Die Donovans 1: Die gefährliche Verlockung
mit beiden Händen. Die Flammen der Kerzen spiegelten sich in dem klaren Glas.
Morgana schaute konzentriert auf die Kugel.
Rauch. Licht. Schatten.
Die Kugel begann sich zu trüben, und dann, als hätte ein unsichtbarer Wind den Nebel vertrieben, erschien ein Bild im Innern.
Die Zypressenlichtung. Die alten mystischen Bäume ließen nur einzelne Strahlen des Mondlichts auf den weichen Waldboden fallen. Sie roch den Wind, hörte ihn, und aus der Ferne erklang das Rauschen des Meeres.
Kerzenlicht. Im Raum. In der Kugel.
Sie selbst. Im Raum. In der Kugel.
Sie trug die weiße Zeremonienrobe, zusammengehalten von einem Gürtel aus Kristallen. Ihr Haar war offen, ihre Füße bloß. Das Feuer hatte sie entzündet, durch ihres Willens Kraft. Es brannte kühl und lautlos wie der Mondschein. Es war eine feierliche Nacht.
Eine Eule schrie. Sie drehte sich um und sah die weißen Flügel durch das Dunkel der Nacht gleiten. Sie folgte der Eule mit dem Blick, bis der Vogel in der Dunkelheit verschwunden war. Dann sah sie ihn.
Er trat langsam unter dem Stamm einer Zypresse hervor, auf die Lichtung. In seinem Blick konnte sie sich selbst erkennen.
Verlangen. Sehnsucht. Schicksal.
Im Kreis streckte Morgana die Arme nach ihm aus und zog Nash zu sich, in ihre Umarmung.
Ein Aufschrei hallte an den Wänden des Turms wider. Morgana warf eine Hand in die Höhe, die Kerzen erloschen. Sie hatte sich selbst betrogen.
Sie blieb, wo sie war, zornig auf sich selbst. Sie wäre besser dran gewesen, wenn sie es nicht gewusst hätte.
Wenige Meilen entfernt schreckte Nash aus dem Schlaf hoch. Er war auf der Couch vor dem Fernseher eingeschlafen, jetzt flimmerte nur noch Schnee über den Bildschirm. Er rieb sich mit beiden Händen über das Gesicht und setzte sich gerädert auf.
Was für ein Traum! So lebendig, so real, dass einige sehr empfindliche Teile seines Körpers wehtaten.
Selbst schuld, schalt er sich und nahm gähnend eine Hand voll Popcorn aus der Schüssel, die auf dem Couchtisch stand.
Er hatte sich nicht darum bemüht, Morgana aus seinem Kopf zu vertreiben. Und so saß er nun hier und fantasierte sich etwas über Hexerei und Zaubersprüche zusammen. Irgend so ein Hexentanz im Wald. Wenn er sich sah, wie er ihr eine weiße Seidenrobe auszog und sie auf einer Lichtung auf dem weichen Waldboden liebte, konnte er nur sich selbst die Schuld geben.
Er schüttelte sich leicht und nahm einen Schluck von dem abgestandenen Bier. Trotzdem war es seltsam … Er hätte schwören mögen, den Duft von Kerzenwachs zu riechen.
3. KAPITEL
M organa war nicht gerade bester Laune, als sie am Montagabend die Auffahrt zu ihrem Haus hinauffuhr. Eine Lieferung war irgendwo auf der Strecke geblieben, es hatte sie eine volle Stunde gekostet, um sie überhaupt aufzuspüren. Sie war versucht gewesen, sich der Sache auf ihre Art anzunehmen – nichts ärgerte sie mehr als Unzuverlässigkeit aber sie wusste auch, dass solche Unternehmungen oft noch mehr Komplikationen einbrachten.
So aber hatte sie wertvolle Zeit verloren. Sie hatte sich auf einen ruhigen Spaziergang gefreut, um ihren Kopf wieder freizubekommen – und ja, verflucht, sie musste ihre Nerven beruhigen, damit sie Nash gegenübertreten konnte. Es hatte wohl nicht sollen sein.
Sie stellte den Motor ab und starrte düster auf das schwere chrom-blitzende Motorrad, das vor der Haustür geparkt war.
Sebastian. Der hatte ihr jetzt noch gefehlt. Wieso konnte sie jetzt nicht allein sein?
Luna sprang aus dem Wagen, lief auf das Motorrad zu und rieb sich an dem Reifen der schweren Harley.
„Natürlich.“ Angewidert schlug Morgana die Wagentür zu. „Hauptsache, es ist ein Mann.“
Luna stieß einen Laut aus, der sehr unhöflich klang, und stolzierte zum Haus. Pan kam ihnen aus dem Haus entgegen, um sie zu begrüßen.
Während Luna hineinging, ließ Morgana sich Zeit, um den Hund mit dem verständnisvollen Blick ausgiebig zu kraulen. Von drinnen erklang Musik von Beethoven.
Sie fand Sebastian genau so vor, wie sie es erwartet hatte – bequem auf dem Sofa ausgestreckt, die Füße mit den Motorradstiefeln lässig auf den Couchtisch gelegt, die Augen halb geschlossen und ein Weinglas in der Hand. Bei seinem Lächeln wäre jede Frau dahingeschmolzen, es stellte etwas Unglaubliches mit diesem dunklen, wie gemeißelt schönen Gesicht an, mit den vollen sinnlichen Lippen, den graublauen Augen, die so wach und wissend dreinblickten.
Träge hob er die Hand mit den langen schlanken Fingern
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