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Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Titel: Die Differenzmaschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson , Bruce Sterling
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Oliphant konnte jetzt den muffigen Geruch der Ratten wahrnehmen. »Ist das Professor Rudwicks Mörder?«
    »Ja, Sir. Wir haben hier alle Sorten, aber nicht allzu viele argentinische Riesen. Ich erinnere mich ganz gut.«
    Fraser hatte sein Notizbuch gezogen und schrieb hinein.
    »Argentinisch?«, fragte Oliphant.
    »Er sprach Spanisch«, sagte Sayers. »Jedenfalls hielt ich es dafür. Wohlgemerkt, keiner von uns sah ihn die Tat vollbringen, aber er war an dem Abend hier.«
    »Hauptmann ist da«, rief Sayers’ Sohn vom Treppenabsatz.
    »Teufel noch mal! Und ich habe noch nicht der Hälfte von seinen Ratten die Zähne gezogen!«
    »Fraser«, sagte Oliphant, »ich bilde mir einen warmen Gin ein. Lassen Sie uns zur Bar gehen und Mr. Sayers seine Vorbereitungen für den abendlichen Sport beenden.« Er bückte sich, um einen größeren Käfig näher zu betrachten, der aus Bandeisen gemacht war. Er schien einen massiven Berg Ratten zu enthalten.
    »Achten Sie auf Ihre Finger, da«, sagte Sayers. »Glauben Sie mir, wenn Sie einen Biss abbekommen, werden Sie es nicht vergessen. Diese hier sind nicht die saubersten …«
    In der Gaststube drohte ein junger Offizier, offensichtlich der Hauptmann, das Lokal zu verlassen, wenn man ihn noch länger warten ließe.
    »Ich würde das an Ihrer Stelle nicht trinken«, sagte Fraser mit einem kritischen Blick auf Oliphants Glas mit warmem Gin. »Beinahe mit Sicherheit verfälscht.«
    »Tatsächlich ist er recht gut«, sagte Oliphant. »Hat einen sehr schwachen Nachgeschmack, wie bitterer Wermut.«
    »Ein berauschendes Gift.«
    »Ganz recht. Die Franzosen verwenden es in der Zubereitung von Kräuterlikör. Was halten Sie von unserem guten Hauptmann hier?« Oliphant zeigte mit seinem Gin auf den Uniformierten, der in sichtlicher Erregung auf und ab marschierte und die Pfoten verschiedener Hunde untersuchte, die ihnen von den Besitzern präsentiert wurden. Währenddessen rief er ununterbrochen, dass es ungehörig sei, ihn warten zu lassen, und dass er entschlossen sei, sofort zu gehen, wenn die Grube nicht geöffnet würde.
    »Krim«, sagte Fraser.
    Der Hauptmann beugte sich über die Pfoten eines jungen Terriers in den Armen eines dunkelhäutigen, ziemlich beleibten Mannes, dessen pomadisierte Locken wie Flügel unter seiner hohen Melone hervorquollen.
    »Velasco«, sagte Fraser in einem Ton boshaften Vergnügens und war im Nu neben dem Mann.
    Der Hauptmann erschrak, sein hübsches junges Gesicht verzerrte sich in einem nervösen Zucken, und vor Oliphants innerem Auge erstanden plötzlich die Bilder vom Krimkrieg – ganze Städte, die wie Scheiterhaufen brannten, von Granaten umgepflügtes Ödland, aus dem die Gliedmaßen der Gefallenen wie weiße Blumen sprossen. Die Intensität der Vorstellung ließ ihn schaudern, doch schon im nächsten Moment hatte er sie völlig vergessen.
    »Kennen wir uns, Sir?«, wandte sich der Hauptmann mit einer spröden, mörderischen Jovialität an Fraser.
    »Meine Herren!«, rief Mr. Sayers von der Treppe. Angeführt vom Hauptmann, strömte die ganze Gesellschaft, mit Ausnahme von Oliphant, Fraser, dem dunkelhäutigen Mann und einem vierten, die Treppe hinauf zur Grube. Der vierte Mann saß auf der Armlehne eines abgenutzten Brokatsessels und begann zu hüsteln. Oliphant sah, wie Frasers Griff um den Oberarm seiner Beute sich festigte.
    »Sollte mir das nicht gefallen lassen, Fraser«, sagte der Mann auf der Sessellehne und stand etwas unbeholfen auf. Oliphant hörte eine gewisse Berechnung aus seinem Ton heraus. Wie der Dunkelhäutige, so war auch er mit neuen Sachen elegant herausgeputzt, alles im neuesten Schnitt der Oxford Street, mit einem lavendelblauen Gabardinemantel. Oliphant bemerkte, dass eine glänzende Zellenschmelzplakette in der Form des Union Jack seinen Rockaufschlag zierte; ebenso den seines Gefährten.
    »Glauben Sie, Mr. Tate?«, fragte Fraser im Ton eines Schulmeisters, der im Begriff ist, ein Exempel zu statuieren.
    »Eine faire Warnung, Fraser«, meldete sich nun der dunkelhäutige Mann zu Wort. Seine schwarzen Augen blickten ihn bedeutungsvoll an. »Wir sind in parlamentarischen Geschäften unterwegs!« Der kleine braune Terrier zitterte in seinen Armen.
    »Ach ja?«, fragte Oliphant mit milder Ironie. »Und welche Geschäfte hat das Parlament in einer Rattengrube?«
    »Könnte Sie das Gleiche fragen«, sagte der größere der beiden, dann hüstelte er erneut. Fraser sah ihn finster an.
    »Fraser«, sagte Oliphant, »handelt es sich

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