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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel
Autoren: Colleen McCoullough
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Straße stehen und erzählte ihm, was passiert war. Er mobilisierte ein paar Burschen in der Kneipe, und zusammen warfen wir dann alle Ithaker in den großen Pferdetrog, die Weiber auch, und kippten so Zeug zum Schafe-Desinfizieren auf sie drauf. Und dann ging ich zu Schwester Agatha in die Schule, und als die hörte, was ich ihr zu erzählen hatte, kriegte sie beinahe einen Schlaganfall, weil sie von der Schweinerei noch gar nichts gemerkt hatte. Na, sie zog das Ithaker-Gör von seinem Platz hoch, um mal einen Blick auf das Haar zu werfen, und da hatten wir die Bescherung, Läuse noch und noch. Sie schickte das Mädchen nach Hause und sagte ihr, sie solle sich erst wieder blicken lassen, wenn ihr Kopf wieder richtig sauber wäre. Als ich dann ging, waren Schwester Agatha und Schwester Declan und Schwester Catherine dabei, sich die Köpfe von allen Schülern anzusehen, und es waren eine ganze Menge verlauste darunter. Und weißt du, was? Die drei Nonnen fingen an, sich wie verrückt zu kratzen, wenn sie meinten, daß keiner weiter guckte.« Er grinste bei der Erinnerung. Dann fiel sein Blick wieder auf Meggies geschorenen Kopf, und er wurde sofort ernst. Grimmig starrte er sie an. »Was dich betrifft, junge Lady, so ist Schluß mit den Ithakern. Du brauchst überhaupt niemand sonst, du hast ja deine Brüder. Wenn die dir nicht genügen, ist das dein Pech.
    Du, Bob, achtest mir darauf, daß Meggie in der Schule außer mit euch mit keinem was zu tun hat, verstanden?« Bob nickte. »Ja, Daddy.«
    Am nächsten Morgen erfuhr Meggie voll Schrecken, was man von ihr erwartete: daß sie zur Schule ging, genau wie sonst. »Nein, ich kann nicht, ich kann nicht!« jammerte sie und preßte die Hände wie schützend gegen den Schädel. »Mum, Mum, so kann ich doch nicht zur Schule gehen - zu Schwester Agatha!« »Oh, doch, du kannst«, erwiderte ihre Mutter und ignorierte Franks bittenden Blick. »Das wird dir ein Denkzettel sein.« Also blieb Meggie keine Wahl, und sie ging, mit schleppenden Füßen, ein braunes Tuch um den Kopf. Zum Glück beachtete Schwester Agatha sie überhaupt nicht, aber in der Pause rissen ihr dann einige Mädchen das Tuch vom Kopf, um zu sehen, was für ein Geheimnis sich darunter versteckte. Meggies Gesicht wirkte trotz der Bläschen kaum entstellt, doch der Kopf bot einen recht häßlichen Anblick.
    Aus einiger Entfernung sah Bob, was vor sich ging, und er war im Handumdrehen zur Stelle und führte seine Schwester zum sogenannten Kricketplatz, wo er eine leidlich ruhige Ecke für sie fand. »Kümmere dich nicht weiter um die«, sagte er rauh. Unbeholfen band er ihr wieder das Tuch um den Kopf, gab ihr dann einen Klaps auf die Schultern. »Gemeines Volk! Ich hätte ein paar von den Dingern in deinem Haar fangen und aufheben sollen - da würde ich jetzt, wenn’s keiner merkte, ein paar von diesen Hohlköpfen mit besiedeln.«
    Auch die anderen Clearys kamen und hielten bei ihrer Schwester Wache, bis es wieder zum Unterricht läutete.
    Teresa Annunzio ließ sich nur kurz während der Mittagspause auf dem Schulhof sehen. Ihr Kopf war rasiert. Sie versuchte, sich auf Meggie zu stürzen, doch die Jungen hielten sie mühelos zurück. Teresa gab es auf, aber nicht ohne eine Geste, die so mysteriös und so faszinierend war, daß jeder der Jungen sie sich sorgfältig für künftige Gelegenheiten vormerkte: Mit geballter Faust krümmte Teresa den rechten Arm empor und klatschte dann mit der linken Hand bedeutungsvoll auf jene Stelle, wo zumindest theoretisch ihr Bizeps war.
    »Ich hasse dich!« schrie Teresa. »Mein Dad muß aus dem Distrikt wegziehen wegen dem, was dein Dad ihm getan hat!« Sie drehte sich um und lief heulend vom Hof.
    Meggie hielt sehr bewußt ihren Kopf hoch, und niemand sah in ihren Augen auch nur eine einzige Träne. Sie war dabei, Erfahrungen zu sammeln, und eine dieser Erfahrungen schien zu besagen: Es kommt nicht darauf an, wie andere über dich denken, nein, ganz und gar nicht! Die übrigen Mädchen mieden sie, teils weil sie vor Bob und Jack Angst hatten, teils weil ihre Eltern es ihnen befohlen hatten. Inzwischen wußte man nämlich Bescheid: fand bestätigt, was ohnehin feststand -, daß es nur von Übel sein konnte, sich näher mit den Clearys einzulassen. Und so verbrachte Meggie die letzten Schultage »in Coventry«, wie man es nannte, wenn jemand praktisch in Acht und Bann getan war. Selbst Schwester Agatha schloß sich der neuen Kollektivhaltung an und ließ ihre Wut jetzt, statt
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