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Die Doppelgaengerin

Die Doppelgaengerin

Titel: Die Doppelgaengerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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oder?«
    »Du hast ihn also erpresst und dann übers Ohr gehauen?«
    »Für mich ist das eher eine Art Versicherung. Jedenfalls habe ich das Bild nie verwenden müssen, und er weiß nicht, dass es existiert. Seit unserer Scheidung vor immerhin fünf Jahren habe ich nicht mehr mit ihm gesprochen. Deshalb wusste ich genau, dass Jason mich nicht umbringen will. Er hätte gar keinen Grund.«
    »Nur dass er einen Grund hat.«
    »Den hätte er, wenn er von dem Abzug wüsste, aber davon weiß er nichts.«
    Er kniff seine Nasenwurzel zusammen, als würde ich ihm Kopfschmerzen bereiten. »Wo sind die Abzüge?«
    »In meinem Bankschließfach. Niemand hat sie je zu Gesicht bekommen, und niemand, nicht einmal meine Familie, weiß, dass ich sie besitze.«
    »Okay. Ich würde dir dringend raten, diese Abzüge aus dem Schließfach zu holen und zu vernichten, sobald diese Geschichte vorüber ist und du dich aus deinem Versteck wagen kannst.«
    »Das kann ich machen«, gestand ich ihm zu.
    »Dass du es kannst, weiß ich. Die Frage ist, ob du es tun wirst. Versprich es mir.«
    Ich sah ihn zornig an. »Ich habe schon gesagt, dass ich es machen würde.«
    »Nein, du hast gesagt, dass du es machen kannst. Das ist nicht das Gleiche. Versprich es mir.«
    »Ja ja, schon gut. Ich verspreche, dass ich die Bilder vernichten werde.«
    »Ohne vorher neue Abzüge machen zu lassen.«
    O Mann, vertrauensselig konnte man diesen Typen wirklich nicht nennen. Es stank mir gewaltig, dass er auch diese Möglichkeit bedacht hatte. Entweder hatte ihm Dad schon wieder ein paar Tipps gegeben, oder er war von Natur aus misstrauisch wie ein Luchs.
    »Ohne vorher neue Abzüge machen zu lassen« , wiederholte er.
    »Schon gut!«, fuhr ich ihn an und nahm mir heimlich vor, seine Fernbedienung »versehentlich« in der Toilette zu versenken.
    »Gut.« Er verschränkte die Arme. »So. Gibt es noch mehr kleine Geheimnisse, die du mir verschwiegen hast, irgendwelche Erpressungen oder Racheaktionen, die du zu erwähnen vergaßest, weil du sie für bedeutungslos hieltest?«
    »Nein, Jason ist der Einzige, den ich je erpresst habe. Und er hat es verdient.«
    »Er hätte Schlimmeres verdient. Er hätte einen Arschtritt verdient, dass ihm die Stiefelspitze zwischen den Schulterblättern hängen bleibt.«
    Halbwegs besänftigt angesichts dieser Solidaritätserklärung zuckte ich mit den Achseln. »Daddy hätte das liebend gern erledigt, und genau darum haben wir ihm nie erzählt, warum ich mich von Jason scheiden ließ. Damit wollten wir weniger Jason als vielmehr Daddy beschützen.« Ein Tritt in Jasons Allerwertesten war keinesfalls das Risiko wert, dass mein armer Dad auch nur eine Sekunde lang wegen Körperverletzung festgenommen würde, und genau das wäre passiert, weil Jason, diese Heulsuse, meinen Vater sofort verklagt hätte.
    »Stimmt.« Wyatt sah mich kurz an, schüttelte dann mitleidig den Kopf und zog mich in seine Arme. Getröstet schob ich die Hände um seine Taille, ließ den Kopf an seine Brust sinken, und er legte das Kinn auf meinen Scheitel. »Jetzt verstehe ich, warum du so verunsichert warst«, murmelte er. »Deinen Mann dabei zu erwischen, wie er deine Schwester anbaggert, muss ein schwerer Schlag für dich gewesen sein.«
    Eines kann ich auf den Tod nicht ausstehen – bemitleidet zu werden. In diesem Fall gab es keinen Anlass dafür. Ich war meinen Weg weitergegangen und hatte Jason längst hinter mir gelassen. Aber ich konnte schlecht behaupten: »Ach, eigentlich hat mich das nicht gestört«, denn das wäre eine dreiste Lüge gewesen, was Wyatt bestimmt gespürt hätte, und dann hätte er geglaubt, ich würde immer noch so darunter leiden, dass ich es mir nicht eingestehen konnte. Deshalb erklärte ich halblaut: »Ich bin darüber weggekommen. Und der Kuss hat mir einen Mercedes eingebracht.« Nur dass ich keinen Mercedes mehr hatte, weil der nur noch ein verbeulter und verknäuelter Schrotthaufen war.
    »Vielleicht bist du über die Demütigung hinweggekommen, aber nicht über die Erfahrung. Sie hat dich misstrauisch gemacht.«
    Das hörte sich an, als wäre ich ein armer kleiner Spatz, der aus dem Nest gepurzelt ist. Ich wand mich aus seiner Umarmung und sah ihn böse an. »Ich bin nicht misstrauisch; ich bin nur klug geworden. Das ist was anderes. Ich will sicher sein, dass das zwischen uns von Dauer ist, bevor ich mit dir schlafe …«
    »Zu spät.« Er grinste breit.
    Ich seufzte. »Ich weiß«, sagte ich und ließ den Kopf wieder an seine

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