Die Dornen der Rose (German Edition)
bis es unter einem zusammenbrach.
So war auch Maggie. Sie würde so lange durchhalten, bis sie einfach umfiel.
Sie stapfte weiter, brachte die letzten fünfzig Meter hinter sich und rieb sich dabei die ganze Zeit mit der Hand den Arm. Sie konnte es einfach nicht ausstehen, schmutzig zu sein. »Diesen Weg entlangzumarschieren ist etwas ganz anderes, als wenn man mit einer Kutsche reist. Mein Kopf hatte das natürlich schon begriffen.« Sie seufzte. »Jetzt wissen es auch meine Füße.«
»Es geht doch nichts über eigene Erfahrungen.«
»Dafür gibt es wohl keinen Ersatz. Manch einer versenkt sich zu tief in Büchern. Sie können einen täuschen.«
»Das sehe ich auch so.« Am liebsten hätte er mit ihrer Stirn angefangen, um sie mit seiner Zunge zu glätten. Dann würde er zu ihren Augenlidern übergehen und von dort die Lippen einfach nach unten zu ihrem Mund wandern lassen. Eine Stunde lang könnte er sich so mit ihrem Gesicht beschäftigen und es Zentimeter für Zentimeter erforschen. Sie würde ganz wild auf ihn sein, ehe er noch seine Erkundungsreise an ihren Ohren fortgesetzt hatte.
Nur dass er nicht vorhatte, etwas in dieser Art zu tun. Er würde es sich einfach nur vorstellen. In allen Einzelheiten.
Maggie hangelte sich von Baumstamm zu Baumstamm, als sie die steile Böschung von der Straße zum Fluss hinunterstieg. »Ich bin mein ganzes Leben lang in dieser Gegend auf Reisen gewesen«, erklärte sie. »Aber erst jetzt habe ich sie wirklich kennengelernt. Man nimmt alles ganz anders und viel intensiver wahr.«
Der Fluss sah recht sauber aus. »Der Junge kann die Tiere trinken lassen. Sie können sich ein bisschen abkühlen. Waschen Sie sich, wenn Sie wollen.«
»Das würde ich gern.«
Dann mal los. Bespritz dich von oben bis unten mit Wasser. Mach deine Kleidung so nass, dass sie keine Geheimnisse mehr birgt. Bring den Mann hier völlig aus der Fassung .
»Ich werde ein Stück stromaufwärts gehen, damit ich nicht mit den Eseln aneinandergerate. Ich mag Esel genauso gern wie jeder andere auch, aber – ich will ganz aufrichtig sein – sie haben versucht, mich zu beißen. Es wird wohl an der Hitze liegen, dass sie so reizbar sind.«
»Die sind immer so. Die haben wirklich ein sehr gleichbleibendes Temperament, diese Tiere.«
»Zweifellos. Aber ich möchte doch behaupten, dass Unbill eine gewisse Gier nach menschlichem Fleisch bei ihnen hervorruft. Herkules wurde ausgesandt, die Rosse des Diomedes zu stehlen, die Menschenfleisch fraßen. Wussten Sie das?«
»Ich werde es mir merken, falls jemand mal versucht, mir eins zu verkaufen.«
Sie kniete sich am Wasser hin. Das Flussbett war flach und nur ein paar Meter breit, und das Wasser strömte über flache Steine, wodurch die Luft abkühlte. Anmutig hob sie die Arme, löste das Schultertuch und schwang es von ihren Schultern, sodass weiße, sehr weiße Haut zum Vorschein kam. Einzelne Sonnenstrahlen drangen durch das Laub und hauchten helle Tupfen, die wie glänzende Münzen aussahen, auf Hals und Schultern. Die Tupfen hüpften bei jeder Bewegung um die Wette und versteckten sich immer wieder auch auf den Rundungen ihrer Brüste. Ein Mann, der nicht seine hervorragende Selbstbeherrschung besaß, hätte bemerkt, dass die Tupfen keck bis zu ihren Nippeln liefen, wenn sie sich nach vorn beugte.
Sie benetzte eine Ecke ihres Schultertuches im Wasser und wusch sich damit das Gesicht. Hawker stieß zu ihnen, bedachte die beiden mit einem höchst gleichgültigen Blick und führte die Tiere stromabwärts, damit sie trinken konnten.
»Bis zum Nachmittag wird die Straße trocken sein. Dann kommen wir besser voran.« Doyle suchte sich einen flachen, großen Stein und setzte sich darauf, um zu beobachten, was Maggie als Nächstes tun würde. Die Frau hatte immer noch ziemlich viele Sachen an.
Er selbst hatte vor über einer Stunde seine Jacke ausgezogen und sie auf Dulces Rücken gelegt, sodass er nur noch sein Hemd trug, das bis zur Mitte der Brust offen stand. Manch ein Mann hätte dadurch ein wild-romantisches Bild abgegeben. Er aber nicht. Er war dafür viel zu muskulös. Und auch viel zu behaart. Nicht einmal ohne seine Narbe wäre er gut aussehend gewesen. Sein Vater hatte ihn immer gern als »dieses haarige kleine Matschferkel« bezeichnet. Das Verhältnis zwischen ihnen beiden war nicht besonders gut gewesen.
Keine Jacke bedeutete, dass er nichts weiter bei sich hatte als das zehn Zentimeter lange Schlachtmesser in seiner Weste und ein Wurfmesser,
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