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Die Doppelgaengerin

Die Doppelgaengerin

Titel: Die Doppelgaengerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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weil alle wussten, dass »sorgen« das Baden, Anziehen und so weiter einschloss. Gut, ich hatte vor seiner versammelten Mannschaft gezetert, dass ich nie mehr mit ihm schlafen würde, aber das war etwas anderes. Für mich jedenfalls. Das hier waren meine Eltern und wir waren hier im Süden, wo so was natürlich genauso passierte wie anderswo, wo man aber solche Sachen nicht in alle Welt und schon gar nicht der eigenen Familie entgegenposaunte. Ich rechnete fest damit, dass ihn Dad wieder am Arm nehmen und noch mal auf ein Wort nach draußen führen würde, aber stattdessen nickte Dad zustimmend.
    »Tina, wer könnte besser auf sie aufpassen als ein Polizist?«, fragte er meine Mutter.
    »Sie hat eine zwei Seiten lange Liste seiner Verfehlungen«, erwiderte sie, um deutlich zu machen, dass sie an seiner Fähigkeit, auf mich aufzupassen, zweifelte.
    »Und eine Pistole.«
    »Auch wieder wahr«, sagte Mom und sah mich an. »Du fährst mit ihm.«

12
    »Weißt du«, sagte ich zu Wyatt, als wir nach einem kurzen Zwischenstopp an der Apotheke zu ihm nach Hause fuhren, »der Typ hat dein Auto gesehen, und das schreit praktisch ›ich bin ein Bulle‹. Wer außer einem Bullen – oder einem Rentner – würde einen Crown Vic fahren?«
    »Und?«
    »Du hast mich auf dem Parkplatz geküsst, schon vergessen? Er weiß also, dass wir was miteinander haben, er kann erkennen, dass du ein Bulle bist, und kann sich den Rest ausrechnen. Wie schwer wird das schon sein?«
    »Wir haben auf unserem Revier über zweihundert Leute; mich da zu finden, könnte länger dauern. Und dann müsste er mich erst aufspüren. Ich habe privat eine Geheimnummer, und niemand aus der Zentrale würde irgendwelche Informationen über mich oder sonst jemanden herausgeben. Wenn mich jemand aus beruflichen Gründen sprechen will, ruft er hier an«, dabei tippte er auf sein Handy, »und das ist auf die Stadt angemeldet.«
    »Na schön«, gestand ich zu. »Vielleicht bin ich bei dir wirklich sicherer. Nicht sicher, aber sicherer.« Jemand wollte mich umbringen. Obwohl ich mich redlich anstrengte, den Gedanken zu verdrängen, schob sich diese düstere Erkenntnis hartnäckig immer wieder in den Vordergrund. Mir war klar, dass ich bald Initiative entwickeln musste – hm, irgendwann morgen vielleicht. Irgendwie hatte ich es fast erwartet … nein, nicht erwartet, doch ich hatte die Möglichkeit nicht ausgeschlossen …, aber den Schock über die Erkenntnis, dass tatsächlich jemand auf mich schoss, hatte ich eindeutig unterschätzt. Der kam völlig unerwartet.
    Einfach so – zack! – war mein Leben aus dem Gleis gesprungen. Ich konnte nicht mehr in meine Wohnung, ich hatte nichts mehr anzuziehen, ich hatte Schmerzen, ich fühlte mich schwach und wacklig, und ich hatte nicht die leiseste Ahnung, was aus meinem Fitnesscenter werden sollte. Ich musste mein Leben so schnell wie möglich wieder in den Griff bekommen.
    Verstohlen sah ich zu Wyatt hinüber. Er fuhr aus der Stadt hinaus; die beleuchteten Stadtstraßen lagen längst hinter uns, und sein Gesicht wurde nur noch von der Beleuchtung des Armaturenbretts erhellt. Ich musste unwillkürlich schaudern, so unnahbar wirkte er auf mich. Auch die Sache mit ihm war völlig aus dem Gleis gelaufen. Ich hatte mit aller Kraft die Notbremse gezogen, und trotzdem fuhr ich mit ihm nach Hause. Er hatte seine Chance erkannt und zugegriffen, obwohl mich das echt überraschte, nachdem er so sauer über meine Liste gewesen war.
    Wer hätte gedacht, dass ihn eine solche Kleinigkeit derart aus der Fassung bringen konnte? Ein empfindsames Kerlchen, unser braver Lieutenant. Und jetzt war ich ganz und gar seiner Gnade ausgeliefert. Niemand war da, der mich retten konnte …
    Mir kam ein schrecklicher Gedanke. »Kannst du frisieren?«
    »Wie bitte?«, fragte er, als hätte ich Französisch gesprochen.
    »Frisieren. Du wirst mich frisieren müssen.«
    Er sah kurz auf meine Haare. »Am Donnerstag hattest du einen Pferdeschwanz. Den bringe ich noch hin.«
    Okay, das war akzeptabel und wahrscheinlich am praktischsten, bis ich mich wieder selbst kämmen konnte. »Das muss genügen. Meinen Fön habe ich sowieso nicht mit. Der ist noch in meinem Auto.«
    »Ich habe deine Tasche herausgeholt. Sie liegt hinten neben meiner.«
    Ich war so erleichtert, dass ich ihn am liebsten geküsst hätte. Die meisten Sachen aus meiner Tasche mussten natürlich gewaschen werden, aber um ganz sicherzugehen, hatte ich vor meiner Abreise eine Zusatzgarnitur

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