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Die Dornen der Rose (German Edition)

Die Dornen der Rose (German Edition)

Titel: Die Dornen der Rose (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Bourne
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Hintertreppe des Ch â teaus hochgeschlichen hatte. Der Zaunkönig, der verfolgt wurde, dessen Spatzen in Gefahr waren. Der Zaunkönig, der unbedingt Hilfe brauchte … Kleidung, Geld, Essen.
    Genau für solche Notfälle waren immer Taschen gepackt. Sie ergriff eine und dann noch eine weitere, als sie hinter sich einen Schrei hörte.
    »Nein. Oh nein.« Jeanne stand am Fenster. Jeanne, der Zaunkönig, der nie Angst hatte.
    Sie lief zu Jeanne. Fackeln woben Fäden durch die Nacht, die Straße entlang und zwischen den Bäumen. Männer strömten brüllend über den Rasen auf das Château zu. Sie schlugen mit den Fäusten an die Tür, zerbrachen Fenster. Zwei Pferde, zwei Reiter, führten den Pöbel an. Sie warf sich einen Beutel über den Rücken. Den anderen reichte sie Jeanne. »Durch die Küche. Wir gehen hinten raus.« Für mehr war keine Zeit. »Ich kümmere mich um die Spatzen. Du gehst zum Reiher. Du weißt, wohin?«
    »Zur Mühle.« Jeanne klopfte auf ihren Rock. »Ich habe ein Messer bei mir. Die erwischen mich nicht lebend.«
    »Sei nicht so theatralisch. Wenn du ihnen lebend in die Hände fällst, werde ich dich befreien.«
    Draußen brüllte einer, er wolle die De-Fleurignac-Schlampe haben. »Bringt sie her. Bringt sie mir.« Die Fackeln ließen Licht und Schatten über die Vorhänge huschen. Aus der Bibliothek stieg Rauch nach oben.
    Sie schlüpfte in Holzpantinen. In der Schublade lag ein Beutel mit Münzen. Sie warf ihn Jeanne zu, und diese fing ihn geschickt auf.
    »Marguerite!«, brüllte Jeanne plötzlich.
    Ein Mann stürzte in den Raum. Ein großer Mann mit grobschlächtigem Gesicht. Er hatte die Jacke und die gestreiften Hosen eines Sansculotten an. Ein Jakobiner. Er war bewaffnet.
    Jeanne warf sich auf ihn und schlug ihm die Pistole aus der Hand.
    Er packte Jeanne, drängte sie nach hinten und warf sie auf den Schreibtisch. Seine Hände drückten ihr die Kehle zu. In der vulgären Sprache der Pariser Gosse versprach er ihr den Tod.
    Papiere und Bücher flogen in alle Richtungen. Der Brieföffner rutschte vom Tisch und landete auf dem Boden. Das Heft aus Elfenbein hob sich matt schimmernd vom Teppich ab. Sie erspähte den Brieföffner, nahm ihn hoch und schlitzte ihm damit das Gesicht auf.
    Der Mann schrie. Jeanne wand sich unter seinem schweren Körper hervor und konnte sich befreien. Das Nachtlicht fiel vom Tisch und zerbrach. Die auf dem Boden verstreut liegenden Papiere fingen Feuer.
    Überall war Blut. Jeanne war auf die Knie gesunken und holte schluchzend Luft. Im lodernden Schein des Feuers erschien eine rote Fratze. Der Mann war wieder hochgekommen und kam taumelnd auf sie zu. Er griff nach ihr und bekam sie zu fassen. Als sie ihn wegstieß, waren ihre Hände voller Blut. Die Vorhänge gingen in Flammen auf.
    »Der Zaunkönig ist mittlerweile in England«, sagte Bertille.
    Es war helllichter Tag. Sie befand sich in Bertilles wundervollem Garten, nicht im Château. Sie schluckte und verdrängte die Erinnerungen. »Der Zaunkönig ist auf halbem Wege nach London, wie du sagst. Und du wirst auch flüchten können. Ich werde mich um den Rest kümmern.« Sie berührte Bertilles Wange. »Geh mit Gott. Möge seine schützende Hand über dir sein. Ich bin froh, dass du jetzt aus dieser Sache raus bist.«
    »Ich bin die Taube.« Die mollige, gemütliche, unbeugsame Bertille schüttelte den Kopf. »Denk dran. Ich war die Erste. Noch vor Jean-Paul, dem Zaunkönig und der Krähe. Noch ehe du mit den geheimen Zeichen, den Unterschlüpfen und den ganzen Kurieren angefangen hattest. Ich war schon da, als es nur uns zwei und den Hohlraum unter der Bank deiner Kutsche gab. Ich bin ebenso sehr La Flèche wie du.«
    »Es wäre mir lieber, wenn du dich in Sicherheit bringst.«
    » Chut . Wir machen das hier nicht, um in Sicherheit zu sein. Sobald ich mich im Haus in Bernay eingerichtet habe, werde ich Bescheid sagen. Wenn du mir keine Spatzen schickst, werde ich nach Paris kommen und sie selber herausholen.«
    »Bertille …«
    »Gleich werden wir anfangen zu heulen. Ich muss weg, ehe das geschieht.« Als Bertille das sagte, liefen ihr bereits die Tränen über die Wangen. »Pass auf deinen Riesen auf. Der ist ganz schön beeindruckend. Und, Marguerite, kämm dir um Himmels willen das Haar. Du bist eine Schande für die französischen Frauen.«
    Dann war nichts anderes mehr zu tun, als dem Karren hinterherzuschauen, als dieser knarrend und langsam hinter der Hügelkuppe verschwand.

12
    »So, dann tun wir jetzt

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