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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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und auf dem Armaturenbrett auf einen Knopf zu drücken, und schon läuft der Motor. Nicht mehr dieses verdammte Hantieren mit der Kurbel, wobei man immer hofft, daß die Kiste anspringt, bevor man total ausgepumpt ist. Also, Meghann, dies ist das echte Leben, alles, was recht ist.« »In Ruhe lassen können Sie mich wohl nicht, wie?« fragte sie. »Guter Gott, warum denn auch? Sie kommen doch mit mir mit, oder? Das heißt, daß Sie den ganzen Abend für mich da sind, und ich habe nicht die leiseste Absicht, einem andern auch nur die Spur einer Chance zu geben.« »Wie alt sind Sie, Luke?« »Dreißig. Wie alt sind Sie?« »Fast dreiundzwanzig.« »So alt schon? Sie sehen aus wie ein Baby.« »Ich bin kein Baby.«
    »Oho! Waren Sie denn schon mal verliebt?« »Einmal.«
    »Ist das alles? Mit dreiundzwanzig? Allmächtiger! In Ihrem Alter hatte ich mich mindestens schon ein dutzendmal ver- und auch wieder entliebt.«
    »Das hätte bei mir sicher auch so sein können. Nur gibt es hier auf Drogheda wenig Gelegenheit dazu. Sie sind der erste Viehtreiber, der zu mir mehr gesagt hat als nur mal schüchtern: >Hallo! <« »Nun ja, wenn Sie nicht tanzen können, dann kommen Sie sich bei Tanzvergnügungen auch total verloren vor, nicht? Aber lassen Sie nur, das werden wir bald haben. Bis zum Ende des Abends können sie garantiert tanzen, und in ein paar Wochen haben wir eine neue Meisterin.« Er warf ihr einen kurzen, prüfenden Blick zu. »Sie werden mir doch nicht erzählen wollen, daß von den Squatters von den anderen Stationen Sie keiner jemals zum Tanzen eingeladen hätte. Bei Viehtreibern, das kapier’ ich schon. Für einen gewöhnlichen Viehtreiber sind Sie ein paar Nummern zu groß. Aber was ist mit den Herren der Schafe? Da werden doch so manche ganz kräftig nach Ihnen geschielt haben.«
    »Wenn ich, wie Sie meinen, für Viehtreiber ein paar Nummern zu groß bin, wie kommt’s dann, daß Sie mich eingeladen haben?« parierte sie seine Frage.
    Er grinste. »Ach, ich bin ganz einfach rotzfrech.« Sein Grinsen vertiefte sich. »Aber bleiben wir beim Thema. Muß in Gilly doch welche gegeben haben, die Sie einladen wollten.« »Ein paar«, gab sie zu. »Aber ich hatte nie Lust dazu. Sie haben mich ja sozusagen hineingeschubst.«
    »Na, dann waren das wohl alles ziemliche Blödmänner«, sagte er. »Wenn mir was so Gutes über den Weg läuft, dann weiß ich’s und laß nicht so einfach locker.«
    Sie wußte nicht recht, ob ihr der Ton gefiel, in dem er von ihr sprach. Doch diesem Luke nahm nichts so leicht den Wind aus den Segeln. Zu einem Schurhüttentanz kamen alle, die
    Söhne und die Töchter der Squatters, die Viehtreiber, mit ihren Frauen, falls sie welche hatten, die Dienstmädchen, die Gouvernanten, auch Städter und Städterinnen jeglichen Alters. Dies war, um nur ein oder zwei Beispiele zu nennen, für Lehrerinnen etwa die Gelegenheit, Bankangestellte kennenzulernen oder auch diesen oder jenen Vieh- und- Stations-Agenten - so nannten sie sich wirklich -, und überhaupt Kontakte herzustellen zwischen Menschen, die zwar im selben Distrikt, aber doch unendlich weit auseinander lebten. Es war die Chance für die sogenannten Bushies, die Leute aus dem Busch, einmal aus ihrer Abgeschiedenheit herauszukommen. Anders als bei anderen, mehr offiziellen Anlässen, wurde hierbei ganz und gar nicht auf Förmlichkeit gehalten. Aus Gilly kam der alte Mickey O’Brien, um auf seiner Fiedel zu spielen, und es fand sich immer jemand, der ihn dabei auf dem Klavier oder der Ziehharmonika begleitete, oder eigentlich waren es stets mehrere, die einander als Begleiter des alten Mickey ablösten, während er selbst, der alte Fiedler, auf einem Faß oder auf einem Wollballen saß, Stunde um Stunde, ohne auch nur eine einzige Ruhepause einzulegen. An seiner herabhängenden Unterlippe sammelte sich regelmäßig Speichel, richtiggehender Sabber, wenn man so wollte, und der Grund dafür war, daß der alte Mickey sich nicht die Zeit zum Schlucken nahm, weil ihn das aus dem Takt brachte.
    Aber das Tanzen hier war ganz anders, als Meggie es damals bei Mary Carsons Geburtstagsparty gesehen hatte. Ein kraftvolles, vitales Sichaustanzen, sogenannte Round-Dances: Jigs, Polkas, Mazurkas, Reels und ähnliches mehr, wobei die Partner einander höchstens flüchtig bei den Händen berührten oder der Mann das Mädchen wild und rauh herumschwenkte. Eine verträumte oder gar intime Atmosphäre entstand dabei nicht. Solche Dinge reservierte man besser

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