Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
Vom Netzwerk:
gefallen, der für das Land wirklich von Nutzen gewesen wäre. Doch an diesem Tag ballten sich am Himmel urgewaltige dunkle Wolken, rissen dann auf und schütteten dreißig Zentimeter Regen auf die durstige Erde. Zwei oder drei Zentimeter Regen, das ist bei einer Dürre oft wirklich nur ein Tropfen auf einen heißen Stein, jedenfalls wenn nichts weiter nachfolgt. Doch dreißig Zentimeter, das bedeutet Gras. Meggie, Fee, Bob, Jack, Hughie und Patsy standen auf der Veranda und sahen zu, wie es herabgoß durch die Dunkelheit. Und sie genossen den unbeschreiblichen süßen Geruch des Regens auf der durstigen, zerbröckelten Erde. Pferde, Schweine, Schafe. Rinder stemmten ihre Beine in den unter ihnen gleichsam dahinschmelzenden Boden und ließen ihre zuckenden Leiber vom Wasser überfluten. Die meisten Tiere waren zu jung, um so etwas je erlebt zu haben. Auf dem Friedhof schwemmte der Regen den Staub fort und spülte alle Verkrustungen von den gebreiteten Flügeln des Botticelli-Engels. Im Creek gab es eine richtige Flutwelle, und das Dröhnen des dahinjagenden Wassers mischte sich mit dem harten Trommeln des unablässig fallenden Regens. Ja, Regen, Regen! Es war, als ob eine gigantische Hand jetzt jenen Segen erteilte, der den Menschen und den Tieren und nicht zuletzt dem Land aus unerforschlichen Gründen so unendlich lange vorenthalten worden war. Der Regen, der wunderbare, gesegnete Regen: Regen bedeutete Gras, und Gras bedeutete Leben.
    Wie hellgrüner Flaum begann es, den Erdboden zu überziehen. Fast zaghaft lugten zuerst die winzigen Halme hervor und wuchsen dann rasch und immer rascher, und je höher das Gras wuchs, desto dunkler wurde es, bis es sich, kniehoch inzwischen, in jenes Gras verwandelte, das typisches Drogheda-Gras war: Silber-Beige. Die Home Paddock sah aus wie ein Weizenfeld, über das mutwillig der Wind hinstrich, und in den Gärten gab es geradezu eine Explosion von Farben. Überall sah man schwellende, aufbrechende Knospen, und selbst der Geister-Eukalyptus, über viele Jahre hinweg wie völlig von Staub umhüllt, wurde nun wieder zum altvertrauten Weiß und Lindgrün. Aber mochte nicht nur der GeisterEukalyptus, sondern praktisch alles grau und braun gewesen sein vor Staub, eines hatte sich immerhin bewahrheitet: Den vielen einst von Michael Carson angelegten Wassertanks verdankte es zumindest die Homestead von Drogheda, daß eine zehnjährige Dürreperiode überdauert worden war.
    Bob, Jack, Hughie und Patsy ritten hinaus auf die Koppeln und beratschlagten, wie und wo man damit anfangen sollte, den Viehbestand zu vergrößern. Fee verbannte bei ihrer Buchführung energisch die rote Tinte: die würde sie hoffentlich nicht so rasch wieder brauchen. Was Meggie betraf, so ließ sich absehen, daß ihr Leben im Sattel nun ein Ende fand. Es konnte nicht allzulange dauern, bis Jims nach Hause kam und Männer auftauchten, die auf der Station nach einem Job suchten.
    Nach den vielen Dürrejahren war der Viehbestand ganz unglaublich zusammengeschrumpft, doch man hatte alles getan, um sich die für die Zucht wertvollsten Tiere zu erhalten. Sie befanden sich in Verschlagen und wurden sorgfältig gefüttert, die Schafböcke und die Bullen, von denen man sich am meisten versprach. Bob fuhr nach Osten zum oberen Teil der Western Slopes, und dort, wo die Stationen von der Dürre nicht so hart getroffen worden waren, kaufte er Mutterschafe. Jims kehrte heim nach Drogheda. Acht Viehtreiber wurden eingestellt. Meggie konnte ihren Sattel an den Nagel hängen. Bald darauf erhielt sie einen Brief von Luke, den zweiten, seit sie ihn verlassen hatte.
    »Wird jetzt nicht mehr lange dauern, schätze ich«, schrieb er. »Noch ein paar Jahre im Zuckerrohr, und ich hab’s geschafft. Mein verflixter Rücken will zwar nicht mehr ganz so wie früher, aber ich halte immer noch mit den Besten mit und schneide so meine acht bis neun Tonnen pro Tag. Der Rubel rollt, und wir können kaum soviel Zucker produzieren, wie die in Europa haben wollen. Arne und ich haben jetzt noch zwei Gruppen, die für uns schneiden, alles Prachtburschen. Ich verdiene über fünftausend Pfund pro Jahr, und das meiste davon spare ich. Wird nun nicht mehr lange dauern, Meg, bis ich draußen bei Kynuna bin. Und wenn ich alles richtig in Reih und Ordnung habe, vielleicht hast Du dann Lust, wieder zu mir zu kommen. Habe ich Dir das Kind gegeben, das Du haben wolltest? Komisch, wie Frauen doch so wild auf Kinder sind. Das war es wohl auch, was zum Bruch

Weitere Kostenlose Bücher