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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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war. Voll Sorge, voll Leid. Doch Frank hatte nichts vorzubringen, keine Erklärung, keine Entschuldigung, keine Rechtfertigung. Und er konnte auch nicht von seinen Schmerzen sprechen und von seiner Einsamkeit. Und schon gar nicht konnte er um Verzeihung bitten. Aber die einzige, die zählte, war seine Mutter, und ihr war noch nie der Gedanke gekommen, daß es da irgend etwas zu verzeihen gab. Während des Abends wurde der Kardinal zum Dreh- und Angelpunkt, denn er war es, der alles Auseinanderstrebende zusammenzuhalten versuchte. Das zeigte sich im Verlauf des Dinners, und das zeigte sich auch, als man dann wieder im Salon beisammensaß. Immer und immer wieder war er bemüht, Frank in die Gespräche mit einzubeziehen.
    »Bob, was ich Sie schon die ganze Zeit fragen wollte - was ist mit den Kaninchen geworden?« fragte der Kardinal. »Ich habe Tausende, wenn nicht Hunderttausende oder gar Millionen von Löchern gesehen, jedoch kaum ein Kaninchen.« »Die Kaninchen sind alle tot«, erwiderte Bob. »Tot?«
    »Ganz recht, und zwar von etwas, das sich Myxomatosis nennt. Durch die Kaninchen und die Dürrejahre war Australien so gegen 1947 als Hauptproduktionsland ziemlich erledigt. Und wir, wir waren ganz einfach verzweifelt«, erklärte Bob. Es schien, daß er sich immer mehr erwärmte für dieses Thema, das doch offenbar Frank als Gesprächsteilnehmer von vornherein ausschloß. Aber zu Bobs Unwillen dachte Frank keineswegs daran, stumm zu bleiben. »Ich wußte, daß es schlimm war, doch ich wußte nicht, daß es so schlimm war«, sagte er, und sein Blick, der den Kardinal suchte schien zu fragen, ob es denn auch recht von ihm war, sich in dieser Weise am Gespräch zu beteiligen.
    »Na, ich übertreibe auf gar keinen Fall, das kannst du mir glauben«, erklärte Bob, und in seiner Stimme war eine unüberhörbare Schärfe. Woher sollte Frank denn auch irgend etwas darüber wissen? »Erzählen Sie doch«, sagte der Kardinal rasch.
    »Nun, vorletztes Jahr hat diese Organisation - wie heißt sie doch noch? Richtig: die Commonwealth Scientific and Industrial Research Organization - in Victoria ein
    Versuchsprogramm gestartet. Dabei haben sie die Kaninchen mit diesem Virus infiziert, den sie erzeugen. Das ist irgendso eine Bakterie oder was. Diesen nennen sie jedenfalls den Myxomatosis-Virus. Zuerst sah das gar nicht so erfolgversprechend aus, obwohl alle Kaninchen, die sich damit infizierten, auch starben. Aber etwa ein Jahr nach den ersten Versuchen breitete sich das dann aus wie ein Steppenbrand, hauptsächlich übertragen durch Insekten, wie man annimmt. Jedenfalls sind seither Millionen und aber Millionen Kaninchen umgekommen. Ab und zu sieht man noch ein paar kranke Tiere, mit sonderbaren riesigen Beulen im Gesicht, einfach scheußlich sehen sie aus. Aber es ist eine großartige Leistung, Ralph, das ist es wirklich. Nichts sonst kann sich mit Myxomatosis infizieren, nicht einmal die allernächsten tierischen Verwandten. Und so kann man sagen, daß es dank der Burschen von der CSIRO in Australien praktisch keine Kaninchenplage mehr gibt.« Der Kardinal blickte zu Frank. »Sie begreifen doch, was das bedeutet, Frank, nicht wahr?«
    Der arme Frank schüttelte verwirrt den Kopf. Im Augenblick hatte er nur einen Wunsch: daß man möglichst wenig, am besten überhaupt nicht auf ihn achtete.
    »Nun, es handelt sich um biologische Kriegführung auf Massenbasis. Weiß die übrige Welt eigentlich, daß zwischen 1949 und 1952 ein Viruskrieg geführt worden ist gegen eine Bevölkerung von unzähligen Millionen? Mit dem Erfolg, daß alle diese Lebewesen weitestgehend vernichtet worden sind? Nun! Es ist jedenfalls machbar. Nicht nur so ein Hirngespinst von irgendwelchen Journalisten, sondern eine wissenschaftliche Tatsache. Atombomben?
    Wasserstoffbomben? Sie braucht man nicht mehr, man kann sie verscharren. Nun ja, es war mir klar, daß so etwas getan werden mußte. Es war unbedingt notwendig, und wahrscheinlich ist es die größte unbesungene wissenschaftliche Leistung, welche die Welt je gesehen hat. Aber es ist auch
    grauenvoll.«
    Dane war dem Gespräch sehr aufmerksam gefolgt. »Biologische Kriegführung? Davon habe ich noch nie etwas gehört, Ralph. Was genau ist das?«
    »Die Wörter sind neu, Dane. In aller Kürze ließe sich sagen, daß dieser Ausdruck nichts anderes bedeutet als Myxomatosis: die Hervorbringung eines Kleinstlebewesens von der Art eines Virus, das nur eine bestimmte Art eines größeren Lebewesens vernichtet

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