Die Dornen der Rose (German Edition)
Moment mit ihren dreisten Wünschen überspielen, sodass zwischen ihnen wieder alles gut war.
»Du musst Soulier darum bitten, dir Süßigkeiten zu kaufen. Er ist derjenige mit den immer vollen Taschen. Und jetzt ab mit dir. Ich muss mich anziehen und nach unten gehen, ehe man meine Frauen dazu bringt, sich umsonst herzugeben. Ich werde Babette zu dir schicken, damit sie dir das Haar hochsteckt, sodass sich alle jungen Männer auf den ersten Blick in dich verlieben.«
Justine tanzte ein bisschen auf der Treppe, als sie nach oben ins Dachgeschoss ging, um Séverine alles zu erzählen. Man wurde nicht alle Tage dreizehn und besuchte in Gesellschaft des Spionagechefs von Frankreich die Oper. Sie würde eine breite blaue Schärpe tragen und vielleicht Absinth in einem Café trinken, wenn Madame nicht aufmerksam genug war. Morgen würde sie dann das Hôtel de Fleurignac beobachten. Und in einer Woche würde sie vielleicht die Erlaubnis bekommen, einen englischen Spion umzubringen.
Ach, was war das Leben doch schön.
10
Sie war in Sicherheit. Da drüben, auf der anderen Seite des Flusses, war Bertilles Haus. Ein Ort der Zuflucht, der Freundschaft und eine Schulter zum Ausweinen. Mit der Aussicht auf Geld, saubere Kleidung und Hilfe, um nach Paris zu kommen. Sie konnte sich entspannen.
Marguerite erinnerte sich nicht an den Namen des Flüsschens, das sich um Bertilles Haus schlängelte, doch es war so breit, dass derjenige, der es überqueren wollte, von einem flachen Stein auf den nächsten treten musste. Man konnte aber auch einfach hindurchplanschen. Den Eseln gefiel allerdings die Vorstellung nicht, sich dabei nass zu machen.
»Es gibt hier Blutegel.« Adrian stand in der Mitte des Flussbettes und sah die beiden an. »Riesige, widerliche Blutegel, die so groß wie mein Daumen sind. Bleibt hier stehen, und sie werden sich an euch heften, um euch auszusaugen, bis ihr ganz weiß seid.« Als er nach dieser kleinen Rede wieder an den Stricken zog, setzten sie sich in Bewegung. Es war eine etwas seltsame Beziehung, die er zu den Eseln pflegte.
Bertilles niedliche kleine Steinkate lag zwischen der Werkstatt ihres Ehemannes und dem Gemüsegarten. Ein etwas windschiefer Stall befand sich erhöht am Hang. Die Seite, auf der man ins Haus gelangte, machte mit den üppig blühenden Rosen und hohen Malven einen fröhlichen Eindruck. Braune Hühner liefen über die mit Feldsteinen gepflasterten Wege und pickten alles auf, was sich bewegte.
An den Hühnern im Hof erkannte sie, dass Bertille immer noch hier war. Niemand hatte sie gewarnt. Sie musste unbedingt ihre Sachen zusammenpacken, um sich an einem sicheren Ort zu verstecken.
»Das ist Bertilles Haus.« Sie war mitteilsam gegenüber LeBreton und Adrian gegenüber auch, falls er zuhören sollte. »Und da ist die Fassbinderei. Da, wo die ganzen Fässer stehen. Sie hat einen Fassbinder geheiratet – Alain Rivière. Ein mürrischer, schweigsamer Mann, mit dem es immer lange Gesprächspausen gibt, aber Bertille mag ihn.« Bertille war ihre Kinderfrau gewesen, dann ihre femme de chambre und immer ihre Freundin.
»Und die sollen fünfzig Livres haben?« LeBreton klang skeptisch.
»Oh ja.«
Denn Bertille war die Taube, das älteste und erfahrenste Mitglied von La Flèche, eine Frau, die Hunderte von Reisen unternommen und Spatzen durch die dunklen Straßen von Paris geführt hatte. Deshalb besaß sie auch den Geldbeutel, der allen Mitgliedern von La Flèche ausgehändigt worden war. Fünfhundert Livres in Münzen. Das reichte, um sich freizukaufen, falls man gefasst wurde. Es war genug, um eine Flucht zu bezahlen, die unter Umständen bis nach England führte.
»Meine Freunde werden sich gut um mich kümmern«, sagte sie. »Und Sie bekommen Ihr Geld.«
Im Hof der Fassbinderei hinter dem hölzernen Tor stand Alains großer Karren, der nach hinten gekippt war und dessen Holme nach oben zeigten. Mit dem Karren wurden im Umkreis von mehreren Meilen Fässer zu Brennereien geschafft, die Calvados herstellten, und zu Mostereien. Er führte aber auch ein Doppelleben als geniale Versteckmöglichkeit aus falschen Fässern und hohlen Holzstapeln und hatte schon viele heimliche Fahrten an die Küste hinter sich. Auf den ersten Blick wirkte er wie ein ganz gewöhnlicher Karren, und erst wenn man ihn einer genaueren Musterung unterzog, merkte man, was er alles in seinem Innern verbarg. In dieser Hinsicht war er Bürger LeBreton nicht ganz unähnlich.
LeBreton ließ den Blick über Haus
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