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Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Titel: Die Differenzmaschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson , Bruce Sterling
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nicht.«
    »Es mag durchaus sein, dass er unbedeutend ist. Wenigstens das werden wir wissen, falls es Ihnen gelingt, ihn zu identifizieren.« Oliphant seufzte. »Zweifellos ist das Ganze eine eher unbedeutende Angelegenheit, gemessen am Standard des Reiches. Aber ich nehme an, dass Geld dabei eine Rolle spielt; die Dienste – wo benötigt – jener zwielichtigen Sorte von Engländern, die gegen Bezahlung für alles zu haben sind; wir dürfen aber auch nicht die heimlichen Sympathien amerikanischer Flüchtlinge übersehen, die vor den Kriegen, die ihren Kontinent verwüsten, hierher geflohen sind.«
    »Und Sie stellen sich vor, dass Lady Ada irgendwie in diese Kreise geraten ist?«
    »Nein, Sir, nichts davon. Sie dürfen versichert sein, dass das nicht möglich sein kann. Die Frau, die Sie sahen, kann nicht Ada Byron gewesen sein.«
    »Dann betrachte ich die Angelegenheit als erledigt«, sagte Mallory. »Wenn Sie mir offen gesagt hätten, dass Lady Adas Interessen auf dem Spiel stünden, hätte ich beinahe jeder Maßnahme zugestimmt. Wie die Dinge stehen, werde ich die Gefahr auf mich nehmen.«
    »Die Entscheidung liegt natürlich ganz bei Ihnen«, sagte Oliphant kühl. »Und vielleicht ist es noch zu früh, um derart ernste Maßnahmen zu ergreifen. Sie haben meine Karte? Lassen Sie mich wissen, wie die Angelegenheit sich weiter entwickelt.«
    »Das werde ich tun.«
    Oliphant stand auf. »Und denken Sie daran, sollte jemand fragen, dass wir heute über nichts weiter gesprochen haben als die Angelegenheiten der Geographischen Gesellschaft.«
    »Sie haben mir noch nicht die Namen Ihrer Brotgeber verraten, Mr. Oliphant. Ihrer wahren Auftraggeber.«
    Oliphant schüttelte ernst den schmalen Kopf. »Solches Wissen bringt niemals Gewinn, Sir; es gibt nichts als Kummer in solchen Fragen. Wenn Sie klug sind, Dr. Mallory, werden Sie mit Waffenschmuggel und verdunkelten Laternen nichts mehr zu schaffen haben wollen. Mit etwas Glück wird die ganze Angelegenheit schließlich im Sande verlaufen und ohne Spuren verschwinden wie ein Albtraum. Ich werde Ihren Namen für die Mitgliedschaft in der Geographischen Gesellschaft vorschlagen, wie ich versprochen habe, und ich hoffe, Sie werden meinen Vorschlag hinsichtlich einer möglichen Verwendung der Polizeimaschinen in der Bow Street ernsthaft in Erwägung ziehen.«
    Damit erhob sich diese außerordentliche Persönlichkeit, wandte sich um und schritt über den weichen Teppich des Salons hinaus.
    In einer Hand seinen neuen Koffer, in der anderen einen der von der Decke hängenden Haltegriffe, schob sich Mallory durch den überfüllten Mittelgang des Omnibusses zur Plattform. Als der Fahrer hinter einem Lastfuhrwerk verlangsamte, sprang Mallory ab.
    Obwohl er sich genau erkundigt hatte, musste er trotzdem den falschen Bus bestiegen haben. Oder vielleicht war er mit dem richtigen Fahrzeug zu weit gefahren, ein gutes Stück über sein Ziel hinaus, während er in die letzte Nummer des Westminster Review vertieft gewesen war. Er hatte die Nummer gekauft, weil sie einen Artikel von Oliphant enthielt, einen geistreichen Nachruf auf die Führung des Krimkrieges. Oliphant war, wie es schien, eine Art Fachmann für die Krim-Region und hatte sein Buch Die Russischen Küsten des Schwarzen Meeres ein volles Jahr vor dem Ausbruch der Feindseligkeiten veröffentlicht. Das Buch berichtete von einem ebenso fidelen wie ausgedehnten Krim-Urlaub, den Oliphant mit allerlei Wissenswertem über Land und Leute zu verbinden verstand. Für Mallorys frisch sensibilisierten Verstand strotzte Oliphants neuester Artikel von schlauen Anspielungen.
    Ein Straßenjunge fegte mit einem Reisigbesen das Pflaster vor Mallorys Füßen. Der Junge blickte verwundert auf. »Wie bitte, Sir?« Mallory erkannte mit unglücklichem Erschrecken, dass er Selbstgespräche geführt hatte, geistesabwesend dage standen und laut über Oliphants Raffinement gemurmelt hatte. Der Junge sah, dass er Mallorys Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hatte, und vollführte einen Überschlag rückwärts. Mallory warf ihm zwei Pence zu, wandte sich aufs Geratewohl um und ging weiter. Alsbald fand er sich auf dem Leicester Square, dessen Kieswege und Gartenanlagen ein hervorragender Ort waren, um beraubt oder überfallen zu werden. Besonders bei Nacht, denn in den umliegenden Straßen gab es Theater, Revuen und Häuser, wo Vorführungen mit der Laterna magica gegeben wurden.
    Er kreuzte die Whitcomb Street, dann die Oxendon Street und gelangte zum

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