Die Dilettanten
»verfassungswidrig«, und für den
Spiegel
endet der Vorstoß als »schneller Tod der Selbstbedienungsoffensive«. 283
Der wichtigere Gesichtspunkt aber ist: Der Gesetzgeber, der an dieser Stelle Parteispenden nicht einmal hypothetisch als Bestechungslohn in Betracht zieht, zahlt zu Spenden 38 Prozent dazu – da drängt sich doch zumindest der Gedanke geradezu auf, durch »Luftbuchungen« Staatsgelder abzuschöpfen, wie ein Beispiel zeigt: Ein steuerlich gemeinsam veranlagtes Paar spendet 1500 Euro, der Staat schenkt ihm (über die Steuerabsetzbarkeit) 337,50 Euro, der Partei 570 Euro. 284 Wenn die Partei dem Spenderpärchen für eine fiktive »Studie« 1616,25 Euro zahlt, dann haben Pärchen und Partei je 453,75 Euro vom Steuerzahler abgegriffen. 285
Aufschlussreich ist aber nicht nur die absolute Höhe, sondern auch der Anteil der Spenden an den Gesamteinnahmen einer Partei. Im Wahlkampfjahr 2005 zum Beispiel kassierte die CDU 33,25 Millionen Euro (21,2 Prozent Anteil), die CSU 9,35 Millionen (22,5), die SPD 14,16 Millionen (8,4), die FDP 11,75 Millionen (36,2), Die Linke 2,23 Millionen (9,9) und Bündnis 90/Grüne 4,43 Millionen Euro (16,6). 286
2.2. Die Parteispenden: Legale Bestechung?
Selbstverständlich sind Parteispenden »an sich« nichts Verwerfliches, und es wäre auch widersinnig zu glauben, der Spender würde sich von seinem Obolus nichts versprechen. Natürlich wollen Barack Obamas Millionen von Kleinspendern für ihr Geld, dass der erste schwarze US-Präsident Schluss machtmit Rassismus, Angriffskriegen, Volksverarmung, Umweltzerstörung und Orwellstaat. Dennoch würde kein vernünftiger Mensch Obama für korrupt erklären, weil er das Geld der kleinen Leute angenommen und ihnen im Gegenzug eine solche Politik versprochen hat.
Auch bei uns will natürlich eine Hartz-IV-Empfängerin für ihre fünf Euro Spendengeld ebenso eine Gegenleistung sehen wie der Baulöwe für seine 500 000 Euro.
Der Unterschied ist nur der, dass die fünf Euro kaum etwas bewirken können, die 500 000 Euro sehr wohl, weshalb man Großspenden aus der Wirtschaft auch »Landschaftspflege« nennt. 287
Dazu sagt Hans Joachim Klenk, bis 1991 Leiter der Rechtsabteilung der Thyssen Industrie AG, im Oktober 2000 vor dem Untersuchungsausschuss »Parteispenden« des Bundestages: »Wir sind doch hier nicht unter Jungfrauen.« Auch in Deutschland sei es üblich, dass Unternehmen Politiker um Unterstützung bäten, insbesondere bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. »Sich dann bei den Parteien oder den jeweils Beteiligten durch Spenden oder Ähnliches erkenntlich zu zeigen, das ist doch nichts Besonderes.« 288
Wenn also alles so klar und selbstverständlich ist, dann fragt es sich doch, warum Parteispenden permanent die Justiz und die Öffentlichkeit beschäftigen, warum CDU und SPD ihre Parteispendenskandale hatten und der FDP-Ehrenvorsitzende Otto Graf Lambsdorff in die Flick-Affäre verwickelt war.
Fast sämtlichen anrüchigen Spenden ist eines gemeinsam: die Heimlichtuerei. Dies erscheint zunächst nicht zwangsläufig: Schließlich kommen die Politiker selbst bei windigsten Spendengeschichten mit der Methode
Frechheit siegt
mühelos durch: 1998 kauft das Hamburger Ehepaar Ingrid und Karl Ehlerding vom Bund 112 000 Eisenbahnerwohnungen und spendet derCDU kurz darauf umgerechnet drei Millionen Euro. Der damalige Kanzler Kohl und sein Verkehrsminister Matthias Wissmann streiten jeden Zusammenhang ab, und der Ausschuss »Parteispenden« gibt sich damit zufrieden. 2005 wird Holger Pfahls wegen Vorteilsannahme und Steuerhinterziehung zu zwei Jahren und drei Monaten verurteilt, weil er vom Waffenhändler Karlheinz Schreiber für Rüstungsgeschäfte rund zwei Millionen Euro Schmiergeld auf ein Schweizer Tarnkonto angenommen und nicht versteuert hatte. Hier sagt Helmut Kohl, Pfahls habe das Rüstungsgeschäft nicht beeinflusst – und das war’s dann.
Man stelle sich einmal vor, man erwischt einen Schiedsrichter, der soeben fünf Elfmeter für den FC gepfiffen hat, mit einer »Spende« vom FC, und er behauptet, er hätte die Elfer auch so gepfiffen …
Wenn aber Politiker mit der bloßen Behauptung durchkommen, selbst die zeitliche Nähe von Spende und Empfängerleistung beweise keinen Kausalzusammenhang, dann sind als wirkliche Gründe für Geheimhaltung neben Steuerhinterziehung handfeste politische Motive zu vermuten: Auch wenn es als »legal« durchgeht, will keine Partei als von der Industrie oder »den Reichen« finanziert
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