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Die Dornen der Rose (German Edition)

Die Dornen der Rose (German Edition)

Titel: Die Dornen der Rose (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Bourne
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Schnarchen zu hören, vielleicht von einem schlafenden Hund. Was eindeutig zeigte, dass einige Hunde wirklich nichts taugten, wenn es um die Bewachung eines Hauses ging.
    Den Eingang des Hauses erreichte man über den Hof des Zimmermanns. Die Tür war so massiv, dass sie sogar einem Rammbock standhalten würde. Das Fenster daneben war mit leichten Holzläden gesichert, die durch einen Riegel gehalten wurden. Himmel, man könnte meinen, es gäbe keine Diebe in dieser Stadt.
    Er holte sein Messer hervor, schob es zwischen die Läden und zog den Riegel hoch. Er hielt den Atem an, bis die Läden lautlos aufschwangen. Es dauerte nur noch Sekunden, dann war er im Haus.
    Für einen Mann, der mehrere Hundert Leute die Woche köpfen ließ, wirkte Robespierre recht sorglos, was seine eigene Sicherheit anging. Im oberen Stockwerk war das Schnarchen von fünf oder sechs Personen zu hören, an dem man erkannte, dass alle fest schliefen. Der tiefe Schlaf der Gerechten. Offensichtlich gehörte auch der Hund zu den Gerechten.
    Durch den geöffneten Laden drang Licht ins Haus. Es genügte, um sich im Zimmer umschauen zu können. Mitten auf dem Tisch aus dunklem Holz lag ein Brief. Das musste der Brief sein, den der Dienstbote von Maggies Haus hierhergetragen hatte.
    Mit einer schnellen Bewegung nahm er ihn mit, als er an dem Tisch vorbeiging. Durch die Tür zur Rechten gelangte er in die Küche, wo im Herd noch ein Feuer glühte. Er steckte ungern ein gutes Messer in ein Feuer. Die Auswirkungen auf die Schärfe der Klinge konnten verheerend sein. Aber manchmal war man im Rahmen eines Auftrags gezwungen, etwas zu tun, was man gar nicht wollte. Als die Klinge heiß genug war, öffnete er damit das Siegel des Briefes.
    Er blickte auf eine Menge schwarzes Gekritzel. Er konnte es nicht lesen. Schon bei gedruckten Texten hatte er Schwierigkeiten, aber bei verschnörkelter, französischer Handschrift war es ganz aus. Doch an der Unterschrift war zu erkennen, dass Victor den Brief geschrieben hatte.
    Sollte er ihn mitnehmen oder wieder verschließen und zurück auf den Tisch legen, sodass keiner merkte, dass jemand da gewesen war?
    Lazarus hatte ihn gern vor solche Probleme gestellt und ihm dann für die Entscheidung einen Atemzug lang Zeit gegeben. Beim zweiten Atemzug hatte Lazarus ihm eine Ohrfeige verpasst, die ihn durch das halbe Zimmer fliegen ließ, falls er zu keinem Ergebnis gekommen war.
    In einer großen, eckigen Kiste neben dem Herd lagen Bögen mit schönem Schreibpapier, das zu langen, festen Rollen zusammengedreht war. Damit zündete man Kerzen an oder trug Feuer von einem Raum in einen anderen. Das Papier war beschrieben.
    Es lag nicht nur ein beschriebener Bogen in der Kiste. Es waren viele.
    Unwillkürlich fragte man sich, wie achtlos der Haushalt hier geführt wurde. Ein mächtiger Mann lebte in diesem Haus. Wie groß war die Wahrscheinlichkeit, dass in diesen Papieren etwas Interessantes stand?
    Er stopfte sich das Papier vorne in sein Hemd. Alle zusammengerollten Bögen. Den Brief von Victor de Fleurignac. Dann kletterte er aus dem Fenster, durch das er eingestiegen war.
    Über den Hof ging er auf die Straße. So schnell wie möglich verließ er die Rue Honoré und suchte sich seinen Weg durch kleinere Straßen, bei denen man sich nicht die Mühe einer Beleuchtung machte. Er hielt sich stets in der Mitte der Straße, wo sich niemand unbemerkt auf ihn stürzen konnte, ging, ohne sich zu beeilen, durch das Dunkel der Nacht auf den Marais und das Haus mit den blauen Fensterläden zu.

28
    Marguerite wusste, wo ihr Vater zu finden war: mitten im Park, am Ende einer Pappelallee, wo eine jedem Wetter ausgesetzte Statue der nackten Diana stand, die für alle Ewigkeit in dem Moment erstarrt war, als sie einen Bogen aus ihrem Köcher zog. Hier befand sich auch ein ovalförmig angelegter Rosengarten. Sie waren einmal hierhergekommen, als Marguerite noch sehr jung war. Er hatte ihr die Theorie der Zahlenfolgen erklärt, während sie im Gras saß und heruntergefallene Rosenblätter sammelte. Sie hatte ihm von den Feen erzählt, die in den Rosenbüschen lebten. Er hatte währenddessen erklärt, wie man die Kreisbahnen der Jupitermonde berechnete.
    Er war dort und wartete zwischen den Rosenbüschen auf sie.
    »Die schlechte Nachricht erzähle ich zuerst«, sagte sie. »Man hat das Château niedergebrannt.«
    Doch einer der Dienstboten ihres Vaters – er sagte ihr nicht, welcher es war – hatte ihm diese Nachricht bereits

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