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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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hatten es mit Schmeicheln und Bitten versucht, dann schickten sie Elisabeth, um ihre Worte noch einmal in überzeugender Form vorzubringen, doch die Miene der Meisterin war noch immer unbewegt.
    »Dann mach du dich bitte auf den Weg, und berichte uns. Wir werden heute Nacht sonst keine Ruhe finden!«
    »Das wäre natürlich schrecklich!« Nun endlich teilten sich die Lippen der Eselswirtin zu einem spöttischen Lächeln. »Meint ihr nicht, unsere abendlichen Besucher werden die Neuigkeiten schon mitbringen? Ich denke nicht, dass ihr euch unwissend zur Ruhe legen müsst.« Die Frauen seufzten und murrten. Anscheinend wollte sich die Meisterin mit keinem Argument erweichen lassen.
    »Nun gut, kleidet euch anständig. Wir werden alle zusammen zum Grafeneckart gehen und hören, was die Boten zu berichten haben!«
    Für einen Moment wagten die Frauen nicht, ihren Ohren zu trauen. Hatte die Meisterin ihnen allen gerade die Erlaubnis gegeben, in die Domstraße zu ziehen?
    »Was steht ihr hier noch herum?«
    Sie lachten und dankten der Wirtin und beeilten sich, ihre braven Gewänder anzuziehen, die sich wenig von denen der Mägde und einfachen Handwerkerfrauen unterschieden - vom gelben Saum einmal abgesehen. Bald waren alle vor der Tür versammelt. Sie tuschelten aufgeregt miteinander. Nur Jeanne musste zurückbleiben. Die Meisterin ließ sich nicht einmal durch Tränen und wütende Widerworte erweichen.
    »Die anderen können dir berichten. Du bist noch immer schwach, und ich habe keine Lust, dich den ganzen Weg heimzutragen, wenn der Ausflug zu anstrengend für dich wird.«
    »Ich schaffe das!«, beteuerte Jeanne unter Tränen, doch die Meisterin stellte sich taub und verließ das Haus.
    »Kommt Mädchen, wir wollen rechtzeitig da sein, wenn die Boten vom Bischof zurückkehren.«
    »Wir berichten dir jedes Wort, wenn wir zurück sind«, versprach Elisabeth und drückte Jeanne einen Kuss auf die Stirn. Dann eilte sie den anderen hinterher.
    Es schien, als würde an diesem Tag in Würzburg keiner seiner geregelten Arbeit nachgehen. Die ganze Stadt war auf den Beinen, und es herrschte eine seltsam überdrehte Stimmung, ähnlich der eines Jahrmarkts, auch wenn da und dort ernste Worte der Besorgnis gewechselt wurden. Die Kinder jedenfalls waren außer Rand und Band. Für sie bedeutete es nur ein gro ßes Abenteuer. Bisher jedenfalls.
    Else ging ihren Schützlingen voran und drängte sich durch die Menschenmenge, bis sie einen Blick auf den Platz vor dem Grünen Baum werfen konnten. Frauen und Kinder der führenden Ratsfamilien standen beisammen und unterhielten sich lebhaft. Elisabeth erhaschte einen Blick auf Otilia. Ihren Vater und die anderen Ratsherren, die sie kannte, konnte sie nicht entdecken. Sicher berieten sie sich drinnen im Ratssaal. Der Schultheiß Hans eilte von zwei Bewaffneten begleitet herbeiund verschwand im Rathaus. Überall sprangen Neuigkeiten und Gerüchte von einer Gruppe der wartenden Menge zur nächsten. Endlich ging ein Raunen durch die Bürger und dann ein Ruf:
    »Die Boten kommen zurück! Sie sind schon auf der Brücke.«
    Alle reckten die Hälse. Das Stimmengewirr übertönte den Hufschlag. Endlich kamen die Männer in Sicht, die der rasch zusammengerufene Rat am frühen Morgen zur Festung hinaufgeschickt hatte.
    »Macht Platz! Geht zur Seite!«, riefen sie und sprengten durch ihre Mitte. Vor dem Tor zum Grafeneckart sprangen sie aus dem Sattel und überließen die Zügel den beiden Wachen vor dem Tor, die eh schon ihre liebe Mühe hatten, sich der unzähligen Fragen zu erwehren und dafür zu sorgen, dass niemand Unbefugtes das Rathaus betrat.
    »Sie sind verschwunden, ohne uns auch nur einen Ton zu sagen«, empörte sich Gret.
    »Vielleicht haben sie den Bischof gar nicht angetroffen«, sagte Mara. Furcht schwang in ihrer Stimme.
    Else und ihre Frauen drängten sich noch näher an den Eingang heran, um ja nichts zu verpassen, wenn denn endlich etwas geschähe.
    »Ich kann dir auch nichts Neues berichten«, hörte Elisabeth Otilia zu einem ebenso fein gekleideten jungen Mädchen sagen. »Ich habe meinen Vater seit dem Morgengrauen nicht mehr gesehen, als die beunruhigende Nachricht von Stadtschreiber Peringer überbracht wurde.«
    Endlich öffnete sich die große Flügeltür. Bürgermeister Bucke trat gefolgt vom Schultheiß und einigen Ratsherren heraus. Stille senkte sich über den Platz. Jeder wollte hören, was die Männer zu sagen hatten.
    »Wie Ihr alle inzwischen sicher erfahren habt, ist

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