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Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Titel: Die Differenzmaschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson , Bruce Sterling
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grünen Knoten, das braune Papier. Er warf Schere und Bindfadenrolle wieder in den Mantelsack, steckte Siegellack und Feuerzeug ein, zog seinen Füllfederhalter und machte sich daran, das Paket zu adressieren.
    »Aber was ist es, Mick? Wie kannst du den Wert wissen, wenn du keine Ahnung hast, wozu es wirklich gut ist?«
    »Das habe ich nicht gesagt, weißt du. Ich habe meine Vermutungen. Mick hat immer seine Vermutungen und Ideen. Ich hätte gute Lust, das Original mit mir nach Manchester zu nehmen, im Auftrag des Generals. Ich würde die klügsten Locher daransetzen und genug vom Kapital des Generals hineinstecken, um das Ergebnis auf Lochkarten im Napoleon-Format zu speichern!«
    Er hätte genauso gut griechisch reden können, so wenig bedeutete es ihr.
    Es klopfte. Ein übel aussehender Servierjunge, schniefend und mit nach Sträflingsart geschorenem Kopf, schob einen Servierwagen herein und räumte die Teller ab. Er machte es langsam und ungeschickt und verweilte, als erwarte er ein Trinkgeld, aber Mick ignorierte ihn und starrte kühl ins Leere, verbiss sich ein Grinsen.
    Der Junge verließ das Zimmer mit einem Hohnlächeln. Nach einer Weile wurde mit einem Stock an die Tür geklopft. Wieder war einer von Micks Freunden gekommen.
    Dieser war ein vierschrötiger Mann von erstaunlicher Hässlichkeit, glotzäugig und mit bläulich schwarzen Bartschat ten auf den Hängebacken, die breite, zurückweichende Stirn umrahmt von einer öligen Parodie der eleganten Locken, die der Premierminister bevorzugte. Hingegen trug der Fremde einen neuen und gut geschnittenen Abendanzug mit Umhang, Stock und Zylinder, einer feinen Perle in der Krawatte und einem goldenen Freimaurerring an einem Finger. Gesicht und Hals waren sonnengebräunt.
    Mick erhob sich sofort von seinem Stuhl, schüttelte die beringte Hand, bot dem Ankömmling einen Platz an.
    »Sie sind noch spät auf den Beinen, Mr. Radley«, sagte der Fremde.
    »Wir tun, was wir können, um Ihren besonderen Bedürfnissen entgegenzukommen, Professor Rudwick.«
    Der hässliche Herr ließ sich mit hölzernem Knarren auf seinem Stuhl nieder. Seine vorquellenden Augen warfen Sybil einen forschenden Blick zu, und einen beängstigenden Augenblick lang fürchtete sie das Schlimmste, dass es nämlich alles ein aufgelegter Schwindel und sie im Begriff sei, Gegenstand einer schrecklichen Transaktion zwischen den beiden zu werden.
    Aber Rudwick blickte von ihr weg, zu Mick. »Ich will Ihnen nicht verhehlen, Sir, dass mir sehr daran liegt, meine Aktivitäten in Texas wiederaufzunehmen.« Er schürzte die Lippen: Sybil sah, dass er kleine graue, kieselartige Zähne in seinem breiten, dünnlippigen Mund hatte. »Hier in London den Gesellschaftslöwen zu spielen, das ist eine verdammte Last und Plage für mich.«
    »Präsident Houston wird Ihnen morgen um zwei eine Audienz gewähren, wenn das genehm ist.«
    Rudwick grunzte. »Ausgezeichnet.«
    Mick nickte. »Der Ruhm Ihrer texanischen Entdeckung scheint mit jedem Tag zu wachsen, Sir. Ich höre, dass Lord Babbage sich persönlich dafür interessiert.«
    »Wir haben am Institut in Cambridge zusammengearbeitet«, sagte Rudwick, außerstande, ein selbstzufriedenes Lächeln zu verbergen. »Die Theorie der Pneumo-Dynamik …«
    »Wie es sich ergibt«, bemerkte Mick, »befinde ich mich im Besitz einer Lochkartenfolge, die Seine Lordschaft erheitern mag.«
    Diese Nachricht schien Rudwick unwirsch aufzunehmen. » Erheitern , Sir? Lord Babbage ist ein höchst … reizbarer und jähzorniger Mann.«
    »Lady Ada war so freundlich, mich in meinen anfänglichen Bemühungen zu begünstigen …«
    » Zu begünstigen , Sie?«, fragte Rudwick mit einem plötzlichen, hässlichen Lachen. »Handelt es sich um ein Spielsystem? Das sollte es sein, wenn Sie hoffen wollen, ihre Aufmerksamkeit zu finden.«
    »Keineswegs«, versetzte Mick.
    »Die Dame erwählt seltsame Freunde«, meinte Rudwick mit einem langen, verdrießlichen Blick zu seinem Gegenüber. »Kennen Sie einen Mann namens Collins, einen sogenannten Buchmacher?«
    »Hatte nicht das Vergnügen«, sagte Mick.
    »Der Kerl sitzt ihr im Nacken wie eine Laus in einem Hundeohr«, fuhr Rudwick fort, und sein sonnenverbranntes Gesicht lief dunkel an. »Der Kerl machte mir einen höchst erstaunlichen Vorschlag …«
    »Und?«
    Rudwick runzelte die Stirn. »Ich bildete mir ein, Sie würden ihn kennen, er scheint von der Art zu sein, die in Ihren Kreisen verkehrt …«
    »Nein, Sir.«
    Rudwick beugte sich über den

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