Die Donovans 3: Das geheime Amulett
sie bewundert. Man sagte, die Truhe sei aus Camelot, in Auftrag gegeben von dem jungen König Artus für Merlin.
Glücklich seufzend ließ Ana sich davor nieder. Sie schafften es immer wieder, sie zu überraschen. Ihre Eltern, ihre Tanten und Onkel … so weit weg, doch immer in ihrem Herzen.
Die vereinte Kraft von sechs Hexen und Zauberern hatte diese Truhe von Irland hierher transportiert, durch die Lüfte, durch Raum und Zeit, auf eine Art, die alles andere als konventionell war.
Langsam hob sie den Deckel an, und der Geruch von alten Visionen, urzeitlichen Beschwörungen, Zauber aus früher Zeit stieg zu ihr auf, aromatisch, trocken, rauchig von dem kalten Feuer, das ein Zauberer in der Nacht entfacht. Ana war entzückt.
Sie kniete sich hin, hob die Arme, dass die Seide zu den Ellbogen rutschte, und legte die Hände zusammen, mit den Handflächen zum Gesicht.
Macht. Eine Macht, die respektiert und akzeptiert werden musste. Die Worte, die sie sprach, entstammten einer alten Sprache, die Sprache der Weisen. Der Wind, den sie heraufbeschwor, zerrte an den Vorhängen, ließ ihr Haar um ihr Gesicht flattern. Die Luft sang, tausend Harfensaiten wurden angeschlagen, dann wurde es still.
Ana ließ die Arme wieder sinken und griff in die Truhe. Ein Heliotrop-Amulett, das Rot des Blutsteins lief in die tiefgrünen Ränder. Sie wusste, es war seit Generationen in der Familie ihrer Mutter, ein Heilstein von enormer Kraft und größtem Wert. Tränen brannten in ihren Augen, als ihr klar wurde, dass er an sie weitergereicht wurde, wie es nur alle halbe Jahrhunderte geschah, um sie in die höchsten Ränge der Heiler aufzunehmen.
Das ist mein Geschenk, dachte sie und rieb den Stein zwischen ihren Fingern, wie schon andere vor ihr, zu anderen Zeiten, es getan hatten. Ihr Erbe.
Vorsichtig legte sie ihn zurück in die Truhe und nahm das nächste Geschenk. Eine Kugel aus Sardonyx. Die fast durchsichtige Oberfläche würde ihr einen Blick auf das Universum erlauben, wenn sie es denn wollte.
Von Sebastians Eltern. Sie spürte es, als sie die Hände über die Kugel legte. Und dazu ein Schaffell, auf dem etwas in der uralten Sprache geschrieben stand. Eine Elfengeschichte, merkte sie, als sie las, und lächelte. So alt wie die Zeit, so verheißungsvoll wie das Morgen. Tante Bryna und Onkel Matthew, dachte sie, als sie es zurücklegte und voller Dankbarkeit auf ihre Geschenke hinabsah.
Obwohl das Amulett von ihrer Mutter war, so wusste Ana doch, dass noch etwas Besonderes von ihrem Vater dabei sein würde. Als sie es fand, lachte sie herzlich auf. Ein Frosch, nicht größer als ihr Daumennagel, meisterhaft geschnitzt aus grüner Jade.
„Gleicht dir aufs Haar, Dad“, sagte sie lachend. Sie legte auch dieses Geschenk wieder zurück, schloss den Deckel der Truhe und erhob sich. In Irland war es jetzt Nachmittag, und sechs Leute warteten darauf zu erfahren, ob ihr ihre Geschenke gefallen hatten.
Sie war auf dem Weg zum Telefon, als es an der Hintertür klopfte. Ihr Herz machte einen kleinen Sprung, dann beruhigte es sich wieder. Irland würde noch ein Weilchen warten müssen.
Boone hielt das Geschenk hinter seinem Rücken versteckt. Zu Hause stand noch ein zweites Paket, etwas, das Jessie und er zusammen ausgesucht hatten. Aber dieses Geschenk hier hatte er Ana geben wollen. Allein.
Er hörte sie kommen und grinste, die Begrüßung und die kleine vorbereitete Rede lagen ihm bereit auf der Zunge. Er konnte von Glück sagen, dass er nicht an diesen Worten erstickte, als er sie erblickte.
Sie war eine strahlende Erscheinung, ihr Haar ein Goldregen, der sich über die silberne Robe ergoss. Ihre Augen schienen dunkler, irgendwie tiefgründiger. Wie konnte es sein, dass sie klar wie das Wasser eines Sees waren und doch wirkten, als würden sie tausend Geheimnisse verbergen?
Und dieser überwältigende weibliche Duft, der sie einhüllte, hätte ihn fast in die Knie gezwungen.
Als Quigley ihm zur Begrüßung um die Beine strich, zuckte Boone zusammen, als hätte ihn gerade der Blitz getroffen.
„Boone.“ Ein stilles Lachen in ihrer Kehle, legte Ana die Hand auf das Fliegengitter. „Ist alles in Ordnung?“
„Ah … ja … sicher. Ich … Habe ich dich etwa geweckt?“
„Nein.“ In dem gleichen Maße gelassen, wie er nervös war, öffnete sie einladend die Tür. „Ich bin schon eine ganze Weile auf. Ich faulenze.“ Da er regungslos stehen blieb, neigte sie den Kopf. „Willst du nicht einen Moment
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