Die Donovans 4: Der verzauberte Fremde
hinter dem Rücken hervor.
„Du musst doch jeden Morgen steif wie ein Brett aufwachen“, flüsterte er, „wenn du jedes Mal aufrecht sitzend einschläfst.“ Seufzend strich er ihr mit der Hand über die Wange.
Ihr Duft allein, so frisch, so fein, so weiblich, reichte aus, um ihn halb verrückt zu machen. Jeder Atemzug, der über die vollen weichen Lippen strömte, war wie eine Herausforderung für ihn.
„Verdammt, Rowan, du liegst im Regen mit mir zusammen im Bett und liest mir Yeats mit dieser sanften Stimme vor. Wie soll ich dem widerstehen können? Früher oder später werde ich dich besitzen müssen. Später wäre besser für uns beide. Aber ich brauche heute Nacht noch etwas.“
Er nahm ihre Hand, legte seine Handfläche an ihre, verschränkte ihre Finger miteinander und schloss die Augen. „Komm mit mir, zwei Geister, ein Traum. Schlaf ist nicht immer, was er scheint. Gib mir, was ich brauche, und nimm dir, so viel du willst und was dein ist. Denn so soll es sein.“
Rowan stöhnte leise im Schlaf und bewegte sich. Den freien Arm legte sie hoch über ihren Kopf auf die Kissen, ihre Lippen öffneten sich und ließen einen zitternden Atemzug hören, der Liam bis ins Innerste drang.
Sein Puls beschleunigte sich, als er sie mit seinem Geist liebte. Sie mit seinen Gedanken berührte, sie schmeckte, sich ihr hingab.
In Träumen verloren, erschauerte ihr Körper unter den Phantomhänden.
Sie konnte ihn riechen, nahm den würzigen, halb animalischen Duft wahr, der sie mehr als einmal in ihren Träumen erregt hatte. Bilder, Empfindungen, Verlangen, alle vermischt und wirr durcheinander stachelten ihre Leidenschaft jenseits jeglicher Vorstellungskraft an. Verzweifelte Begierde, unerträgliche Sehnsucht, dann die erlösende Erfüllung.
Er saß da, die Augen immer noch geschlossen, seine Hand immer noch mit ihrer verschränkt, und lauschte dem Regen. Lauschte ihrem jetzt regelmäßigen, ruhigen Atem. Er widerstand der Versuchung, sich neben sie zu legen und sie mit konkreteren Mitteln zu lieben als mit seinen Gedanken.
Er warf den Kopf zurück. Und verschwand.
3. KAPITEL
R owan erwachte früh und wunderbar entspannt. Ihr ganzer Körper schien zu glühen. Ihr Geist war voller Frieden, klar und unbeschwert. Sie war schon aus dem Bett und unter der Dusche, bevor sie sich überhaupt an etwas erinnerte. Mit einem gemurmelten Fluch sprang sie aus der Duschkabine, wickelte sich ein Handtuch um und rannte ins Schlafzimmer zurück.
Das Bett war leer. Kein wunderschöner Wolf, weder am Fußende noch vor dem kalten Kamin. Ohne auf die Wassertropfen zu achten, die sie hinterließ, ging sie nach unten, um sich im Wohnzimmer umzuschauen.
Die Küchentür stand offen und ließ die morgendliche Kälte herein.
Rowan trat auf die Veranda hinaus, auch wenn ihr bloßer Körper gegen die Temperatur aufbegehrte, während sie den Waldrand absuchte.
Wie war er aus dem Haus gekommen? Wohin war er bloß gegangen?
Seit wann konnten Wölfe Türen öffnen?
Sie hatte sich das nicht nur eingebildet. Das konnte einfach nicht sein.
So stark war ihre Einbildungskraft nicht, dass sie solch klare Bilder und Empfindungen erschaffen konnte. Solche Erlebnisse. Das würde bedeuten, dass ich nicht mehr ganz richtig im Kopf bin, dachte sie mit einem stillen Lachen, trat wieder ins Haus zurück und schloss die Tür.
Der Wolf war hier gewesen, hier im Haus. Hatte mit ihr zusammengesessen, war bei ihr geblieben. Hatte sogar auf ihrem Bett geschlafen. Die Erinnerung an sein seidiges Fell war zu klar, der Geruch des Regens zu stark, der Ausdruck in seinen Augen zu deutlich. Und die Wärme, der Trost, die Geborgenheit, als er den Kopf auf ihren Schoß gelegt hatte.
So ungewöhnlich der Abend auch gewesen sein mochte, er war passiert.
So seltsam ihre eigenen Reaktionen gewesen sein mochten, ihn einzulassen, ihn zu streicheln, sie hatte es getan.
Und wenn sie auch nur eine einzige Gehirnzelle in ihrem Kopf gehabt hätte, hätte “sie die Kamera hervorgeholt und Fotos gemacht.
Um was zu beweisen? Um wem diese Bilder zu zeigen? Der Wolf, so wurde ihr mit plötzlicher Klarheit bewusst, gehörte ganz allein ihr, war ihr ganz persönliches Vergnügen. Sie wollte ihn mit niemandem teilen.
Sie ging zurück nach oben, zurück ins Bad und fragte sich, wie lange es wohl dauern würde, bis er zurückkam.
Sie ertappte sich dabei, wie sie vergnügt vor sich hin summte, und grinste. Sie konnte sich nicht entsinnen, je glücklicher und unbeschwerter
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