Die Donovans 3: Das geheime Amulett
sollen, an ihren Körper zu denken. Diese Zartheit hatte nichts mit Verletzlichkeit zu tun, sondern mit der Personifizierung des Weiblichen. Einer Weiblichkeit, die jeden Mann, der auch nur einen Funken Leben in sich verspürte, verwirrte, reizte, lockte – einfach umhaute.
Und Boone Sawyer war ein sehr lebendiger Mann.
Was machte sie da nur? Ungeduldig drückte er die Zigarette aus und trat näher ans Fenster. Sie war in dem Gartenhäuschen verschwunden und kam jetzt wieder raus, einen haushohen Stapel Blumentöpfe auf dem Arm.
Typisch Frau, dachte er. Immer trauen sie sich mehr zu, als sie in Wirklichkeit tragen können.
Noch während er dies dachte und sich in seiner männlichen Überlegenheit sonnte, sah er Daisy über den Rasen rennen. Der Hund jagte eine große graue Katze.
Er hatte die Hand schon am Fenster, bereit, es aufzustoßen und den Hund zurückzupfeifen. Aber da war es auch schon zu spät.
In Zeitlupe hätte man es für modernen Tanz halten können, mit einer höchst interessanten Choreografie.
Die Katze schoss wie ein grau geströmter Blitz zwischen Anas Beinen hindurch. Ana schwankte. Die Tontöpfe, die sie hielt, wackelten. Boone fluchte, atmete aber sofort erleichtert auf, als Ana im selben Moment die Balance wiedergewann.
Doch noch bevor alle Luft aus seinen Lungen gewichen war, kam Daisy.
Auch sie flitzte durch Anas Beine, und dieses Mal gelang es Ana nicht, das Gleichgewicht zu halten. Der Hund hatte sie im wahrsten Sinne des Wortes von den Füßen gefegt. Ana ging zu Boden, die Töpfe flogen in die Luft.
Noch durch sein eigenes lautes Fluchen hörte Boone das Klirren, als er die Treppe hinunter und so schnell wie möglich auf die Veranda stürmte.
Als er bei Ana ankam, murmelte sie leise etwas vor sich hin, das sich wie ein exotischer Fluch anhörte. Er konnte es ihr weiß Gott nicht verübeln.
Ihre Katze saß auf einem Baum und fauchte den kleinen kläffenden Hund bitterböse an, der um den Stamm herumhüpfte. Keiner der Tontöpfe, die sie getragen hatte, war heil geblieben, Hunderte von Scherben lagen überall verstreut.
Boone krümmte sich innerlich und räusperte sich. „Al es in Ordnung mit Ihnen?“
Auf allen vieren, das lange Haar im Gesicht, warf sie den Kopf zurück und sah zu ihm hoch. „Oh, alles bestens.“
„Ich stand am Fenster.“ Das war sicher nicht der geeignete Zeitpunkt, um ihr zu gestehen, dass er sie beobachtet hatte. „Ich meine, ich kam gerade am Fenster vorbei“, verbesserte er also. „Da habe ich die Jagd und den Zusammenstoß gesehen.“ Er ging in die Hocke und half, die Scherben einzusammeln. „Ich muss mich wirklich für Daisy entschuldigen. Wir haben sie erst seit ein paar Tagen, und wir haben bisher noch keine große Möglichkeit gehabt, sie zu trainieren.“
„Sie ist noch ein Baby. Es ist völlig zwecklos, einen Hund für etwas zu bestrafen, das seiner Natur entspricht.“
„Ich werde Ihnen die Töpfe ersetzen.“ Warum nur fühlte er sich so linkisch?
„Ich habe noch andere.“ Da das Fauchen und Bellen immer hektischer wurde, setzte Ana sich auf die Fersen. „Daisy!“ Der Befehl kam ruhig, aber entschieden und wurde sofort befolgt. Mit wild wedelndem Schwanz kam der Welpe zu Ana herübergetapst, um ihr ausgiebig das Gesicht zu lecken.
Ana weigerte sich allerdings, sich davon umstimmen zu lassen. Sie legte die Finger um Daisys Schnauze. „Sitz!“, ordnete sie an, und der junge Hund ließ sich gehorsam auf sein Hinterteil fallen. „Jetzt benimm dich.“ Mit einem leisen Fiepen legte Daisy sich hin und stützte reumütig den Kopf auf die Pfoten. Anas Lektion wirkte.
Boone war genauso beeindruckt, wie er verdutzt war. „Wie haben Sie das denn um alles in der Welt geschafft?“, fragte er kopfschüttelnd.
„Zauberei“, erwiderte sie knapp, dann überlegte sie es sich und lächelte schwach. „Ich konnte schon immer gut mit Tieren umgehen. Daisy ist einfach nur glücklich und aufgeregt und will unbedingt spielen. Sie werden ihr beibringen müssen, dass nicht alles, was Spaß macht, auch erlaubt ist.“
Ana kraulte Daisy den Kopf und erntete dafür einen verehrungsvollen Blick aus treuen Hundeaugen.
„Ich hab’s schon mit Bestechung versucht.“
„Auch eine Möglichkeit.“ Sie streckte sich nach einer Scherbe aus, die unter dem Stock einer üppig blühenden Klematis lag.
In diesem Moment sah er den tiefen Kratzer an ihrem Arm. „Sie bluten ja!“
Sie sah hinab. An ihren Beinen waren auch ein paar kleinere
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