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Die Dilettanten

Titel: Die Dilettanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Wieczorek
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preußischer Disziplin zusammen, wobei für ihn die Abgeordneten nicht in erster Linie dem Gewissen oder dem Volk verantwortlich sind, sondern: »Struck oder Müntefering oder Schröder sind nicht in den Deutschen Bundestag gewählt worden, weil wir so Supertypen wären, sondern weil wir die Kandidaten der SPD waren. Wir sind dem Programm und auch den Beschlüssen der Partei verpflichtet.« 103
    Einerseits hat Struck recht: Was wären manche »Supertypen« ohne die Partei? Andererseits: Seit wann ist im Konfliktfall der Angestellte eher dem Personalchef als dem Firmeninhaber verpflichtet?
    Trotz aller Parteiloyalität war Struck nie ein Freund Schröders, der schon als Ministerpräsident dem damaligen SPD-Geschäftsführer attestiert hatte, ein »Kartell der Mittelmäßigkeit« zu organisieren. Und nur konsequent spricht er sich noch im August 2007 für Beck und gegen den Schröder-Epigonen Steinmeier als Kanzlerkandidaten aus. Und ebenso konsequent fordert er im Januar 2008 den Parteiausschluss des Schröder-Kumpans Wolfgang Clement.
    Weil Strucks Verständnis und Handhabung von Fraktionsdisziplin an den Leninschen Demokratischen Zentralismus erinnert – die Führung baldowert etwas aus, lässt es von den unteren Chargen absegnen (Diktion: »Diskutieren«) und bedroht »Abweichler« –, ist er als Fraktionschef für sämtliche Bundestagsbeschlüsse voll verantwortlich: für die Geschenke an Heuschrecken, Konzerne und Superreiche ebenso wie für Sozialabbau und Leistungskürzungen für die Bevölkerung.
    Da er sich nach der Wahl aus der Politik zurückziehen will, möchte man dieser Mischung aus 68er, Feldwebel und JamesDean zurufen: »Such dir einen Sonnenuntergang und reite hinein.« Aber Franz Münteferings Rücktritt vom Rücktritt sollte Strucks Gegnern und falschen Freunden eine Warnung sein, sich zu früh zu freuen.
    Dass übrigens penetrante Volkstümelei nichts mit Sympathie für das Volk zu tun hat, bewies Struck, als er im November 2007 auf dem Höhepunkt des Lokführerstreiks nach der Devise »Die Tarifautonomie kann mich mal« niveaugemäß in
Bild am Sonntag
gegen die Belegschaft hetzte und Bosse aufforderte, hart zu bleiben: »Ich stehe klar auf der Seite von Bahnchef Mehdorn und dem Transnet-Vorsitzenden Hansen.« 104
    Dieser Norbert Hansen, Strucks enger Parteifreund und DGBBundesvorstand, erhielt ein halbes Jahr später Mehdorns Danke schön, wechselte nun auch offen die Fronten und wurde Arbeitsdirektor bei der Bahn …
Volker Kauder (CDU), Jurist, Fraktionschef
    Merkels Zirkusdirektor
     
    Volker Kauder, geboren am 3. September 1949 in Sinsheim, ist ein christlich-neoliberaler Scharfmacher. Seit 1977 ist er Volljurist, seit 1966 in der CDU, von 1969 bis 1973 Chef der Jungen Union Konstanz, von 1975 bis 1991 Pressesprecher und im Vorstand der CDU Südbaden, von 1985 bis 1999 Vorsitzender des CDU-Kreises Tuttlingen, seit 1990 in Bundestag, seit 1991 Generalsekretär der CDU Baden-Württemberg, von 1998 bis 2002 Chef der CDU-Landesgruppe Baden-Württemberg im Bundestag, seit September 2002 Parlamentarischer Geschäftsführer, ab Januar 2005 CDU-Generalsekretär und seit Dezember 2005 Fraktionschef.
    Kauders Vater war im Kreistag, sein Schwiegervater HermannBiechele wie Kauder im Bundestag, sein Bruder Siegfried ist es noch. Die sonst so seriöse
dpa
rühmt ihn als »Arbeitstier … ehrlich, geradlinig«. 105
    Ehrlich und geradlinig lobpreist er nach Recherchen der
Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung
am 23. Juni 1993 als Generalsekretär der CDU Baden-Württembergs: »Dr. Filbinger war ein ausgewiesener Gegner des nationalsozialistischen Regimes, der schon als Student auf die schwarze Liste der ›politisch Unzuverlässigen‹ gesetzt wurde.«
    Folglich ist der Sturz Filbingers 1978 für den Patrioten Kauder eine »Rufmordlegende«. 106
    Aber es schlagen zwei Herzen ins Kauders Brust: Neben dem patriotischen auch noch das konzern- und millionärshörige: Nach Kauders Logik hat es in Deutschland Korruption durch Parteispenden nie gegeben und wird es wohl auch bis zum Verglühen der Erde in acht Milliarden Jahren niemals geben. Allerdings hat der Waffenhersteller
Heckler & Koch,
der in Kauders Wahlkreis sitzt, in dem CDU-Friedensapostel bislang immer einen gewichtigen Fürsprecher gehabt. Einen Zusammenhang zwischen hohen Parteispenden an die CDU in Baden-Württemberg und Kauders Hilfe hat
Heckler & Koch
immer bestritten. Auf Kauders Internetseite allerdings ist im Mai 2007 zu lesen: »Ich

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