Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft
informationsrechtliche Gedanken sind bereits artikuliert und manche davon auch bereits in Gesetzesform gegossen. Doch die Grundfragen sind immer noch nicht beantwortet.
Tatsächlich muss man, wenn man von Daten redet, einen Schritt zurückgehen. Daten sind eine Deskription, ein virtuelles Abbild einer Realität (oder, zum Beispiel bei Spielen, einer Fiktion). Sie sind dafür da, die Realität auch maschinell verarbeitbar zu machen, Schlussfolgerungen zu treffen und daraus etwas abzuleiten. Für die Zukunft gibt es eine dreiteilige Fragestellung: 1. Unter welchen Umständen werden Daten erzeugt? 2. Wem »gehören« diese Daten, wer darf über sie verfügen? 3. Wer darf sie unter welchen Umständen verarbeiten, auswerten und nutzen? Sofern es um Daten geht, die unmittelbar an Personen geknüpft sind, scheint die Antwort einfach. Sie findet sich im Datenschutzrecht: Nichts ohne Wissen und Zustimmung der Betroffenen. Doch wie sieht es aus mit Daten, die keine Person direkt betreffen?
Ein Beispiel hierfür wäre wieder einmal eine Datensammlung, die Google durchführt: Wer heute einen Standortdienst nutzt,also die Möglichkeit, sich seinen Standort auf einer Karte in seinem Mobiltelefon anzeigen zu lassen, der nutzt dafür entweder die GP S-Satellitentechnik oder aber die sogenannte Triangulation, bei der sich anhand von in der Umgebung befindlichen Sendern relativ exakt ausrechnen lässt, wo man sich gerade befindet. Dazu können die Sendemasten der Mobilfunknetze genutzt werden. Noch genauer wird es allerdings, wenn man weitere Daten hinzunimmt: die Daten von im Umfeld vorhandenen WLA N-Funknetzen , also drahtlosen Internetzugängen. Diese senden in ihre Umgebung eine Identifikationsnummer und einen Namen, damit Geräte sie finden und darüber ins Internet gelangen können. Und die meisten von ihnen bleiben an dem Ort, an dem sie aufgebaut wurden. Als Google Autos durch Deutschlands Straßen schickte, um für das StreetView-Angebot Bilder aufzunehmen, da merkten sich diese Autos noch etwas Weiteres, nämlich wo welche WLA N-Funknetze zu finden sind. Diese Angaben wurden dann in die Kartendienste des Anbieters integriert. Wenn sich jemand in der Nähe eines Google bekannten WLANs befindet, wird dies für seine Positionsbestimmung verwendet. Und auch die Mobiltelefone, die mit Googles Betriebssystem Android ausgestattet sind, können derartige Informationen »nach Hause funken«, also Google mitteilen.
Man kann lange darüber diskutieren, ob dies eine missbräuchliche Nutzung der technischen Eigenschaft von WLANs und Mobiltelefonen ist. Doch an dieser Stelle kommt es uns auf etwas anderes an: Google hat die finanziellen und technischen Möglichkeiten, die Welt digital zu erfassen oder die erfassten Daten einzukaufen. Worauf das hinauslaufen kann, zeigte sich bereits Ende 2011: Die Firma Google kündigte an, dass sie intensive Nutzer ihres Kartendienstes für das Verwenden dieses Services zur Kasse bitten wolle. Dagegen spricht grundsätzlich nichts. Allerdings erkennen wir an solch einem Vorgehen, dass es ein großer Irrtum sein könnte, zu erwarten, dass Dienste, die heute kostenlos sind, dies auch auf Dauer bleiben werden. Private Unternehmen wollen möglichst hohe Gewinne erzielen. Wir helfen ihnen dabei, unsere Welt digital zu erfassen, wir vertrauen ihnen sozusagen unsere digitale Gesellschaft an. Ist das richtig? Es gibt gute Gründe, daran zu zweifeln.
Wolkige Aussichten
Wolkig sind die Aussichten für die Zukunft des Netzes, wenn man den einschlägigen Trendauguren Glauben schenkt. Denn die Wolke, die Cloud, gilt als der nächste große Trend. Cloud Computing ist das Wort, das Unternehmensberater, Softwareentwickler und Journalisten derzeit am meisten begeistert. Hinter dem Schlagwort verbirgt sich ein grundsätzlicher infrastruktureller Wandel: Derzeit sind es in der Regel noch unsere lokalen Geräte, auf denen Dinge stattfinden. Dieses Buch wird auf einem Computer geschrieben, auf dem Programme laufen, die von dem lokalen Prozessor der Maschine und den anderen Bauteilen ausgeführt werden. Nichts von der eigentlichen Funktionalität, die für das Schreiben eines solchen Buches notwendig ist, findet außerhalb des Rechners statt. Aber das könnte auch ganz anders sein.
Im Internet ist, wie gesagt, jeder Sender und Empfänger. Jedenfalls theoretisch. Tatsächlich besteht ja jede Aktion im Netz aus der Anforderung von Daten und Antworten auf diese Anforderungen. Aber ein großer Teil der Menschen
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