Die Donovans 3: Das geheime Amulett
richtigen Weg gefunden. Vielleicht ist jetzt der Zeitpunkt gekommen.“
„Geradeheraus ist immer am besten“, sagte er und inhalierte tief den Rauch.
„Nun gut. Ich stamme von einer sehr alten Linie ab, sowohl mütterlicher- als auch väterlicherseits. Eine andere Kultur, wenn du so möchtest. Weißt du, was ‚Wicca‘ bedeutet?“
Etwas Kaltes strich über seine Haut, aber es konnte nur die Nachtluft sein. „Hexerei.“
„Genau genommen heißt es ‚weise‘. Aber Hexerei erklärt es auch.“ Sie sah auf, ihr klarer grauer Blick traf auf seinen müden aus umschatteten Augen. „Ich bin eine geborene Hexe, von Geburt an mit empathischen Kräften befähigt, die es mir gestatten, ein emotionales und physisches Band zu anderen zu knüpfen. Meine Gabe ist die des Heilens.“
Boone tat einen langen Zug von seiner Zigarette. „Du sitzt also da, siehst mir ins Gesicht und willst mir erzählen, dass du eine Hexe bist.“ „Ja.“
Wütend warf er die Zigarette fort. „Was für ein Spielchen ist das, Ana?
Nach allem, was hier gestern Abend passiert ist, verdiene ich da nicht eine vernünftige Erklärung?“
„Du verdienst die Wahrheit. Du magst es nicht für vernünftig halten.“ Sie hob abwehrend die Hand, bevor er sprechen konnte. „Wie würdest du es denn erklären?“
Er öffnete den Mund, schloss ihn wieder. Darüber zerbrach er sich jetzt schon seit über vierundzwanzig Stunden den Kopf und hatte keine befriedigende Antwort gefunden. „Ich kann es nicht erklären. Aber das heißt nicht, dass ich dir diesen Unsinn abkaufe.“
„Nun gut.“ Sie stand auf, legte eine Hand auf seine Brust. „Du bist erschöpft. Du hast kaum geschlafen. In deinem Kopf hämmert es unerträglich, und dein Magen fühlt sich an, als lägen Steine darin.“
Er hob verächtlich eine Augenbraue. „Man muss keine Hexe sein, um sich das denken zu können.“
„Nein.“ Bevor er zurückweichen konnte, legte sie eine Hand an seine Stirn, die andere auf seinen Magen. „Besser?“, fragte sie nach einem kurzen Augenblick.
Er musste sich setzen, aber er fürchtete, nie wieder aufstehen zu können. Sie hatte ihn nur berührt, mehr nicht, aber jeglicher Schmerz und alles Unwohlsein waren verschwunden. „Was ist das? Hypnose?“
„Nein. Boone, sieh mich an.“
Er tat es, und was er sah, war eine Fremde mit blondem Haar, das der Wind ihr aus dem Gesicht wehte. Die Zauberin aus Bernstein, dachte er wie betäubt. Kein Wunder, dass ihn die kleine Statue an sie erinnert hatte.
Ana sah den Schock in seinen Augen, sah, dass er begann zu glauben.
„Als du mich batest, dich zu heiraten, habe ich mir Zeit von dir ausgebeten. Damit ich mir überlegen kann, wie ich es dir sagen soll. Ich hatte Angst.“ Sie ließ die Hände sinken. „Angst davor, du würdest mich ansehen, wie du mich jetzt ansiehst. Als würdest du mich nicht kennen.“
„Das ist doch alles Quatsch. Sieh mal, ich schreibe dieses Zeugs und verdiene gut damit, aber ich kann Märchen und Realität unterscheiden.“
„Meine Gabe fürs Zaubern ist sehr begrenzt.“ Trotzdem griff sie in ihre Tasche, in der sie immer Kristalle bei sich trug. Ohne den Blick von Boone zu nehmen, hielt sie sie auf der ausgestreckten Handfläche. Langsam, ganz langsam begannen sie zu glühen. Das Violett des Amethyst wurde tiefer, das Pink des Rosenquarz leuchtender, das Grün des Malachits intensiver. Dann hoben sie sich von der Handfläche ab, stiegen höher, Zentimeter um Zentimeter, drehten sich wie hell leuchtende Planeten im Raum. „Morgana ist in diesen Dingen bewanderter als ich.“
Boone starrte auf die kreisenden Steine und suchte nach einer logischen Erklärung. „Morgana ist auch eine Hexe?“
„Wir sind Cousinen“, sagte Ana einfach.
„Was Sebastian als deinen Cousin …“
„Sebastians Gabe ist die des Sehens.“
Er wollte nicht glauben. Aber er konnte auch nicht abtun, was er mit eigenen Augen sah. „Deine Familie …“, setzte er an. „Die Zaubertricks deines Vaters …“
„Nichts anderes als Magie.“ Sie pflückte die Kristalle aus der Luft und ließ sie in ihre Tasche zurückgleiten. „Ich sagte dir doch, er ist sehr talentiert. So wie alle von ihnen, jeder auf seine Weise. Wir sind Hexen und Zauberer, wir alle.“ Sie wollte seine Hand nehmen, doch er zuckte zurück.
„Tut mir leid.“
„Es tut dir leid?“ Bis ins Mark erschüttert, fuhr er sich mit beiden Händen durchs Haar. Das musste ein Traum sein. Ein Albtraum. Aber er stand doch hier,
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