Die Donovans 3: Das geheime Amulett
und fiel dann, tiefer und tiefer, auf das dichte weiche Gras, das bis an die Mauer des verzauberten Schlosses heranwuchs.
Der Mond stand hoch am Himmel, als er wieder erwachte. Er war verwirrt und wusste nicht, wo er war. Mit letzter Kraft schleppte er sich über den dichten Rasen, über die Zugbrücke und betrat die große Halle des Schlosses, das ihn seit seiner Kindheit in seinen Träumen verfolgt hatte.
Sobald er die Schwelle überschritt, flammten hundert Fackeln an den Wänden auf. Im gleichen Moment waren auch all seine Wunden und Schnitte geheilt. Und in der Mitte des Kreises, den die Fackeln bildeten, in der Halle aus weißem Marmor, stand die schönste Frau, die er je gesehen hatte. Ihr Haar hatte die Farbe des Sonnenlichts und ihre Augen die von Rauch. Noch bevor sie die schönen Lippen zu einem Lächeln verzog und sprach, wusste er, dass sie es war, für die er sein Leben riskiert hatte. Sie trat vor und reichte ihm ihre Hand. Und alles, was sie sagte, war: ‚Ich habe auf dich gewartet.‘“
Während er die letzten Worte sprach, hob Boone den Blick zu Anas Gesicht. Er war so verwirrt und desorientiert wie der Mann in der Geschichte, die er gerade erfunden hatte. Wann hatte sein Herz so wild zu schlagen begonnen? Wie konnte er überhaupt denken, wenn das Blut heiß in seinen Ohren und seinen Lenden rauschte? Während er um Fassung rang, starrte er sie an.
Ihr Haar hatte die Farbe des Sonnenlichts und ihre Augen die von Rauch.
Dann wurde ihm bewusst, dass er vor ihr kniete, eine Hand weit oben auf ihrem Schenkel, die andere erhoben, um dieses wunderbare Haar wie Sonnenschein sanft zu berühren.
Boone richtete sich so hastig auf, dass er fast den Tisch umgeworfen hätte. „Sie müssen entschuldigen“, sagte er, weil ihm nichts Besseres einfiel. Als sie ihn nur weiter anstarrte, die Ader an ihrem Hals pochte hart und deutlich sichtbar, setzte er noch mal an. „Ich habe mich mitreißen lassen, als ich sah, dass Sie bluteten. Es gelingt mir nie, ruhig zu bleiben, wenn Jessie mit Kratzern nach Hause kommt.“ Um sich nicht völlig zum Narren zu machen, warf er ihr das feuchte Tuch zu. „Hier. Ich denke, Sie können jetzt selbst weitermachen.“
Sie nahm das Tuch. Sie brauchte einen Moment Ablenkung, bevor sie es wagen konnte, wieder zu sprechen. Wie war es möglich, dass ein Mann sie mit einer Geschichte und dem Verarzten von kleinen Schnitten so anrühren konnte, dass sie verzweifelt um Beherrschung ringen musste, obwohl er sich entschuldigt hatte?
Selbst schuld, dachte Ana und rieb – viel heftiger als nötig – über den Schnitt an ihrem Arm. Es war ihre Gabe und ihr Fluch, dass sie so viel mehr fühlte.
„Sie sehen eigentlich aus, als müssten Sie sich dringend setzen“, sagte sie brüsk, stand dann auf, um eine ihre eigenen Tinkturen aus dem Schrank zu nehmen. „Möchten Sie vielleicht etwas Kaltes zu trinken?“
„Nein … Ja, doch.“ Auch wenn er ernsthaft bezweifelte, dass selbst ein ganzer Eimer eiskalten Wassers das Feuer in seinem Körper löschen könnte. „Sobald ich Blut sehe, gerate ich immer in Panik.“
„Panik oder nicht, Sie haben sich wacker geschlagen.“ Sie schenkte ein Glas Limonade aus der Karaffe ein, die sie aus dem Kühlschrank holte.
„Und es war eine hübsche Geschichte.“ Sie lächelte jetzt.
„Die Geschichten dienen dazu, Jessie und mich zu beruhigen, wenn wir eine solche Jod-und-Pflaster-Sitzung haben müssen.“
„Jod brennt so schrecklich.“ Sie trug braune Flüssigkeit auf ihre gesäuberten Schrammen auf. „Ich kann Ihnen etwas mitgeben, das auf keinen Fall wehtut. Für Ihre nächste Sitzung.“
„Was ist das?“ Misstrauisch schnupperte er an dem Fläschchen. „Riecht nach Blumen.“ Genau wie sie, stellte er angenehm berührt fest.
„Besteht auch zum größten Teil daraus. Kräuter, Blumen, eine Prise hiervon, ein bisschen davon.“ Sie verschloss die Flasche und stellte sie beiseite. „Es ist ein natürliches Desinfektionsmittel. Ich bin Herbalistin.“
„Oh.“
Bei seiner skeptischen Miene musste sie lachen. „Ich weiß. Die meisten Leute vertrauen nur der Medizin, die sie in der Apotheke bekommen. Dabei vergessen sie, dass die Menschen sich jahrhundertelang mit dem geholfen haben, was die Natur ihnen bot.“
„Ja, sicher. Aber sie sind auch an Blutvergiftung gestorben, weil sie sich an einem rostigen Nagel geritzt hatten.“
„Stimmt“, gab sie zu. „Wenn kein kundiger Heiler aufzutreiben war.“ Da sie nicht vorhatte,
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