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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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Schauspielerin.«
    »Was!?«
    »Ja, du hast schon richtig verstanden - Schauspielerin.«
    »Lieber Himmel!« Wieder unterbrach Meggie ihre Arbeit. »Hör mal, Justine, faß das bitte nicht falsch auf, ich möchte deine Gefühle in gar keiner Weise verletzen, aber glaubst du, daß du dafür die ... die entsprechenden körperlichen Voraussetzungen mitbringst?«
    »Oh, Mum!« sagte Justine wie angewidert. »Ich will kein
    Filmstar werden, sondern eine Schauspielerin! Wackeln mit Busen und Hintern, Schmollmündchen? Nein, wirklich nichts für mich! Ich will richtige Rollen spielen!« Sie legte entfettete Stücke Rindfleisch ins Pökelfaß. »Genügend Geld, um davon während eines Studiums oder einer Ausbildung leben zu können, habe ich doch, nicht wahr?« »Ja, dank Kardinal de Bricassart.«
    »Dann gibt’s weiter keine Probleme. Ich werde bei Albert Jones am Culloden-Theater Schauspielunterricht nehmen, und ich habe auch schon an die Royal Academy of Dramatic Art in London geschrieben und gebeten, mich auf die Warteliste zu setzen.« »So fest entschlossen bist du also, Jussy?«
    »Ganz fest entschlossen. Schon seit langem.« Justine drückte das letzte blutige Fleischstück in die Pökellösung. Dann preßte sie mit einem demonstrativen Stoß den Deckel auf das Faß. »Endlich! Hoffentlich sehe ich in meinem Leben nie wieder auch nur einen Fetzen Corned Beef.«
    Meggie reichte ihr ein Blech mit fertig ausgestochenem Teig. »Da schieb das in die Röhre, ja? Zweihundert Grad. Also ich muß schon sagen, das ist schon eine ziemliche Überraschung für mich. Ich habe immer gedacht, daß kleine Mädchen, die Schauspielerin werden wollen, auch unentwegt schauspielern. Aber du hast eigentlich immer nur dich selbst gespielt.«
    »Oh, Mum! Da haben wir’s schon wieder. Du verwechselst Schauspielerinnen mit Filmstars. Es ist wirklich hoffnungslos mit dir.« »Ja, sind Filmstars denn keine Schauspieler?«
    »Von sehr mäßiger Qualität. Es sei denn, sie waren zuerst Bühnenschauspieler. Ich meine, selbst Laurence Olivier filmt ja ab und zu.« Auf Justines Toilettentisch stand ein Foto von ihm mit Autogramm. Meggie hatte das seinerzeit für eine typische Jungmädchenschwärmerei gehalten. Immerhin war sie davon angetan gewesen, daß ihre Tochter soviel Geschmack bewies. Die Freundinnen, die Justine gelegentlich für ein paar Tage nach Drogheda mitbrachte, hüteten als besondere Kostbarkeiten meist Bilder von Hollywood-Stars wie Tab Hunter und Rory Calhoun.
    »Ich versteh’s immer noch nicht«, sagte Meggie kopfschüttelnd. »Eine Schauspielerin!«
    Justine zuckte mit den Achseln. »Nun, wo sonst als auf der Bühne kann ich schreien und kreischen und gellen? Hier darf ich das nicht, in der Schule darf ich das nicht, nirgends darf ich das! Und, verdammt noch mal, ich schreie und kreische nun mal so gern!« »Aber was ist mit der bildenden Kunst, Jussy? Warum willst du nicht Malerin werden? Du hast doch soviel Talent!« Justine deutete auf den großen Gasherd. »Ich werde dem Küchenarbeiter sagen, daß er die Stahlflaschen auswechseln soll. Auf diesen ist nicht mehr viel Druck, aber für heute wird’s sicher noch reichen.« Sie drehte den Kopf, mitleidig musterten ihre hellen Augen Meggie. »Du bist so unpraktisch, Mum, wirklich. Und da sagt man immer, es sind die Kinder, die blind sind für die praktischen Aspekte, wenn sie einen Beruf wählen. Meinst du vielleicht, ich hätte Lust, in einer Dachkammer zu verhungern und erst nach meinem Tod berühmt zu werden? O nein! Ich möchte schon zu Lebzeiten ein wenig Ruhm genießen und mich finanziell möglichst gut stellen. Und deshalb wähle ich die Schauspielerei als Beruf und das Malen als Hobby. Nun, wie findest du das?«
    »Von Drogheda beziehst du ein regelmäßiges und sicheres Einkommen, Jussy«, sagte Meggie verzweifelt und vergaß ihren Schwur, unter gar keinen Umständen etwas davon zu verraten. »In einer Dachkammer verhungern? Nein, da brauchtest du wirklich keine Angst zu haben. Wenn du lieber malen möchtest, so steht dem nichts im Wege. Finanziell bist du dazu in der Lage.«
    Justine warf ihrer Mutter einen interessierten Blick zu. »Wieviel habe ich denn, Mum?«
    »Genug, um nie arbeiten zu müssen, falls du dazu keine Lust hättest.«
    »Wie entsetzlich langweilig! Dann würde ich am Ende vielleicht auch nur noch am Telefon hängen oder Bridge spielen - so ist das jedenfalls zum größten Teil bei den Müttern meiner Schulfreundinnen. Im übrigen würde ich viel

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