Die Dornen der Rose (German Edition)
die sich als sehr wendig erwiesen. LeBreton ging an einem Dutzend Männer vorbei und blieb vor Shandor stehen.
» Sastipe «, begrüßte LeBreton ihn in der Sprache der Roma. »Guten Morgen. Heißer als in der Hölle heute, was?« Er sagte noch ein bisschen mehr in einer Sprache, in der sich wohl die Zigeuner unterhielten, und wartete. Er pfiff zwar nicht vor sich hin oder drehte Däumchen, doch er strahlte entspanntes Selbstvertrauen aus.
Die Männer antworteten ihm in der Romasprache und auf Französisch. Alle stimmten zu, dass es sehr heiß sei. Ja, heiß wie in den tiefsten Tiefen der Hölle. Ja, man sei gut beraten, sich eine Stunde im Schatten auszuruhen.
Es hätte sie eigentlich nicht überraschen dürfen, dass LeBreton ein paar Worte Roma beherrschte. Er war wohl häufiger in seinem Leben gestrauchelt und hatte zweifellos ein interessantes Leben geführt.
Die Großmutter legte ihr Messer weg und kletterte vom Wagen. Dann humpelte sie nach vorn und verhielt sich wie jemand, den man besser nicht unterschätzte. LeBreton holte einen Tabakbeutel aus Dulces Satteltasche, zog ihn auf und bot allen der Reihe nach an, wobei er bei der alten Frau anfing. Adrian ging währenddessen mit den Eseln zum Wasser. Innerhalb von einer Minute hatte er ein Dutzend halbwüchsiger Jungen um sich geschart. Mit seiner zerlumpten Kleidung und den dunklen Haaren sah er aus, als würde er zu ihnen gehören. Einer von diesen Jungen war es gewesen, der ihr letzte Nacht Krähes Nachricht überbracht hatte.
Dulce schubste einen der Jungen ins Wasser.
Shandor und LeBreton ließen das bedeutsame Thema des heißen Wetters hinter sich und gingen dazu über, dass diese Esel in der Tat missgelaunte Kreaturen seien – aber doch so schön. Vielleicht könne Shandor die beiden ja übernehmen und gegen ein gutes Pferd oder zwei tauschen.
Alles lachte. Shandor ließ sich von einem kleinen Jungen, der sofort losrannte, seine Pfeife holen und nahm sich eine großzügige Portion vom Tabak. Er und LeBreton teilten sich ein Zündholz und ließen es zwischen sich hin- und hergehen. Keiner beachtete sie währenddessen, denn es ging hier schließlich um Männerangelegenheiten … wenn man sich über das Wetter, Esel und Pferde austauschte und gemeinsam das Rauchen genoss.
LeBreton war die Friedfertigkeit und Freundlichkeit in Person. Sie traute ihm nicht, wenn er sich so gab. Na ja, sie traute ihm eigentlich nie … egal, wie er sich gab.
Sie raffte ihre Schürze und steckte sie anschließend im Rockbund fest, ehe sie sich geschmeidig auf ein Knie niederließ. Sofort wurde sie von etlichen Kindern umringt: dunkeläugigen Jungen, einem Mädchen, das seine halb so große Schwester auf der Hüfte trug, zwei Kleinkindern, die sich noch kaum auf den Beinen halten konnten, und einem kessen, bildhübschen Mädchen von sechs oder sieben Jahren, das goldene Armreifen und Ohrringe trug.
Sie waren entzückend, keck und schüchtern zugleich. Sie sprachen kein Französisch und auch keine andere Sprache, in der sie sich hätten verständigen können. Sie kicherten, als sie nacheinander auf die Kinder zeigte und versuchte, ihre Namen zu wiederholen. Alle liefen barfuß herum wie die Kinder in den kleinen Bauernkaten, wirkten jedoch gesünder. Kräftige kleine Körper voller Energie und Lebensfreude.
»Marguerite.« Sie klopfte sich auf die Brust. Und dann sagte sie: »Maggie«, weil LeBreton sie so nannte und sie sich allmählich daran gewöhnte.
Sie brachte diese kumpania und diese Kinder immer wieder in Gefahr. Sie schickte arrogante, undankbare Männer zu ihnen, die sich in ihren Wagen versteckten, ihr Essen verspeisten und unhöflich zu ihren Müttern und Schwestern waren. Sogar jetzt versteckten sich nur ein paar Meter weiter Spatzen in den Wagen. Oder sie hatten Zigeunerkleidung an und pflückten zusammen mit den Frauen Beeren.
Ich bringe diese wunderschönen Kinder in Gefahr, um in Ungnade gefallene Politiker zu retten und irgendeine Marquise von Soundso . Es machte wirklich keinen Spaß, diese Dinge zu entscheiden.
Shandor paffte an seiner Pfeife. »Wir wurden bei Vaucresson aufgehalten. Die Straße war in einem schlechten Zustand, aber wenn man sich ein bisschen südlich hält …«
LeBreton ging ebenso beiläufig darauf ein, ganz als wäre die Rede nur von überschwemmten Straßen und nicht von Patrouillen, die zur Gefahr werden konnten. »Ich habe gehört, in Bois d’Arcy sollen die Straßen auch sehr schlecht sein. Nur gerüchteweise.«
Ein
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