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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Meisterin beiläufig, obwohl es ihr schwer fiel, ihre Stimme wie immer klingen zu lassen. Die junge Frau, die sich gerade auf ihr Bett gesetzt hatte, um einen Riss in ihrem Strumpf zu nähen, sprang auf.
    »Ja, Meisterin? Was wünschst du?«
    »Komm mit in mein Haus. Ich habe dir etwas zu sagen - dir alleine!«, fügte sie hinzu, als sich Jeanne ebenfalls erhob.
    Elisabeth zog erstaunt die Augenbrauen hoch. Es kam nicht oft vor, dass eine von ihnen aufgefordert wurde, die Hütte der Eselswirtin zu betreten. Die Meisterin verteidigte ihr kleines Reich und mochte es nicht, wenn die Frauen zu ihr hinüberkamen. Und dies klang nicht danach, als wolle sie sie zum Krämer oder Bäcker schicken. Es musste sich um etwas Wichtiges handeln.
    Fragend sah Elisabeth die anderen an, aber die zuckten nur mit den Schultern. Hatte sie einen Fehler gemacht? Wollte die Meisterin sie wieder einmal bestrafen? Aber dazu musste sie sie nicht mit hinausnehmen. Else kannte keine Hemmungen, ihre Frauen vor den Augen der anderen zu züchtigen. Beunruhigt betrachtete Elisabeth die grimmige Miene der Meisterin. Etwas Angenehmes würde es jedenfalls nicht werden. Dennoch folgte sie ihr mit durchgedrücktem Rücken und hoch erhobenem Haupt.
    Else Eberlin hielt Elisabeth die Tür auf. »Komm herein und setz dich!«, forderte sie sie auf. Die Meisterin mühte sich ein Lächeln ab. »Nun schau nicht so verschreckt. Es ist nichts Schlimmes! Ich möchte nur mit dir sprechen und dir einen Vorschlag machen.«
    Das wurde ja immer geheimnisvoller! Elisabeth rutschte auf die rohe Bank, faltete die Hände auf der Tischplatte und sah die Meisterin erwartungsvoll an.
    Else starrte auf die züchtig gefalteten Hände. Wie viel sie verrieten, wenn man darauf achtete. Sicher war das der jungen Frau nicht bewusst. Es war eine Haltung, die in sie eingeprägt war, viele Jahre lang geübt und nun nicht mehr auszutreiben, selbst wenn der Rest all ihres Wissens und ihrer Erinnerungen im Finstern verschwunden sein mochte. Keine der anderen Bewohnerinnen des Frauenhauses hätte jemals diese Haltung eingenommen!
    Else rang um eine freundliche Miene und ließ sich ihr gegenüber auf einen Hocker sinken. »Du weißt, warum ich dich … nun ja, dazu angehalten habe, für mich zu arbeiten.«
    Gezwungen!, dachte Elisabeth, nickte aber nur.
    »Ich hatte... ja, Ausgaben für dich, deine Kleider und das Essen. Du weißt, dass ich keine reiche Frau bin, die Almosen geben kann!«
    Wieder nickte Elisabeth. Sie konnte sich nicht vorstellen, wohin dieses Gespräch führen sollte. Offensichtlich jedoch hatte die Meisterin nicht vor, sie zu schlagen, und es wartete auch nicht schon wieder ein besonderer Kunde auf sie. Vor allem nicht zu dieser Tageszeit!
    »Ich habe dir gesagt, dass ich alle Schulden notiere und die Münzen, die ich von deinem Lohn einbehalte, davon wieder abziehe. Ich habe heute Nacht noch einmal gerechnet.« Nun sah sie Elisabeth an und lächelte breit. »Du hast deine Schulden bei mir bezahlt -, und sieh, es sind sogar noch ein paar Pfennige übrig.« Sie schob einige Münzen über den Tisch. Elisabeth starrte ungläubig auf sie herab.
    »Nimm sie, sie gehören dir! Das heißt, was ich dir sagen wollte, ist: Du bist jetzt frei.«
    Elisabeth schob die Münzen zu sich heran. Sie blinzelte verwirrt. »Frei?«
    »Ja, du musst nicht länger für mich arbeiten. Nun, genauer gesagt, solltest du weiterziehen.«
    »Du schickst mich fort?« Obwohl es ihr keine Freude bereitete, den Männern zu Diensten zu sein, ja, es sie bei manchen gar anwiderte, erschreckten sie die Worte der Wirtin.
    »Ich habe keinen Platz für dich. Du weißt selbst, wie beengt die Mädchen drüben wohnen. Es ist jetzt an der Zeit, dass du Würzburg verlässt. Geh in eine andere Stadt. Wenn du kein anderes Auskommen findest, dann kannst du sicher in einem anderen Frauenhaus unterkommen. Jedenfalls rate ich dir, zumindest ein paar Tagesreisen hinter dich zu bringen, ehe du dich niederlässt, und nicht nach Würzburg zurückzukehren.«
    Elisabeth schwieg und starrte auf ihre Hände, die nun wieder gefaltet auf dem Tisch lagen. Else Eberlin fühlte sich schlecht, aber auch erleichtert, dass sie es hinter sich gebracht hatte. Die Stille dehnte sich in die Länge, bis die Eselswirtin es nicht mehr aushielt.
    »Nun mach nicht so ein Gesicht! Das ist nicht das Ende der Welt. Du bist noch jung und hast das Leben vor dir.«
    Elisabeth antwortete noch immer nicht. Ihre Gedanken überschlugen sich. Warum wollte die

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