Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)
…«
»Waffenschmuggel, ja. Er hat unzweifelhaft seinen Platz in der Welt.« Oliphant hielt wieder Ausschau nach Horchern. »Aber er darf niemals von selbst ernannten Eiferern mit einer unrealistischen Vorstellung von ihrer Rolle in der Außenpolitik unternommen werden.«
»Sie haben also etwas gegen Amateure in dem Spiel?«
Oliphant begegnete Mallorys Blick, sagte aber nichts.
»Sie wollen, dass solche Geschäfte in professionellen Händen bleiben, Mr. Oliphant? Wie den Ihrigen?«
Dann beugte Oliphant sich vor, die Ellbogen auf den Knien. »Eine professionelle Organisation«, sagte er, »würde ihre Leute nicht im Stich lassen, sodass sie im Herzen Londons von ausländischen Agenten ausgeweidet werden, Dr. Mallory. Und das, Sir, muss ich Ihnen sagen, ist annähernd die Lage, in der Sie sich heute befinden. Die Freihandelskommission wird Ihnen nicht länger helfen, ganz gleich, wie gründlich Sie Ihre Arbeit besorgt haben. Sie hat Ihnen nicht einmal Nachricht von der Lebensgefahr gegeben, in der Sie sich befinden. Täusche ich mich, Sir?«
»Francis Rudwick kam im Verlauf einer Streiterei in einem übel beleumundeten Haus ums Leben, wo Tierkämpfe stattfanden und Wetten angenommen wurden. Und das liegt Monate zurück.«
»Es war im letzten Januar – nur fünf Monate. Rudwick war aus Texas zurückgekehrt, wo er die Komantschen insgeheim mit Gewehren bewaffnet hatte, die Ihre Kommission geliefert hatte. In derselben Nacht, als Rudwick ermordet wurde, ver suchte jemand einen Mordanschlag auf den früheren Präsiden ten von Texas, gleichfalls hier in London. Präsident Houston kam schwer verletzt mit dem Leben davon. Sein Sekretär, ein britischer Untertan, wurde brutal abgeschlachtet. Der Mörder ist noch immer auf freiem Fuß.«
»Also meinen Sie, ein Texaner habe Rudwick getötet?«
»Ich halte es für beinahe gewiss. Rudwicks Aktivitäten mögen hier in London wenig bekannt sein, aber den unglücklichen Texanern, die regelmäßig britische Kugeln aus den Leichen ihrer Landsleute ziehen, sind sie offensichtlich.«
»Mir missfällt die Art und Weise, wie Sie die Sache hinstellen«, sagte Mallory mit wachsender Verärgerung. »Wenn wir ihnen nicht Waffen geliefert hätten, hätten sie uns nicht geholfen. Wir hätten Jahre graben können, wäre nicht die Hilfe der Cheyenne-Indianer gewesen …«
»Ich bezweifle, dass man mit solch einer Argumentation einen Texas Ranger beeindrucken könnte«, sagte Oliphant. »Was das angeht, so bezweifle ich übrigens auch, dass man damit die Massenpresse überzeugen könnte.«
»Ich habe nicht die Absicht, mit der Presse zu sprechen. Ich bedaure, dass ich mit Ihnen gesprochen habe. Sie sind offensichtlich kein Freund der Kommission.«
»Ich weiß bereits weit mehr über die Kommission, als mir lieb gewesen wäre. Ich kam hierher, eine Warnung zu übermitteln, Dr. Mallory, nicht um Information zu erbitten. Ich bin es, der zu offen gesprochen hat – der gezwungen war, es zu tun, da die Pfuscherei der Kommission ganz offensichtlich Ihr Leben in Gefahr gebracht hat, Sir.«
Das Argument war nicht ohne Überzeugungskraft. »Sie haben mich gewarnt, Sir, und ich danke Ihnen dafür«, sagte Mallory. »Aber wie steht es mit der Geographischen Gesellschaft, Mr. Oliphant? Welchen Platz nimmt sie ein?«
»Ein wachsamer und beobachtender Reisender kann den Interessen seiner Nation ohne Nachteil für die Wissenschaft dienen«, sagte Oliphant. »Die Geographische Gesellschaft ist seit Langem eine wichtige Quelle geheimer Nachrichten und Informationen. Kartographie, Schiffahrtswege …«
»Ich stelle fest, dass Sie sie nicht ›Amateure‹ nennen, Mr. Oliphant. Obwohl auch sie mit abgedunkelten Laternen herumschleichen, wo sie nichts zu suchen haben?«
Stille. Irgendwann sagte Oliphant: »Sie sind unsere Amateure.«
»Aber was genau ist der Unterschied?«
»Der genaue Unterschied ist, Dr. Mallory, dass die Amateure der Kommission ermordet werden.«
Mallory grunzte, lehnte sich in den Sessel zurück. Vielleicht war Oliphants finstere Theorie doch nicht ganz ohne Substanz. Der jähe Tod Rudwicks, seines Rivalen und gefährlichsten Feindes, war ihm immer allzu bequem als ein Zusammenspiel glücklicher Umstände erschienen. »Wie sieht er dann aus, Ihr texanischer Meuchelmörder?«
»Er wird als groß, dunkelhaarig und kräftig gebaut beschrieben. Soll einen breitkrempigen Hut und einen langen, vermutlich grauen Mantel tragen.«
»Also kann er nicht ein geckenhaft gekleideter
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