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Die Dornen der Rose (German Edition)

Die Dornen der Rose (German Edition)

Titel: Die Dornen der Rose (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Bourne
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Hände wegschlug. »Und jetzt überraschen Sie mich mal. Treten Sie mir zwischen die Beine.«
    Zehn Versuche. Zwanzig. Manchmal hatte sie es auf die Augen, manchmal auf intimere Körperteile abgesehen. Mittlerweile atmete sie schwer und war äußerst entschlossen, ihm das Knie in den Unterleib zu rammen. Was ihr nicht ganz gelang. Nicht ganz.
    »Allmählich werden Sie bösartig«, stellte er fest. »Ich bin wirklich stolz auf Sie.«
    Adrian, der zugesehen hatte, hob die Hände und spendete träge Applaus. »Das war sehr amüsant. Hätte ich gewusst, dass Sie sich gerne die Augen ausstechen lassen, hätte ich Ihnen den Gefallen längst getan.«
    »Versuch’s in den nächsten Tagen doch mal.« LeBretons Hände ruhten sanft auf ihren Schultern. Es gab zwar keinen Grund, sie dort zu lassen, doch er machte keine Anstalten, sie wegzunehmen, und auch sie wich nicht zurück. Er langte an ihren Kragen, fasste die Ränder des dort eingesteckten Schultertuchs und zog es glatt. »Man muss nur wissen, wie, Maggie. Wenn Sie das nächste Mal jemand in einem Stall in die Ecke drängt, dann treten Sie ihm in die Eier.«
    Darüber musste sie schmunzeln. Dann sah sie ihm in die Augen und erkannte sich in seinen Gedanken.
    Als Kind hatte sie sich gefragt, welche Farbe Drachenaugen wohl hätten. Jetzt wusste sie es. Sie waren braun und von zweideutigen Gedanken bewegt. Gedanken, die sich so nahtlos zusammenfügten wie dieses klappbare Nachtglas.
    Guillaume LeBreton besaß Drachenaugen. Und dort befand sie sich, in seinem Verstand, im Zentrum seiner lebhaften, heißen Gedanken. Nichts und niemand auf der Welt hätte sagen können, was er dachte.
    Keiner von ihnen sagte ein Wort. Sie standen einander dicht gegenüber, und seine Hände ruhten auf ihr. Ihre unausgesprochenen Worte waren das, was hier draußen am lautesten war.
    »Wenn die Herrschaften endlich fertig sind«, meinte Adrian, »könnten sie vielleicht mal geruhen herzukommen und sich das hier anzusehen.« Er überreichte ihr, nicht LeBreton, das Nachtglas. Sie kniete sich hin.
    LeBreton schob den Busch beiseite. »Besuch.«
    Sie hob das Fernglas an die Augen und schwenkte damit durch das verschwommene Braun und Grün der Straße, bis sie die Männer entdeckte. Ja. Dann stellte sie es scharf, blinzelte und konnte alles deutlich sehen.
    Rund und glänzend wie eine Goldmünze stand die Sonne tief zu ihrer Rechten am Himmel. Das Tal war ein Becken der Stille, die in der Ferne sanft verschwamm. Vor einer Stunde waren winzige Gestalten auf einem Feld nahe dem Horizont aufgetaucht, um dort an einem Wassergraben zu arbeiten. Die Schlammhaufen zu beiden Seiten des schwarzen Schlitzes zeigten an, wo die Männer gegraben hatten … als hätten sie ein Zeichen gesetzt.
    Auf der bergab führenden Straße kamen zwei Männer und drei Pferde in Sicht und näherten sich Bertilles Haus: eine schlaksige Bohnenstange und ein großer Rüpel mit einem Verband quer über dem Gesicht, über der Stirn und einem Auge. Sie gab das Nachtfernglas an LeBreton weiter.
    »Das sind doch unsere Freunde aus Voisemont«, stellte er fest.
    »Ja.« Die rote Weste und gestreiften Hosen waren fast eine Karikatur dessen, was ein Sansculotte zu tragen hatte. Es waren die Jakobiner aus Paris, Männer mit Berechtigungsnachweisen vom Komitee für Öffentliche Sicherheit.
    Sie stiegen ab und betraten Bertilles Haus. Innerhalb weniger Minuten kamen sie mit den beiden Gardisten wieder heraus, die zum Kuhstall hinters Haus liefen und ihre Pferde nach draußen führten. Dann ritten alle vier in recht zügigem Tempo die Straße entlang.
    Bei den Feldarbeitern, die die Wassergräben aushoben, hielten die Jakobiner an. Blaue Arbeitskittel scharten sich um die Pferde. Sogar aus der Entfernung waren die abgespreizten Arme und das Kopfschütteln zu erkennen. Die Bauern hatten nichts mitbekommen. Sie waren noch nicht auf dem Feld gewesen, als Bertille und Alain in die genau entgegengesetzte Richtung davongefahren waren.
    Die vier hetzten weiter. Die Soldaten waren geschicktere Reiter als die Jakobinerbeamten.
    »Südosten«, sagte LeBreton. »Das bedeutet die Straße nach Paris.«
    Aus den Reitern wurden schwarze Punkte im braunen Dunst der Felder. Sie waren gerade noch zu erkennen. Dann machte die Straße eine Biegung, und sie waren verschwunden.
    Mit zwölf Haftbefehlen in der Tasche waren sie vom Komitee für Öffentliche Sicherheit ausgesandt worden. Sie waren gekommen, um La Flèche aufzuspüren und zu vernichten. Sie kannten

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