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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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würde Luke dem Zucker treu bleiben.
    Wenn ihn überhaupt etwas davon abbringen konnte, so wohl nur das Baby, das Meggie ihm schenken wollte: der Erbe für den Besitz bei Kynuna, den sie erst noch würden kaufen müssen.
    Und so kehrte sie also nach »Himmelhoch« zurück und wartete und hoffte. Bitte, bitte, gib doch, daß ein Baby kommt! Das wäre eine Lösung für so vieles, vielleicht für alles. Ja, ja, ich möchte doch so gern ein Baby haben!
    Ihre Hoffnung war nicht vergeblich. Als sie es Anne und Luddie sagte, zeigten sich beide kaum weniger glücklich, als sie selbst es war. Luddie konnte jetzt sogar beweisen, daß er sich - für einen Mann recht ungewöhnlich - auf weibliche Handarbeiten verstand, unter anderem aufs Sticken. Und während er schon dieses und jenes Stück der Babyausstattung in Angriff nahm, machten Meggie, die sich in puncto Handarbeiten keiner großen Fähigkeiten rühmen konnte, und Anne bis in alle Einzelheiten Pläne für ein Kinderzimmer. Das Baby - irgendwie schien es nicht so in ihrem Leib zu liegen, wie es eigentlich hätte liegen sollen. Die Morgenübelkeit legte sich auch am späten Vormittag noch nicht, oft genug hielt sie den ganzen Tag über an. So schlank und leichtgewichtig Meggie immer gewesen war, jetzt schienen sich alle ihre Gewebe mit Flüssigkeit vollzusaugen, sie quoll auf und litt sehr darunter. Ihr Blutdruck erklomm Höhen, die Doc Smith nicht wenig beunruhigten. Zuerst wollte er sie auf der Stelle bis zu ihrer Entbindung in das Hospital in Cairns einweisen. Doch dann überlegte er sich die Sache noch einmal. In Anbetracht ihrer Situation, so fand er, war es doch wohl besser, wenn sie bei guten Freunden wie Luddie und Anne Müller blieb, die sie liebten und sie umsorgten. Allerdings: Spätestens drei Wochen vor ihrer Niederkunft mußte sie nach Cairns, da half nun alles nichts. »Und sorgen Sie dafür, daß ihr Mann sie besuchen kommt«, knurrte er Luddie an.
    Meggie hatte Luke sofort von ihrer Schwangerschaft geschrieben, und die Erwartungen, die sie damit verknüpfte, durften wohl als typisch weiblich gelten. Mochte er ursprünglich auch kein Kind gewollt haben, die einfache Kraft der Tatsachen würde ihn gewiß grundlegend umstimmen, meinte sie. Doch sein Antwortbrief zerstörte ihre Illusionen. Luke war vor Wut außer sich. Die Sache liefe doch nur darauf hinaus, daß er jetzt zwei hungrige Mäuler zu füttern haben würde. Für Meggie war das eine bittere Pille. Doch sie schluckte sie, ihr blieb gar keine Wahl. War es zuvor hauptsächlich ihr Stolz gewesen, der sie an Luke fesselte, so bildete nun das Kind, das sie erwartete, ein weiteres Band zwischen ihm und ihr. Sie fühlte sich krank, hilflos und ungeliebt. Nicht einmal das Baby liebte sie. Es hatte nicht empfangen werden wollen und wollte jetzt nicht geboren werden. In ihrem Leib spürte sie deutlich, wie es sich gegen das Leben wehrte. Gern wäre sie nach Gillanbone gereist und hätte dort unten im Süden entbunden, in der Nähe ihrer Familie.
    Aber Doc Smith legte ganz entschieden sein Veto ein. Eine
    Reise über dreitausend Kilometer, die mindestens eine Woche dauerte? Das bedeutete mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, daß sie das Baby verlieren würde, selbst wenn sie zwischen den einzelnen Etappen der Reise mehr oder minder lange Pausen einlegte. Meggie war tief enttäuscht, doch sie fügte sich. Natürlich fügte sie sich. Sie würde nie etwas tun wollen, was das Kind gefährdete. Doch je mehr Zeit verging, desto mehr welkte in ihr der Wunsch, endlich jemanden zu haben, den sie lieben konnte und der sie liebte. Immer drückender wurde für sie die Last des Inkubus-Kindes. Doc Smith begann davon zu sprechen, sie früher als ursprünglich geplant nach Cairns zu bringen. Ihr Blutdruck war »widerspenstig«, wie er es nannte, er murmelte etwas von Toxämie, Eklampsie und anderem mehr, Wörter, die so beängstigend und unheildrohend klangen, daß Anne und Luddie Müller meinten, es wäre vielleicht wirklich besser, wenn man Meggie ins Krankenhaus brachte, obwohl sie beide sich doch so sehr wünschten, daß das Kind auf »Himmelhoch« zur Welt käme.
    Ende Mai waren es bis zur Entbindung noch etwa vier Wochen, vier Wochen, bis sie diese Last, dieses undankbare Kind loswerden würde. Sie fing an, es zu hassen, jenes Wesen, das sie sich so sehr gewünscht hatte, ehe sie entdecken mußte, welch eine Pein und Plage es doch für sie bedeutete. Wie hatte sie nur annehmen können, Luke werde sich auf

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