder. Dann zogen sie sich in ihre Grabensysteme zurück, aber die Kartätschen aus den Mörserorgeln wirkten Wunder.« Brians Blick war geistesabwesend, sah die erinnerten Bilder. »Du konntest sehen, wie der weiße Rauch und die Erde aufspritzten, Ned, und jede Salve lag so sauber und deckend wie die Bäume in einem Obstgarten! Und als wir die Stellungen sturmreif geschossen hatten, ging unsere Infanterie – hauptsächlich französische Verbündete, sie übernahmen einen guten Teil der Fußarbeit – gegen die zerschossenen Palisaden und Gräben vor und erledigten den armen Iwan mit Repetiergewehren.«
»Die Zeitungen schrieben, dass die Russen ohne Rücksicht auf militärischen Anstand kämpften.«
»Sie waren ganz verzweifelt, als sie erkannten, dass sie uns nichts anhaben konnten«, erklärte Brian. »So gingen sie zum Partisanenkampf über, überfielen unsere Einheiten aus dem Hinterhalt, feuerten auf weiße Flaggen und so
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