Die Dilettanten
Prozent aller Stimmberechtigten (37,2 Prozent der Wähler) kreuzen CDU an, 14,5 Prozent (23,7) SPD, 9,9 Prozent (16,2) FDP, 8,4 Prozent (13,7) die Grünen und 3,3 Prozent (5,4) die Partei Die Linke. Mit Abstand am stärksten war mit 38,9 Prozent (35,3) die Gruppe der Nichtwähler.
Die absoluten Zahlen sehen für Roland Kochs Partei noch schlimmer aus. 963 800 Stimmen – sogar noch 45 975 weniger als 2008 – sind das schlechteste Resultat seit 1966.
Dennoch bleibt Roland Koch eine Gefahr für die Demokratie, solange er physisch zu politischer Arbeit fähig ist: Denn auch den schwarzbraunen oder neoliberal eigennützigen Sumpf wird es vermutlich so lange geben, solange es bettelarm und steinreich gibt. Koch selbst freilich ist reiner Machtmensch, und als solcher nicht Überzeugungs-, sondern »nur« Bedarfsrassist, wie übrigens auch nur Bedarfsneoliberaler: Ein aufrechter Marktradikalernämlich hätte nie und nimmer eine Opel-Bürgschaft des verhassten Staates in Höhe von 500 Millionen Euro durch den Landtag gepeitscht.
Witzigerweise will den Wirtschaftsfreund Koch nicht einmal die freie Wirtschaft. Laut
Welt Online
ließ er nach seiner Fast-Abwahl 2008 durch einen Headhunter wegen eines Jobs vorfühlen. Die Firmen hätten jedoch »zurückhaltend« reagiert und auf Kochs »schlechtes Image« ebenso verwiesen wie auf »Probleme«, mit denen bei Belegschaften und speziell Gewerkschaften zu rechnen sei.
Norbert Geis (CSU), Jurist, Rechtsaußen
Unionslautsprecher vom rechten Rand
Norbert Geis, geboren am 13. Januar 1939 in Großwallstadt, geht im schwarzbraunen Sumpf für die Union auf Stimmenfang. Seit 1970 ist er Rechtsanwalt und Kreisvorsitzender der Jungen Union, von 1972 bis 2007 Kreisvorsitzender und seit 2007 Ehrenkreisvorsitzender der CSU im Landkreis Aschaffenburg, von 1971 bis 1972 Bürgermeister von Edelbach, danach bis 1978 im Gemeinderat Kleinkahl-Edelbach, außerdem seit 1972 im Kreistag Aschaffenburg. Von 1981 bis 1986 ist er im Bayerischen Landtag, seit 1987 im Bundestag, hier von 1990 bis 2002 Vorsitzender der Fraktions-Arbeitsgruppe Recht. 2005 gewinnt er den Wahlkreis Aschaffenburg mit 52,5 Prozent der Erststimmen. Der Franke Geis verkörpert den Typ des braun angeschmuddelten frömmelnden Katholiken. Er erfüllt nahezu jedes Klischeebild, das Demokraten von Rechtsextremen haben:
Im Juni 2001 schreibt er in seinem Buch
Homo-Ehe – Nein zum Jawort aus christlicher Sicht
: »Homosexualität ist diePerversion der Sexualität. Die Aufdringlichkeit, mit der sich Homosexuelle öffentlich prostituieren, ist nur noch schwer zu ertragen. Der Verlust der sexuellen Scham [...] ist ein Zeichen von Schwachsinn.«
Im Februar 2002 fordert er bei »Vorsicht Friedman!«, dass Deutschland auch den Deutschen gehören solle, »so wie den Franzosen Frankreich und den Italienern Italien. Warum lasst ihr nicht Deutschland den Deutschen?« 222
Im März 2002 bezeichnet er im Bundestag die geplante generelle Aufhebung von NS-Unrechtsurteilen gegen Deserteure und Homosexuelle als »Schande«.
Im Mai 2008 meint er, »Kriegsverräter« hätten auch nach »heutigen Maßstäben verwerflich gehandelt« und »in einer verbrecherischen Weise den eigenen Kameraden geschadet«. 223
Im November 2003 kämpft er leidenschaftlich dagegen, den Bundestagsabgeordneten Martin Homann wegen Antisemitismus aus der Unionsfraktion auszuschließen.
Im Juli 2007 fordert er die »gezielte Tötung von potenziel len Aggressoren« als Präventivmaßnahme sowie die Sicherheitsverwahrung »anerkannter Gefährder« ohne Prozess.
Geis’ Funktion als Unionslautsprecher wird deutlich anhand einer Überlegung des legendären Franz Josef Strauß: Rechts von der CSU dürfe es keine demokratisch legitimierte Partei geben. Anders ausgedrückt: Selbst für den unmenschlichsten, gemeingefährlichsten braunen Abschaum muss die Union wähl bar sein – die Stimmen der Leugner oder gar Befürworter des Holocausts, der Asylantenhasser, Schwulenjäger und »Rübe ab«-Fanatiker könnten ja am Ende zur Regierungsbildung fehlen. Motto: Eine Wählerstimme stinkt genauso wenig wie Geld. Das entsprechende Strategiepapier der Union »Moderner bürgerlicherKonservatismus« legen Geis und Gesinnungskameraden wie Markus Söder und Philipp Mißfelder im September 2007 vor.
Ob dieses Kalkül aber aufgeht, ist fraglich. Roland Koch kostete seine Ausländerkampagne fast das Ministerpräsidentenamt, Günther Oettingers Laudatio für den Nazirichter Hans Filbinger
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