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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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noch nie vom Burenkrieg erzählen hören?
    Du bist doch oft genug in Wahine, höre also nächstes Mal hin. Will mir sowieso scheinen, daß die verfluchten Engländer die Anzacs als Kanonenfutter verheizen. Überall, wo es ihnen zu gefährlich ist, ihre eigenen kostbaren Truppen einzusetzen, müssen die Neuseeländer und die Australier ran. Man braucht sich ja nur klarzumachen, wie dieser Säbelrassler, dieser Churchill, unsere Leute in ein so sinnloses Unternehmen wie das bei Gallipoli geschickt hat! Von fünfzigtausend nicht weniger als zehntausend gefallen! Viel schlimmer kann so etwas wohl nicht sein. Warum solltest du wohl für die alte Mutter England in den Krieg ziehen? Was hat sie je für dich, für uns getan? Ihre Kolonien hat sie ausgeblutet. Das allerdings, ja, darauf versteht sie sich. Angenommen, du gehst nach England, was meinst du wohl, was dich dort erwartet? Daß man dich ganz von oben herab ansieht, weil du ja ein >Kolonialer< bist. En Zed - unser Neuseeland - ist nicht in Gefahr und Australien auch nicht. Und der alten Mutter England könnte es ganz gewaltig guttun, wenn sie eine Schlappe hinnehmen müßte - es wird höchste Zeit, daß ihr jemand heimzahlt, was sie an Irland verbrochen hat. Ich jedenfalls würde bestimmt keine Tränen vergießen, wenn am Ende der deutsche Kaiser in London einmarschiert.« »Aber Daddy, ich will mich melden!«
    »Du kannst alles wollen, was du willst, Frank. Bloß tun wirst du’s nicht, also vergiß das Ganze lieber. Du bist noch nicht groß genug, um Soldat zu sein.«
    Frank wurde glutrot, seine Lippen preßten sich zum schmalen Strich. Seine kleine Statur war für ihn ein wunder, ein sehr wunder Punkt. In der Schule hatte er immer zu den Kleinsten in seiner Klasse gehört, was nichts anderes bedeutete, als daß er sich eben deshalb zweimal so oft prügeln mußte wie andere. Seit einiger Zeit quälten ihn fürchtbare Zweifel ob er denn überhaupt noch wachsen werde. Denn er war jetzt, mit siebzehn, praktisch noch genauso groß, wie er mit vierzehn gewesen war: so um die einssechzig. Und nur er wußte und konnte wissen, welche Folter dies für Körper und Seele bedeutete - sich strecken und recken, ohne Erfolg; die unablässigen Leibesübungen, ein offenbar hoffnungsloses Unternehmen. Im Verhältnis zu seiner Größe besaß er wahrhaft außergewöhnliche körperliche Kräfte, was er seiner Arbeit als Schmied verdankte. Paddy hatte diesen Beruf sehr bewußt für ihn gewählt, denn er schien genau zu Franks Temperament zu passen. In der Tat hätte Paddy keine bessere Wahl treffen können. Frank war ein Bündel gebauter Kraft. Noch nie hatte er bei einer Schlägerei den kürzeren ziehen müssen, und bereits jetzt genoß er auf der ganzen Taranaki-Halbinsel einen beträchtlichen Ruhm. Beim Kampf brach alles Aufgestaute, Zurückgedämmte aus ihm heraus: Zorn, Enttäuschung, Minderwertigkeitskomplexe. Und dies im Verein mit seiner ungeheuren Körperkraft, seiner Schnelligkeit und Wendigkeit, seiner erbarmungslosen Härte und seinem unbeugsamen Willen machte ihn selbst für die größten und stärksten Burschen in der ganzen Gegend unbesiegbar.
    Je größer und stärker sie waren, desto mehr verlangte es ihn danach, sie vor sich im Staub zu sehen. Seine Altersgenossen gingen ihm nach Möglichkeit aus dem Weg, denn sie kannten seine Aggressivität. Aber mit ihnen gab er sich auch kaum noch ab. Er suchte Gegner, die aus anderem Holz geschnitzt waren, die eine wirkliche Herausforderung für ihn bedeuteten.
    Noch immer sprachen die Männer in Wahine und Umgebung von dem Tag, an dem er Jim Collins zusammengeschlagen, wirklich übel zugerichtet hatte. Und Jim Collins, zweiundzwanzig Jahre alt, maß immerhin um die einsneunzig und konnte ein Pferd hochheben. Mit gebrochenem linken Arm und angeknackten Rippen kämpfte Frank, bis Jim Collins als schluchzende Masse aus blutigem Fleisch zu seinen Füßen lag, und dann mußte er noch mit Gewalt davon abgehalten werden, das zerschlagene Gesicht seines Gegners mit Tritten in Brei zu verwandeln. Kaum waren der gebrochene Arm und die angeknackten Rippen wieder geheilt, tauchte Frank in Wahine auf - und hob ein Pferd hoch: nur um zu beweisen, daß Jim nicht der einzige war, der das konnte, und daß es dabei keineswegs auf die Körpergröße ankam.
    Paddy wußte sehr genau, welchen Ruf sein Sohn genoß, und er begriff auch, weshalb Frank einen so erbitterten Kampf führte, um sich überall Respekt zu verschaffen. Das hielt ihn jedoch nicht

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