Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Titel: Die Differenzmaschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson , Bruce Sterling
Vom Netzwerk:
sich.« Er wusste einiges aus den Geständnissen von Collins; der namen lose Texaner war ein widerspenstiger Verbündeter gewesen. »Der Mann kränkte sie, durchkreuzte ihre Pläne, genauso wie der verstorbene Professor Rudwick. Also traf ihn das gleiche Geschick wie den Mann, den er umbrachte.«
    »Sie muss in einer verzweifelten Lage sein.«
    »Vielleicht … Aber wir haben keinen Grund zu der Annahme, dass Sie sie misstrauisch machten, indem Sie ihr hierher folgten.«
    »Sir, als Sie mich ins Garrick-Theater schickten, vermuteten Sie, dass sie dort sein könnte?«
    »Absolut nicht. Ich bekenne, dass es mehr eine Laune von mir war, Betteredge. Lord Engels, ein Bekannter von mir, ist fasziniert von diesem Marx, dem Gründer der Kommune …«
    »Engels, der Textilfabrikant?«
    »Ja. Er ist in dieser Sache tatsächlich sehr exzentrisch.«
    »Lord Engels? Wegen dieser Kommunardenfrauen, Sir?«
    »Wegen Mr. Marxens Theorien im Allgemeinen und des Schicksals der Kommune von Manhattan im Besonderen. Friedrichs Großzügigkeit machte diese gegenwärtige Tournee überhaupt erst möglich.«
    »Der reichste Mann von Manchester finanziert diese Art von Schund?« Betteredge schien über die Enthüllung stark beunruhigt.
    »Eigentümlich, ja. Friedrich ist selbst Sohn eines reichen Industriellen aus dem Rheinland. Jedenfalls war ich neugierig auf Ihren Bericht. Und natürlich erwartete ich eher, dass die Makrele in Erscheinung treten würde. Den Vereinigten Staaten ist die rote Revolution in Manhattan ein Dorn im Auge.«
    »Vor der Aufführung hielt eine der Frauen eine Art Predigt, Sir, und eiferte und tobte wie eine Furie! Irgendwas über ›eiserne Gesetze‹ …«
    »Das eiserne Gesetz der Geschichte, ja. Alles sehr doktrinär. Aber Marx hat einen guten Teil seiner Theorie von Lord Babbage entliehen – so viel, dass seine Doktrin eines Tages Amerika beherrschen könnte.« Oliphants Übelkeit war verflogen. »Aber bedenken Sie, Betteredge, dass die Kommune in einer Zeit des gewaltsamen Antikriegsaufruhrs gegründet wurde, mit denen gegen die Einberufungen zur Unionsarmee protestiert wurde. Marx und seine Anhänger ergriffen die Macht in einer Zeit chaotischer Zustände, ähnlich den Unruhen des letzten Sommers in London. Hier sind wir natürlich in guter Form darüber hinweggekommen, und das, obwohl wir mitten im Notstand unseren Großen Redner verloren hatten. Die richtige Machtfolge ist alles, Betteredge.«
    Betteredge nickte, durch Oliphants patriotische Empfindungen von den absonderlichen Sympathien des Lord Engels für die Kommunarden abgelenkt. Die Enthüllung hatte ihn so erstaunt, dass er nicht daran geglaubt hätte, wäre sie von einem anderen als Oliphant gemacht worden.
    Auf der Heimfahrt mit der Droschke nickte Oliphant ein. Er träumte, wie er es oft tat, von einem allwissenden Auge, in dessen unendlichen Perspektiven jedes letzte Geheimnis gelüftet wurde. Bei seiner Ankunft fand er zu seinem schlecht verhohlenen Verdruss, dass Bligh in der zusammenfaltbaren Gummiwanne, die ihm kürzlich von Dr. McNeile verschrieben worden war, ein Bad für ihn bereitet hatte. In Morgenmantel und Nachthemd, mit Pantoffeln aus besticktem Maulwurfsfell an den Füßen, untersuchte Oliphant das Ding mit resignierter Abneigung. Es stand dampfend vor der völlig einwandfreien und gänzlich leeren weißen Porzellanwanne, die sein Badezimmer beherrschte. Ein Schweizer Patent, diese Gummiwanne; der schlaffe schwarze Trog war vom Volumen des Wassers, das er gegenwärtig enthielt, gespannt und angeschwollen. Gestützt von einem zusammenklappbaren Rahmen aus schwarz gebeiztem Teakholz, war die Gummiwanne durch einen wurmartigen Schlauch und mehrere keramische Drehverschlüsse mit dem Wasserzulauf verbunden.
    Er zog Morgenmantel und Nachthemd aus, stieg aus den Pantoffeln, dann von der Kühle der achteckigen Marmorfliesen in das weiche, warme Maul. Beinahe wäre die ganze Vorrichtung umgekippt, als er sich mühevoll hineinsetzte. Das elastische Material, auf allen Seiten vom Rahmen gestützt, gab unter den Füßen beunruhigend nach. Und es war in der Art und Weise, wie es sein Gesäß umarmte, ganz scheußlich. Nach McNeiles Verschreibung sollte er eine Viertelstunde in der Gummiwanne liegen, den Kopf auf einer kleinen pneumatischen Nackenstütze aus gummiertem Segeltuch, die zu diesem Zweck vom Hersteller mitgeliefert worden war. McNeile behauptete, dass der gusseiserne Körper einer Porzellanwanne die natürlichen Bemühungen des

Weitere Kostenlose Bücher