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Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Titel: Die Differenzmaschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson , Bruce Sterling
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um Mori zu erfreuen, der zu diesem besonderen Anlass den kräftigsten Tweed und eine Halsbinde im Schottenkaro des Königlichen Ordens der Dampfingenieure trug.
    Für Oliphant war es mit einem melancholischen Bewusstsein der Widersprüchlichkeit des Lebens verbunden, wenn er Mori beim Bestreichen einer Schnitte Toast mit Marmelade zusah, während er selbst sich nostalgischen Gefühlen für seine eigenen Jahre in Japan hingab, wo er als erster Sekretär unter Rutherford Alcock gedient hatte. Sein Aufenthalt in Edo hatte in ihm eine Vorliebe für die gedämpften Töne und subtilen Strukturen einer Welt des Rituals und der Schatten entstehen lassen. Er sehnte sich nach dem Prasseln windgetriebenem Regens gegen geöltes Papier, nach blühenden Kräutern an den Rändern winziger Gassen, dem Schein von Binsenlampen, nach Gerüchen und Dunkelheiten, den Schatten der Unteren Stadt.
    »Oliphant-san, Toast ist sehr gut, ist ausgezeichnet! Sie sind traurig, Oliphant-san?«
    »Nein, Mr. Mori, keineswegs.« Er nahm vom Schinken, obwohl er nicht im Mindesten hungrig war. Er verdrängte eine jähe, störende Erinnerung an das grässliche Bad an diesem Morgen, die Umklammerung des schwarzen, haftenden Gummis. »Ich erinnerte mich an Edo. Diese Stadt besaß großen Zauber für mich.«
    Mori kaute Toast und Marmelade, betrachtete Oliphant eingehend mit seinen aufgeweckten dunklen Augen, betupfte dann fachmännisch die Lippen mit einer Leinenserviette. »›Zauber‹. Ihr Wort für die alte Lebensart. Die alte Lebensart behindert meine Nation. Erst diese Woche habe ich eine Denkschrift gegen das Tragen von Schwertern nach Satsuma gesandt.« Der aufmerksame Blick streifte einen Moment lang die gekrümmten Finger an Oliphants linker Hand. Die Narbe unter Oliphants Manschette begann sich mit einem dumpfen Druck bemerkbar zu machen, als fühlte sie sich von Moris Aufmerksamkeit verletzt.
    »Aber, Mr. Mori«, sagte Oliphant und legte die silberne Gabel beiseite, um den ungewollten Schinken sich selbst zu überlassen, »das Schwert ist in ihrem Land in vielerlei Hinsicht das zentrale Symbol der feudalen Ethik und der zugehörigen Empfindungen – Gegenstand einer Verehrung, die nur derjenigen für den eigenen Herrn nachsteht.«
    Mori lächelte. »Verhasster Brauch eines gewaltsamen und wilden Zeitalters. Es ist gut , davon befreit zu sein, Oliphant-san. Dies ist moderne Zeit !« Letzteres war eine bevorzugte und häufige Wendung.
    Oliphant erwiderte das Lächeln. Mori vereinte Aufmerksamkeit und Mitgefühl mit einer gewissen problematischen Dreistigkeit, die Oliphant sehr anziehend fand. Mehr als einmal hatte Mori zu Blighs Verdruss irgendeinem Droschkenkutscher den Fahrpreis plus Trinkgeld bezahlt und den Burschen dann zu einer Mahlzeit in Oliphants Küche eingeladen. »Aber Sie müssen lernen, Schritt für Schritt vorzugehen, Mr. Mori. Während Sie selbst das Tragen des Schwertes als eine primitive Sitte betrachten mögen, könnte die offene Gegnerschaft in dieser minder bedeutsamen Sache sehr wohl Widerstand erzeugen, der andere, wichtigere Reformen behin dert; die tieferen Veränderungen, die Sie in Ihrer Gesellschaft bewirken wollen.«
    Mori nickte ernst. »Ihre Politik hat ohne Zweifel vieles für sich, Oliphant-san. Weit besser wäre es zum Beispiel, wenn alle Japaner Englisch lernten. Unsere armselige Sprache ist in der weiten Welt jenseits unserer Inseln unbrauchbar. Bald müssen die Kräfte des Dampfes und der Maschinen unser Land durchdringen. Die englische Sprache muss in ihrem Gefolge jeden Gebrauch des Japanischen unterdrücken. Unsere intelligente Rasse, eifrig bestrebt, sich neues Wissen anzueignen, kann nicht von einem schwachen und ungewissen Medium der Kommunikation abhängen. Wir müssen wesentliche Wahrheiten aus dem kostbaren Schatz westlicher Wissenschaft erfassen!«
    Oliphant neigte den Kopf zur Seite und betrachtete sein Gegenüber mit skeptischer Höflichkeit. »Mr. Mori«, sagte er, »verzeihen Sie mir, wenn ich Sie missverstehe, aber trifft meine Annahme zu, dass Sie nichts Geringeres als die vorsätzliche Abschaffung der japanischen Sprache vorschlagen?«
    »Dies ist die moderne Zeit , Oliphant-san, die moderne Zeit ! Alle Gründe sprechen für die Abschaffung unserer Sprache.«
    Oliphant lächelte. »Wir müssen darüber einmal in Ruhe sprechen, Mr. Mori, aber jetzt muss ich Sie fragen, ob Sie sich für heute Abend etwas vorgenommen haben. Ich schlage eine Unterhaltung vor.«
    »Sehr gern, Oliphant-san.

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