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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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ein Fehler war. Der Ratsherr wechselte die Farbe.
    »Danke der Nachfrage«, presste er hervor. Die Meisterin winkte hektisch nach Elisabeth, die zusammen mit Jeanne mit einem der Rückkehrer aus Böhmen am Tisch saß. Sie erhob sich, trat näher und knickste. Erst wirkte er ein wenig verlegen, doch als Elisabeth ihn freundlich willkommen hieß, lächelte er erfreut.
    »Schön, dass wir uns wiedersehen. Du bist eine gute Zuhörerin. Lass uns an den hinteren Tisch gehen und ein wenig plaudern - bei einem guten Becher Wein. Ich werde dieses Mal allerdings nicht wieder so viel trinken!«
    »Gut, ich werde Euch Einhalt gebieten, wenn Ihr Euch nicht zurückhaltet«, sagte Elisabeth keck.
    Erst runzelte der Ratsherr die Brauen, doch dann lachte er. »Du bist nicht nur klug, du bist auch noch vorwitzig! Aber eigentlich habe ich das ja bereits erfahren, nicht wahr?«
    Nun, da er auf ihre letzte Begegnung anspielte, wagte Elisabeth sich noch ein Stück weiter vor.
    »Ja, manches Mal ist es klug, Menschen zu ihrem Glück ein wenig zu zwingen. Schließlich steht mir nicht der Sinn danach, Euch noch einmal durch die halbe Stadt zu schleppen. Nein, Herr Ratsherr, dazu seid Ihr mir doch eine - sagen wir, zu gewichtige Persönlichkeit.«
    Er hob drohend die Hand und ließ sie dann halbherzig auf ihre Röcke klatschen. »Unverschämtes Luder! Zu Hause würde ich solch eine Frechheit mit der Rute vertreiben!« Der Gedanke an sein Heim und die nun halb verwaisten Kinder verjagte das Lächeln aus seinem Gesicht, doch Elisabeth verstand es, ihn abzulenken. Sie führte ihn an den Tisch, schenkte ihm den teuren Wein ein und brachte ihn mehrmals zum Lachen.
    Else, die das Gekabbel mit angehört hatte, trat zu Elisabeth.
    »Du hast dich erstaunlich gut entwickelt, meine Liebe. Ich habe recht entschieden, dich aufzunehmen, obwohl ich zuerst meine Zweifel hatte!«
    Elisabeth war für einen Moment abgelenkt. Die Worte der Meisterin rührten an etwas. Warum hatte sie sie nie darüber befragt? Natürlich würde Else sie abweisen und Ausflüchte suchen, doch vielleicht lohnte es sich, hartnäckig zu sein. Vielleicht würde sie etwas erfahren und ein weiteres kleines Teilchen zu dem noch so löchrigen Mosaik hinzufügen können.
    »Hörst du mir überhaupt zu? Lisa! Wo bist du mit deinen Gedanken?« Es klang gekränkt. Der Ratsherr war es nicht gewohnt, ignoriert zu werden.
    »Oh, verzeiht, vielleicht bin ich heute ein wenig müde. Es liegt nicht an Euch. Würdet Ihr die letzten Worte noch einmal wiederholen?«
    »Ich habe dir von unseren vergeblichen Bemühungen zu Beginn des Frühjahrs berichtet, unter Mithilfe des päpstlichen Legaten mit unserem Herrn Bischof zu einer Einigung zu kommen.«
    »Oh ja, mit Heinrich von England. Es gab eine Zusammenkunft in Frankfurt, nicht wahr?«
    »Äh, ja, habe ich das schon erwähnt?«
    »Bestimmt«, murmelte Elisabeth. Warum nur fielen ihr all diese Dinge der Politik ein, doch nichts über ihr eigenes Leben? Warum nur konnte sie sich nicht an die Namen ihrer Mutter und ihres Vaters erinnern, an den Ort, an dem sie gelebt hatte, und daran, wer der junge Ritter mit dem schönen Gesicht war?
    »Also, da wir zu keinem Ergebnis kamen, schlossen wir mit dem Domkapitel, den Stiften Haug und Neumünster und einigen Städten einen Bund zum gegenseitigen Schutz, da der Bischof seinen geschworenen Verpflichtungen uns allen gegenüber nicht nachgekommen war. Unser Herr Johann von Brunn beschwerte sich daraufhin beim päpstlichen Legaten und sandte ein scharfes Mahnschreiben ans Kapitel. Nun, da der Bischof wieder aus Böhmen zurückgekehrt ist, geht alles so ärgerlich fort, wie es vor seinem Kriegszug gewesen war. Als Erstes hat er zu seiner Rückkehr ein großes Fest ausrufen lassen, mit Turnier und Bankett!«
    »Ist das nicht ganz natürlich?«, wagte Elisabeth einzuwenden. »Alle, die heil aus Böhmen zurückgekehrt sind, freuen sich, noch am Leben und wieder bei ihren Familien zu sein.«
    »Ja, das schon, aber erstens haben die Truppen des Königs eine schändliche Niederlage gegen die Hussiten eingesteckt und sich wie Straßenräuber davonjagen lassen - was ja wohl keinen Grund zum Feiern ergibt! Und zweitens sind es die Ausmaße dieses Festes! Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie viele Gulden der Bischof verschleudert, um sich wie ein König aufzuführen! Es ändert sich nichts, gar nichts. Und nun müssen wir im Rat eine schwere Entscheidung treffen.«
    Er sah so düster drein, dass Elisabeth ihn voll

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