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Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Titel: Die Differenzmaschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson , Bruce Sterling
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Reisebüchern sich für dieses Gebiet interessiert.«
    Oliphant legte seine eleganten Finger zusammen und hielt sie an seine lange, bartlose Oberlippe. »Ich habe die Erfahrung gemacht, Dr. Mallory, dass ›Journalist‹ ein ebenso nützlicher wie vager Begriff ist, der es einem erlaubt, die sonderbarsten Nachforschungen anzustellen. Ich bin ein von Natur aus neugieriger Mensch.« Er breitete die Hände aus. »Es bereitet mir Befriedigung, wenn ich wirklichen Gelehrten von Nutzen sein kann, obwohl ich bezweifle, dass ich meine gegenwärtige, nicht angestrebte Rolle im inneren Kreis der ehrwürdigen Geographischen Gesellschaft verdient habe. Über Nacht gewonnener Ruhm hat eigentümliche Rückwirkungen, wissen Sie.«
    »Ich muss bekennen, dass Ihre Bücher mir nicht vertraut sind«, sagte Mallory. »Ich bin wie gesagt in Übersee gewesen, und in meiner Lektüre weit zurück. Wenn ich Sie recht verstehe, haben Sie den Publikumsgeschmack getroffen und großen Erfolg gehabt?«
    »Ich meine nicht die Bücher«, sagte Oliphant überrascht und erheitert. »Ich war in die Legationsaffäre in Tokio verstrickt. In Japan. Ende vergangenen Jahres.«
    »Eine Ausschreitung gegen unsere Botschaft in Japan? Ein Diplomat wurde verletzt? Ich war in Amerika …«
    Oliphant zögerte, dann streifte er den linken Ärmel und die makellose Manschette zurück, um eine gekräuselte rote Narbe am äußeren Handgelenk zu zeigen. Ein Messerschnitt. Nein, schlimmer, ein Säbelhieb, der bis in die Sehnen und Knochen gegangen sein musste. Mallory bemerkte jetzt, dass die zwei äußeren Finger an Oliphants linker Hand ständig gekrümmt waren.
    »Sie also waren der Mann! Laurence Oliphant, der Held der Tokioter Gesandtschaft! Jetzt fällt mir der Name wieder ein.« Mallory rieb sich das Kinn unter dem Bart. » Das hätten Sie auf Ihre Karte setzen sollen, Sir, und ich hätte mich sofort erinnert.«
    Oliphant zupfte Manschette und Ärmel mit etwas verlegenem Ausdruck zurecht. »Die Narbe, die ein japanisches Samuraischwert hinterlässt, gibt einen merkwürdigen Personen-Ausweis ab …«
    »Ihre Interessen sind in der Tat vielfältig, Sir.«
    »Manchmal kann man gewissen Verstrickungen nicht entgehen, Dr. Mallory. Im Interesse der Nation, möchte ich in diesem Fall hinzufügen. Ich denke, Sie selbst kennen diese Situation sehr gut.«
    »Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht folgen …«
    »Prof. Rudwick, der verstorbene Prof. Rudwick, wusste sicherlich von solchen Verstrickungen.«
    Nun begriff Mallory die Natur der Anspielung. Er sagte in schroffem Ton: »Ihre Karte, Sir, weist Sie als Journalist aus. Dies sind keine Angelegenheiten, die man mit einem Journalisten diskutiert.«
    »Ihr Geheimnis, fürchte ich, ist weit davon entfernt, hermetisch zu sein«, sagte Oliphant mit höflicher Geringschätzung. »Jedes Mitglied Ihrer Expedition nach Wyoming kennt die Wahrheit. Fünfzehn Männer, von denen einige weniger diskret sind, als man hoffen möchte. Rudwicks Leute wussten gleichfalls von seinen verdeckten Aktivitäten. Diejenigen, die das Geschäft arrangierten und Sie bewogen, ihr Vorhaben auszuführen, wissen es auch.«
    »Und woher, Sir, wissen Sie es?«
    »Ich habe den Mord an Rudwick recherchiert.«
    »Und Sie meinen, Rudwicks Tod stehe im Zusammenhang mit seinen … amerikanischen Aktivitäten?«
    »Ich weiß, dass es der Fall ist.«
    »Bevor wir weitersprechen, muss ich sicher sein, wo wir stehen, Mr. Oliphant. Wenn Sie sagen ›Aktivitäten‹, was genau meinen Sie damit? Sprechen Sie es offen aus, Sir. Definieren Sie Ihre Begriffe.«
    »Wie Sie wünschen.« Oliphant schien schmerzlich berührt. »Ich beziehe mich auf die Körperschaft, die Sie überredete, Repetiergewehre für die amerikanischen Wilden zu schmuggeln.«
    »Und der Name dieser Körperschaft?«
    »Die Kommission für Freihandel der Royal Society«, sagte Oliphant geduldig. »Sie besteht offiziell, um internationale Handelsbeziehungen zu studieren. Zölle, Handelsbeschränkungen, Investitionen und so weiter. Ihre Ambition, fürchte ich, geht über die Grenzen ihrer Autorität hinaus.«
    »Die Kommission für Freihandel ist ein legitimes Organ der Regierung.«
    »Im Bereich der Diplomatie, Dr. Mallory, könnte Ihre Handlungsweise als die heimliche Bewaffnung der Feinde von Nationen ausgelegt werden, mit denen Großbritannien sich nicht im Kriegszustand befindet.«
    »Daraus kann ich nur folgern«, entgegnete Mallory ärgerlich, »dass Sie eine sehr einfältige Auffassung von

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