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Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Titel: Die Differenzmaschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson , Bruce Sterling
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gegeben, und Mallory war sich der Schuld bewusst. »Sehr gut, Mr. Godwin. Ihnen zu Gefallen.«
    »Sie werden es nicht bedauern«, sagte Godwin. Er wischte kläglich am abgeschabten Ärmel seiner Jacke. »Fünfzig Pfund. Ich kann das Geld gebrauchen. Ein triumphierender Erfinder, dem Erfolg und Aufstieg im Leben winken, sollte sich nicht wie ein armer Landpfarrer kleiden müssen.«
    »Ich kann mir nicht denken, dass Sie gutes Geld auf Eitelkeiten verschwenden würden.«
    »Es ist nicht Eitelkeit, sich zu kleiden, wie es der Stellung entspricht, die man im Leben einnimmt.« Godwin musterte ihn mit scharfem Blick. »Das ist Ihr alter Wettermantel aus Wyoming, nicht wahr?«
    »Ein praktisches Kleidungsstück«, sagte Mallory.
    »Nicht für London. Nicht, wenn Sie feinen Londoner Damen mit einem modischen Geschmack für Naturgeschichte in elegantem Rahmen Vorträge halten.«
    »Ich schäme mich meiner nicht«, sagte Mallory standhaft.
    Godwin nickte. »Einfachheit ist eine Tugend. Ich will sie Ihnen nicht ausreden. Sie kommen mit einer einfachen Mütze nach Epsom, sodass die Jungens sich nicht genieren, einen berühmten Gelehrten zu treffen. Ich weiß, warum Sie das getan haben, Ned, und ich bewundere es. Aber denken Sie an meine Worte: Eines Tages werden Sie Lord Mallory sein, so sicher, wie wir hier stehen und Bier trinken. Sie werden einen feinen seidenen Rock tragen und ein Band im Knopfloch, und Orden und Medaillen von allen Gelehrtenvereinigungen der Welt. Denn Sie sind der Mann, der den großen Land-Leviathan ausgegraben und aus einem Durcheinander versteinerter Knochen eines der erstaunlichsten vorzeitlichen Lebewesen rekonstruiert hat. Sie sind jetzt ein berühmter Mann, Ned, und Sie täten gut daran, sich darauf einzustellen.«
    »Es ist nicht so einfach, wie Sie denken«, widersprach Mallory. »Sie kennen die Politik der Royal Society nicht. Ich bin ein Anhänger der Katastrophentheorie. Damit vertrete ich eine Minderheit. Die Mehrheit aber entscheidet, wenn es darum geht, Ehrungen und Pfründe zu vergeben. Das sind Männer wie Lyell, und dieser verdammte Dummkopf Rudwick.«
    »Charles Darwin wurde geadelt, Gideon Mantell wurde geadelt, auch wenn sein Iguanodon ein Knirps ist, verglichen mit Ihrem Brontosaurus.«
    »Sprechen Sie nicht schlecht von Gideon Mantell! Er ist der beste Mann der Wissenschaft, den Sussex je hervorgebracht hat, und er war sehr freundlich zu mir.«
    Godwin schaute in sein leeres Bierglas. »Ich bitte um Vergebung«, sagte er. »Ich sprach ein bisschen zu offen, das sehe ich ein. Wir sind weit entfernt vom wilden Wyoming; da saßen wir als einfache Landsleute um ein Lagerfeuer und kratzten uns dort, wo es gerade juckte.« Er setzte seine dunkle Brille wieder auf. »Aber ich erinnere mich an Ihre Theorien, wie Sie uns erklärten, was diese Knochen aussagten. ›Die Form folgt der Funktion.‹ ›Die Tauglichsten überleben.‹ Neue Formen bereiten den Weg. Sie mögen zuerst seltsam aussehen, aber die Natur stellt sie auf eine harte und gerechte Probe gegen die alten, und wenn sie im Prinzip gesund und entwicklungsfähig sind, dann gehört ihnen die Welt.« Godwin blickte auf. »Wenn Sie nicht sehen, dass Ihre Theorie und meine Entwicklung wie Knochen und Sehnen sind, dann sind Sie nicht der Mann, für den ich Sie halte.«
    Mallory nahm seine Mütze ab. »Ich bin es, der um Entschuldigung bitten sollte, Sir. Vergeben Sie meine törichte Gefühlsaufwallung. Ich hoffe, Sie werden immer offen zu mir sprechen, Mr. Godwin, ob ich Ordensbänder trage oder nicht. Möge ich niemals so unwissenschaftlich sein, meine Augen gegen die Wahrheit zu verschließen.« Er bot ihm die Hand.
    Godwin schüttelte sie.
    Eine Fanfare schmetterte über die Rennbahn, und die Menge antwortete mit aufbrandendem Stimmgewirr und allgemeinem Geraschel. Die Leute ringsum setzten sich in Bewegung und wanderten wie eine große Wiederkäuerherde zu den Tribünen.
    »Ich gehe den Einsatz machen, den wir besprachen«, sagte Mallory.
    »Ja, und ich muss zurück zu meinen Jungen. Kommen Sie nach dem Rennen zu uns? Um den Gewinn zu teilen?«
    »Gewiss«, sagte Mallory.
    »Geben Sie mir das leere Glas«, erbot sich Godwin. Mallory gab es ihm und ging.
    Nachdem er sich von seinem alten Weggefährten getrennt hatte, bedauerte Mallory augenblicklich seine Zusage. Zehn Pfund waren in der Tat eine hohe Summe; in seiner Studentenzeit hatte er mit wenig mehr ein ganzes Jahr auskommen müssen.
    Dennoch, überlegte er, als er in die

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