Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)
bei diesen Herren um die Privatdetektive, die Sie im Zusammenhang mit Dr. Mallory erwähnten?«
Fraser nickte grimmig. »Tate und Velasco.«
»Mr. Tate«, sagte Oliphant und trat auf den Mann zu, »es ist mir ein Vergnügen, Sir. Ich bin Laurence Oliphant, Journalist.« Tate musterte ihn misstrauisch, verwirrt von Oliphants Herzlichkeit. Fraser verstand den Hinweis und ließ Velascos Arm ziemlich widerwillig los. »Mr. Velasco.« Oliphant lächelte.
Misstrauen zeigte sich nun auch bei Velasco. »Journalist? Was für ein Journalist?«, fragte er und blickte von Oliphant zu Fraser und zurück.
»Reiseschilderungen, hauptsächlich«, sagte Oliphant, »aber gegenwärtig bin ich mit Mr. Frasers fachkundiger Hilfe damit beschäftigt, Material für eine Geschichte des Großen Gestanks zusammenzutragen.«
Tate beobachtete ihn aus schmalen Augen. »Mallory, sagen Sie. Was ist mit ihm?«
»Ich interviewte Dr. Mallory vor seiner Abreise nach Chi na. Seine Erlebnisse während des Gestanks waren höchst bemerkenswert und warfen ein bezeichnendes Licht auf die Gefahren, die während solch einer chaotischen Zeit jeden befallen können.«
»›Jeden befallen‹?«, entgegnete Velasco. »Unsinn! Mallorys Schwierigkeiten waren in Wirklichkeit ein Streit unter Gelehrten, und das weiß Ihr Mr. Fraser recht gut!«
»Ja, ja, gewiss«, sagte Oliphant. »Und deshalb freue ich mich, Sie heute Abend kennengelernt zu haben, meine Herren.«
Velasco und Tate tauschten einen zweifelnden Blick. »Ihr Ernst?«, fragte Tate.
»Absolut. Sehen Sie, Dr. Mallory erklärte mir den widrigen Zufall mit seinem Rivalen und gelehrten Kollegen Peter Foulke, dass während einer Periode so beispielloser Anspannung selbst in den gebildetsten Kreisen …«
»Sie werden diesen Schweinepriester Foulke nicht mehr in Ihren gebildetsten Kreisen finden«, warf Velasco ein, »da mag er noch so sehr den feinen Herren herauskehren.« Er machte eine Kunstpause. »Er wurde im Bett mit einem Mädchen erwischt, das keine zwölf Jahre alt war!«
»Nein!« Oliphant simulierte Schock. »Foulke? Aber sicherlich …«
»Er war in Brighton«, bekräftigte Tate, »und diejenigen, die ihn fanden, schlugen den unzüchtigen Lumpen windelweich und warfen ihn splitternackt auf die Straße!«
»Aber wir waren es nicht, die das taten«, stellte Velasco fest, »und Sie können nicht beweisen, dass wir es waren.«
»Es gibt eine neue Denkrichtung«, erklärte Tate und drückte seine schmächtige Brust heraus, um das Union-Jack-Abzeichen besser zur Geltung zu bringen. Seine vom Gin gerötete Stupsnase glänzte feucht. »Sie wendet sich gegen die Sittenlosigkeit und Dekadenz unserer modernen Zeit, sei es unter den gehätschelten Gelehrten, den Intellektuellen oder anderen Kreisen, und seien sie noch so hochgestellt. Lasterhaftigkeit aller Art war unter Byron weitverbreitet, und Sie wissen das gut, Fraser!« Frasers Augen weiteten sich angesichts dieser Dreistigkeit, doch Tate hatte sich in seiner Erregung bereits an Oliphant gewandt. »Dieser Gestank war Ned Ludds Werk, Mister, wenn Sie es genau wissen wollen!«
»Sabotage in gigantischem Ausmaß«, verkündete Velasco bedeutungsschwanger, als zitiere er aus einer Rede, »begünstigt von Verschwörern in den höchsten Schichten der Gesellschaft! Aber es gibt wahre Patrioten unter uns, Sir, Patrioten, die keine Mühe scheuen, dieses Übel auszurotten!« Der Terrier knurrte in Velascos Armen, und Fraser sah aus, als sei er drauf und dran, Mann und Hund zugleich zu erwürgen.
»Wir sind parlamentarische Ermittler«, sagte Tate. »In den Angelegenheiten eines Abgeordneten, und ich bin sicher, es wäre nicht in Ihrem Interesse, uns zu behindern.«
Oliphant legte beschwichtigend eine Hand auf Frasers Ärmel.
Mit triumphierendem Lächeln besänftigte Velasco seinen kleinen Hund und schlenderte gemächlich zur Treppe. Tate folgte. Von oben drangen wildes Gekläff und die heiseren Rufe der Sportsfreunde herunter.
»Sie arbeiten für Egremont«, stellte Oliphant lapidar fest.
Frasers Gesicht verzog sich in Abscheu und etwas wie erstaunter Empörung.
»Hier scheint es nichts mehr zu tun zu geben, Fraser. Ich nehme an, Sie haben eine Droschke bestellt?«
Mori Arinori, Oliphants Favorit unter seinen jungen japanischen »Schülern«, begeisterte sich für alles Britische. Oliphant, der aus Gewohnheit leicht frühstückte – wenn über haupt –, nahm es bisweilen auf sich, umfangreiche »englische« Frühstücke auftragen zu lassen,
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