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Die Dirne vom Niederrhein

Die Dirne vom Niederrhein

Titel: Die Dirne vom Niederrhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
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verlangen. Elisabeth hatte somit ein hübsches Sümmchen anhäufen können, auch wenn sie nicht wusste, was sie mit dem Geld machen sollte. Hier mangelte es ihr an nichts. Sogar die Befriedigung der Soldaten hatte eine beruhigende Routine angenommen.
    »Warum Viersen?«, wollte sie wissen, während sie die marschierenden Soldaten beobachtete.
    Rosi atmete tief ein. »Ich kann es dir nicht sagen, Kind. Von Rosen sagte, dass sein Trupp die Vorhut bildet und Eberstein mit seiner Armee nachziehen wird.« Sie lächelte Elisabeth an. »Ich bin Frauenwirtin, keine Strategin. Wenn du eine Antwort haben willst, musst du nach Hessen reisen und die Landgräfin Amalia fragen, was sie mit ihren Truppen vorhat«, scherzte sie.
    Elisabeth konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Trotzdem gefiel ihr nicht, was sie sah, als sie in einem ruhigen Moment in die Augen von Rosi blickte.
    »Du siehst besorgt aus«, flüsterte Elisabeth ernst und lehnte sich zu ihr herüber. Diese Worte mussten nicht an Belas Ohren dringen, ob diese nun schlief oder nur ruhte.
    »Ist das wirklich so offensichtlich?«, fragte Rosi und ließ die Zügel erneut auf die Rücken der Pferde schnalzen. »Mir gefällt das nicht, Elisabeth«, fuhr sie fort. »Major von Rosen bestand darauf, dass wir seinem Tross folgen. Es wäre nicht zu unserem Schaden. Viersen wäre ein lukrativer Ort, meinte er. Bald würde das Hauptheer nachkommen und noch mehr Männer würden unsere Dienste in Anspruch nehmen. Auch Falkensted hat er mitgenommen. Ich konnte nicht anders, als mich dem Tross anzuschließen.«
    Elisabeth nickte nachdenklich und kaute auf ihrer Unterlippe. »Das könnte eine Falle sein.«
    Rosi schnaubte abfällig. »In drei Teufels Namen, das ist sie zur Gänze. Aus diesem Grunde werden wir den Tross verlassen. Heute Nacht noch. Ich habe von Rosen bereits mitgeteilt, dass wir am ersten Tag keine Freier bedienen werden, weil die Mädchen sich erholen sollen.«
    Elisabeth lehnte sich nach vorn. »Du meinst das ernst, wir sollen die Flucht ergreifen?«
    Den Blick starr geradeaus gerichtet, nickte die Frau. »Sobald wir unser Ziel erreicht haben, gebe ich den Mädchen Bescheid. Wir werden unser Lager diesmal weit außerhalb aufschlagen. Bitte sorge dafür, dass trotzdem alle unsere Habseligkeiten aufgebaut werden. Niemand soll Verdacht schöpfen. Wenn der Mond am höchsten steht, werden wir den Schutz der Nacht suchen. Wir lassen alles hier, nur das Nötigste nehmen wir mit.«
    »Und wohin sollen wir?«, fragte Elisabeth kühl und mit klarer Stimme.
    Die Frau war auf einmal tief in ihren Gedanken versunken, es dauerte einige Zeit, bis sie antwortete. »Etliche Meilen entfernt liegt die Große Hohnschaft Vorst. Zwischen dichten Wäldern und geschützt durch einen tiefen Graben befindet sich der Adelssitz Haus Donk. Es ist eine Wasserburg, welche, auf einer Motte errichtet, Schutz vor Angreifern bieten soll.«
    »Einer Motte?«
    »Ein von Hand geschaffener Erdhügel«, erklärte die Frau.
    »Rosi, ich verstehe nicht.«
    Ein verschmitztes Lächeln war auf ihren Lippen zu erkennen. »Sagen wir mal so: Der Besitzer war mein erster, mein treuester Freier und er schuldet mir einen Gefallen. Ich habe Kontakt zu ihm aufgenommen. Er kann uns den Sommer über Unterschlupf und Nahrung bieten. Alles Weitere werden wir sehen.«
    Erleichtert seufzte Elisabeth. Auch wenn der Zusammenhalt der Frauen unbeschreiblich war und die Wunden ihrer Seele sich langsam zu schließen begannen, thronte über allen noch die unsichtbare Hand des Majors – mit der Gewissheit, dass er irgendwann zuschlagen und nichts außer Leichen und verbranntem Boden übrig lassen würde.
    Nur noch der heutige Tag, dann würden sie sich dem langen Arm von Rosens entziehen. Nur noch heute …

    Wie Rosi es angeordnet hatte, begannen die Frauen wie gewöhnlich ihr Lager herzurichten. Die Hurenmutter hatte einen Platz außerhalb gewählt. Am Horizont konnte Elisabeth Viersen ausmachen, die Remigiuskirche ragte in den blutroten Abendhimmel, als wolle sie der flimmernden Hitze trotzen. Die Anspannung wuchs mit jedem Herzschlag, der sie dem Abend näherbrachte. In den Augen der anderen Frauen erkannte sie dieselben Gefühle. Selbst Uta war still und erledigte ihre Arbeiten schweigend.
    »Ich bin so glücklich.«
    Elisabeth fuhr erschrocken herum und hielt sich die Hand vor die Brust. Bela hatte sich angeschlichen und ihr diese Worte ins Ohr gehaucht. Tatsächlich. Aus ihren Augen sprach eine Freude, eine Erleichterung,

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