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Die Dirne vom Niederrhein

Die Dirne vom Niederrhein

Titel: Die Dirne vom Niederrhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
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wäre diese Frage nicht an seine sterbliche Hülle, sondern an seine Seele gerichtet. »Glaubst du an Gott? Daran, dass die Ungerechten bestraft werden und auf ewig im Höllenfeuer Schmerzen erleiden müssen?«
    Für einen Moment schien es ganz still zu sein. Maximilians Hals wurde trocken.
    »Glaubst du daran?«, fragte sie erneut.
    »Ja.«
    »Warum schaust du dann weg?«
    Er kam nah an sie heran. »Weil man nicht jede Seele retten kann und nicht jede gerettet werden will.«
    Das Mädchen lächelte. Ein leidvolles, schwermütiges Lächeln. »Das habe ich mir gedacht, Löw. Es ist einfach, wegzusehen. Oder?«
    Verwirrt von ihren Worten hämmerte er gegen das Holz. Wenige Augenblicke später wurde die Tür geöffnet.
    »Wer da?«, raunte eine tiefe Männerstimme.
    Maximilian konnte einen kurzen Blick vorbei an dem bärtigen Gesicht werfen. Ein paar Männer würfelten an zwei Tischen. Acht, vielleicht neun Soldaten zählte er.
    »Was willst du?«, wollte der Mann aggressiv wissen.
    »Ich komme im Auftrag von Vikar Weisen. Er hat ein Zimmer und Kost für dieses Mädchen geordert.«
    Der Blick des Mannes schnellte zu Senta herüber, musterte sie kurz.
    »Du wirst bereits erwartet«, sagte er und machte mit einer Handbewegung deutlich, dass sie eintreten konnte.
    Maximilian hatte richtig gezählt. Insgesamt neun Landsknechte waren hier versammelt.
    Hellebarden und Säbel waren neben ihnen aufgereiht. Scheinbar unterhielt der Gasthof eine private Schutztruppe. Käufliche Sicherheit für seine Gäste. Alles eine Frage von Geld und Einfluss.
    Als Maximilian eintreten wollte, wurde er von dem bärtigen Riesen gestoppt. »Du nicht, nur für Gäste.«
    »Probleme, Hans?«, rief einer der Landsknechte am Tisch und alle blickten auf.
    »Nicht wirklich«, antwortete er, und wandte sich gleich darauf wieder an Maximilian. »Und jetzt verschwinde!«
    »Verpass dem Jungen eine und mach dann deinen Wurf«, sagte ein anderer.
    Damit wurde die Tür zugestoßen und Maximilian stand allein in der Dunkelheit. Das Schlimmste an ihren Worten war, dass sie recht hatte: Es war einfach – und die einzige Möglichkeit zu überleben.
    Sein Blick ging nach oben. Der schwarze Nachthimmel wirkte zu dieser Stunde noch finsterer als zuvor. Einen Moment senkte er den Kopf, dann warf er die Kapuze über und entfernte sich vom Gasthof. Die Gedanken an das Mädchen verdrängte er sofort.

Kapitel 11
- Hilflose Blicke -

    Ein leichter Fahrtwind umwehte ihre Haare und ließ die Strähnen um sie herum tanzen. »Wo fahren wir hin?«, wollte Elisabeth wissen.
    Rosi fasste die Zügel des Wagens fester und hielt die Gäule an, Fahrt aufzunehmen. »Major von Rosen zieht mit einer kleineren Abordnung nach Viersen. Auch dort hat es Einquartierungen gegeben«, sagte sie und blickte sich um.
    Ihr Wagen war der erste im Hurentross, alle anderen folgten. Den zweiten lenkte die vorlaute Uta, der dritte wurde von der rothaarigen Pauline gesteuert. Beide waren Elisabeth in der kurzen Zeit gute Freundinnen geworden. Selbst ihre anfänglichen Probleme mit dem Überziehen der Schweinedärme waren von ihnen gelöst worden. Bei den Huren gab es einen Zusammenhalt wie in einer Familie. Vielleicht sogar stärker, weil keine von ihnen mehr eine leibliche Gemeinschaft ihr Eigen nennen konnte.
    Vor ihnen marschierten die Soldaten. Ein bunter Zug aus Landsknechten, die ihr Hab und Gut geschultert hatten. Köche, Schmiede, Pferdejungen und Gesindel zogen sich in Schlangen über die weitläufigen Felder.
    Elisabeth genoss diese Augenblicke. Die Sonne stand im Frühsommer bereits hoch am Himmel und küsste ihre Wangen mit glitzernden Strahlen. Sie raffte ihren Rock, damit die Sonne auch ihre Beine wärmte. Dann drehte sie ihren Kopf in das Innere des Gefährts. Bela schlief fest im Bett und ließ sich von dem ungleichmäßigen Ruckeln nicht aus ihren Träumen reißen.
    Allem Anschein nach war die gestrige Nacht für sie kräftezehrend gewesen. Seit jenem Tag, als Major von Rosen ihr einen Schlag versetzt hatte, war sie wieder frei für die anderen Soldaten. Noch immer durften nur die Offiziere ihre Dienste in Anspruch nehmen, dennoch war sie jede Nacht bis in die Morgenstunden beschäftigt.
    Kein Wunder, dachte Elisabeth, als sie diesen Engel mit den pechschwarzen Haaren musterte, der so zerbrechlich wirkte. Auch sie konnte sich über zu wenig Zulauf nicht beschweren. Bei ihr standen die Männer ebenfalls Schlange. Rosi konnte für sie den doppelten, teilweise dreifachen Preis

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