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Die Dornen der Rose (German Edition)

Die Dornen der Rose (German Edition)

Titel: Die Dornen der Rose (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Bourne
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Nicken bestätigte dies; ergänzt durch ein paar Worte, die die Überquerung der Seine bei Saint-Cloud einflochten. Zehn Worte, um mitzuteilen, dass die Straße nach Versailles voller Truppen war und ein kluger Mann einen anderen Weg einschlagen würde, egal wie viel Zeit ihn das kostete. Das war Krähe. Er half ihr, so weit es in seiner Macht stand, indem er LeBreton half.
    »… aber heute ist bestimmt ein vom Schicksal begünstigter Tag.« Shandor zog an seiner Pfeife und atmete den Rauch wieder aus. »Ich will Ihnen sagen, was ich heute Morgen gesehen habe. Ich sah einen Silberreiher, der ganz schnell von einem Feld abhob.« Er bewegte die Arme, als würde er mit Flügeln schlagen. »Nur ein paar Zentimeter hinter ihm waren zwei Füchse, aber er konnte entkommen. Er flog über meinen Wagen und dann Richtung Caen. Das muss doch ein Zeichen sein.«
    Shandor teilte mit, dass der Silberreiher bedroht worden war, aber hatte flüchten können. Ihr Netzwerk war von Paris bis zur Küste gefährdet. Ihre Leute mussten flüchten, neue Namen annehmen, neue Zwischenstationen einrichten. Alle, die noch die alten Stellungen hielten, mussten gewarnt werden.
    Die Kinder drängten näher an sie heran, berührten ihren Zopf und das weiße Schultertuch, das sie um den Hals trug. Es war von minderer Qualität, aber trotzdem feiner gewebt und sauberer als das, was ihre Mütter trugen.
    In der Tasche unter ihrem Rock steckte immer noch ein langer roter Faden. Der würde für sie sprechen. Sie wickelte den Faden auf und verknotete die Enden miteinander, um mit den Fingern dann daraus die Katzenwiege zu schlingen.
    Sie haschte damit nach dem Handgelenk des kleinen Mädchens. Kichernd riss das Mädchen seine Hand zurück. Die Zigeuner unterhielten ihre Kinder abends am Feuer mit solchen Fadenspielen. Die Kleinen hier kannten alle das Spiel.
    Sie warf ihr Netz nach einem anderen Kind aus. Einige konnte sie fangen. Andere waren schneller als der Blitz. »Man muss sehr schnell sein, um zu entwischen.« Sie hob die Stimme. »Man muss weglaufen, sonst wird man gefangen. Seht her. Ich gehe in diese Richtung und ihr in die andere.« Das war ihre Antwort für Krähe. Er sollte weiterziehen und sie würde nicht mitkommen.
    Sie sah, dass er ihre Worte hörte und verstand.
    »Wir haben ein Sprichwort.« Shandor spielte jetzt den weisen Patriarchen der Zigeuner. »Die Spatzen fliegen nach Westen, aber die Roma reisen durch die ganze Welt. Wer weiß schon, wohin es uns als Nächstes zieht? Vielleicht kehren wir nach Paris zurück. Auch in harten Zeiten gibt es Arbeit in Paris.«
    Nein, Shandor. Nicht für dich. Nicht mehr.
    Sie knüpfte ein letztes Mal ein kompliziertes Muster aus dem Faden. Eine Drehung … und es entstand eine Leiter. Eine erneute Drehung … und es wurde ein Netz daraus. Dann eine kurze Bewegung und wie von Zauberhand erschien ein Netz, das tanzte und sich veränderte. Sogar die Männer hörten auf sich zu unterhalten, um zuzusehen.
    »Und dann …« Sie ließ eine Schlinge fallen und öffnete die Hände. Das Bild fiel in sich zusammen. Sie hielt nur noch einen schlaffen Faden in der Hand. Die Kinder gaben enttäuschte Laute von sich. »Es ist Zeit, aufzuhören. Hören wir lieber auf, ehe der Faden reißt und alles kaputtgeht. Einmal wird noch gespielt, dann gehen wir und fangen nicht wieder von vorn an.«
    Auf diese Weise sagte sie Krähe, dass er nicht nach Paris zurückkehren sollte. Die Wagen waren, nachdem man sie verraten hatte, viel zu leicht zu erkennen. Krähes Part bei La Flèche war vorbei. Sie würde diese Kinder nicht wieder in Gefahr bringen. Nicht einmal, um hundert Spatzen zu retten.

9
    Paris
    La Maison de la Pomme d’Or
    Madame ließ erst auch das letzte Papier in der Untertasse zu Asche verbrennen, ehe sie wieder sprach. »Er heißt William Doyle. Er ist vor zehn Tagen in Frankreich an Land gegangen. Er ist schlau, kompetent und sehr gefährlich. Er ist hergekommen, um den Morden in England ein Ende zu setzen.«
    Madames Quellen waren über jeden Zweifel erhaben. Wenn sie sagte, dass ein englischer Spion nach Frankreich gekommen war, dann war das so.
    Justine wartete schweigend, während Madame Kaffee auf die Asche in der Untertasse goss und mit der Rückseite des Löffels sorgfältig alles vernichtete, was noch irgendwie leserlich gewesen wäre.
    »Er muss in die Stadt hinein«, erklärte Madame. »Aber wann und durch welches Tor von Paris er kommt, weiß man nicht. Er könnte sogar einen Bogen um die Stadt

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