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Die Dilettanten

Titel: Die Dilettanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Wieczorek
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Klingelzeichen beim Pawlowschen Experiment«, stellt Heribert Prantl fest. Ärgern sich die Bürger zu Recht?
    Kanzlerin Merkel zum Beispiel erhält rund 15 833 Euro brutto und 2000 Euro Zuschläge plus 12 270,96 Euro steuerfreie Dienstaufwandsentschädigung monatlich, ein Minister 12 860 plus 3681,36 Euro.
    Auch die Übergangsgelder können sich sehen lassen. So erhält ein Minister, solange er nichts anderes findet, für drei Amtsjahre rund 250 000 Euro in den drei darauffolgenden Jahren. Sogar bei einer Amtszeit von einem Tag bekäme er noch rund 57 000 Euro. 279
    Auch die Abgeordneten nagen nicht am Hungertuch: Sie erhaltenseit 1. Januar 2009 – wenn auch steuerpflichtig – monatlich 7668 Euro. Die steuerfreie Kostenpauschale von derzeit 3782 Euro wird jährlich den Lebenshaltungskosten angepasst. Die Erhöhungen an die Beamtenbesoldungsgruppe B6 und R6, also an die Bezüge von Bürgermeistern mittelgroßer Städte mit bis zu 250 000 Einwohnern und von Richtern an einem obersten Gerichtshof des Bundes, zu koppeln vermeidet zum einen die leidige öffentliche Debatte. Zum anderen führt der Innenminister die Verhandlungen über Beamteneinkommen: Da Wolfgang Schäuble aber auch MdB ist, bestimmt er über sein eigenes Einkommen mit.
    Darüber hinaus erhalten die Abgeordneten noch Sonderleistungen: So können sie alle Verkehrsmittel der Deutschen Bahn gratis nutzen, und im Raum Berlin steht ihnen zusätzlich ein Dienstwagen aus der Flotte des Bundestags zur Verfügung. Außerdem werden die Kosten von Flug und Schlafwagen auf Nachweis sowie die Ausgaben für Telekommunikation, Büro und Geschäftsbedarf bis zu 9000 Euro beglichen.
    Und auch für das Alter ist vorgesorgt: Nach einem Jahr Bundestag stehen einem rund 192 Euro zu, vom 2. bis zum 27. Jahr erhöht sich die Pension um 3 Prozent pro Jahr auf maximal 67,5 Prozent oder derzeit 5175 Euro. Wer vor 2008 schon MdB war, dem bringen acht Jahre Bundestag ab dem 65. Lebensjahr immerhin monatlich 1722 Euro Pension, 18 Jahre sogar 4697 Euro, und zwar schon mit 55 Jahren.
    Am 7. Mai 2008 beschließt die Bundesregierung per Gesetzentwurf die Erhöhung ihrer eigenen Einkommen für 2008 und 2009 um insgesamt 770 Euro. Nach teilweise wütenden Protesten aus dem Volk und sogar aus den eigenen Fraktionen sowie dem Verzicht des Bundestags auf eine Diätenerhöhung sieht auch das Kabinett schon 14 Tage später notgedrungen von der Anhebung ab.
    Die Kanzlerin sowie die meisten der Minister und Staatssekretäre haben aber nicht nur wegen des Vergleichs mit den Einkommen und Altersvorsorgen der Normalbürger Grund für ein schlechtes Gewissen: Abgeordnetenmandate für Regierungsmitglieder sind nämlich erstens verfassungsrechtlich bedenklich 280 , weil sie damit der Exekutive
und
der Legislative angehören, was gegen das Gebot der Gewaltenteilung verstößt, und sie zweitens ihr Bundestagsmandat de facto gar nicht wahrnehmen und folglich auch nicht die entsprechenden Bezüge beanspruchen dürften. Sogar der heutige saarländische Minister-präsident Peter Müller befand schon 1993, »dass derjenige, der Minister ist, für die Abgeordnetentätigkeit ausfällt … deshalb soll er als Abgeordneter auch nicht mehr besoldet werden«. 281
Auch für die Parteien sorgt Vater Staat
    Auch die staatliche Parteienfinanzierung soll verhindern, dass die Parteien zum Spielball der Superreichen und ihrer Konzerne werden. Dennoch ist auch der staatliche Zuschuss abhängig von »Privat«, nämlich von Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Damit dies aber nicht ein Fass ohne Boden wird, liegt die absolute jährliche Obergrenze derzeit bei 133 Millionen Euro.
    Im Einzelnen gibt’s jährlich je 0,85 Euro für die ersten vier Millionen Stimmen 282 bei Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen, danach 0,70 Euro. 0,38 Euro für jeden Euro an Beiträgen oder Spenden, dabei werden nur 3300 Euro pro natürliche Person berücksichtigt. 2007 kassierte die CDU 44,80 Millionen Euro, die SPD 43,48, die Grünen 10,08, die CSU 10,71, die FDP 9,99 und die Linke 9,09 Millionen Euro.
    Aber auch die Unabhängigkeit von der Wirtschaft ist Anlass für manche Heuchelei. So machte im Sommer 2007 ein Gerücht die Runde, wonach die Koalitionsparteien die Staatszuschüsse an die Parteien um 20 Millionen Euro auf 153 Millionen proJahr anheben wollten, um Verluste wegen der sinkenden Mitgliederzahlen auszugleichen. Sofort echauffierte sich die Opposition, Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim nannte das Ansinnen

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