Die Dornenvögel
komm bitte nach Hause. Hier auf Drogheda ist immer für dich Platz. Ich möchte, daß du das nie vergißt. Nichts könnte daran je etwas ändern.«
In Justines Augen trat ein weicher Ausdruck. »Danke, Mum.
Für dein Alter bist du eigentlich gar nicht so übel, weißt du.«
»Alter!?« rief Meggie entsetzt. »Ich bin doch nicht alt! Ich bin erst dreiundvierzig! «
»Allmächtiger, schon so alt!«
Meggie schleuderte ein Plätzchen und traf damit Justines Nase. »Oh, du Hexe!« rief sie und lachte dann. »Du bist wirklich ein Ungeheuer! Jetzt komme ich mir vor wie hundert!«
Ihre Tochter grinste nur.
In diesem Augenblick trat Fee ins Kochhaus, von Meggie insgeheim mit Erleichterung begrüßt.
»Mum, weißt du, was Justine gerade zu mir gesagt hat?«
Fees Augen konnten zwar gerade noch mit Mühe die Ziffern in ihren Büchern wahrnehmen, doch ihr Verstand war scharf wie eh und je.
»Nein, das weiß ich nicht«, sagte sie. »Ich müßte erst einmal hören, worum es geht!«
»Nun«, sagte Meggie, »manchmal habe ich das Gefühl, daß ihr beide - ich meine, du und Jussy - Geheimnisse vor mir habt. Und daß du gerade jetzt hier hereinkommst, wo du dich sonst im Kochhaus doch kaum je blicken läßt ...«
Fee knabberte an einem der Plätzchen, die sie recht argwöhnisch betrachtet hatte, »hmmmmmmm«, sagte sie, »immerhin besser, als ich dachte. Und auf jeden Fall besser, als sie aussehen. Aber was deine Tochter betrifft, ermutige sie nicht, hinter deinem Rücken mit mir zu konspirieren. - Womit bist du denn diesmal ins Fettnäpfchen getreten, Justine?«
»Ich habe Mum gesagt, daß ich Schauspielerin werden will, Nanna, das ist alles.«
»Das ist wirklich alles? Stimmt das, oder machst du nur deine dummen Witze mit mir?« »Es stimmt. Ich fange im Culloden-Theater an.« »Nun, nun, nun!« sagte Fee und stützte sich auf den Tisch. Sie musterte ihre Tochter mit einem ironischen Blick. »Merkwürdig, wie Kinder doch ihren eigenen Willen haben, Meggie, nicht?« Meggie gab keine Antwort.
»Hast du vielleicht was dagegen, Nanna?« fragte Justine, kampfbereit.
»Ich und etwas dagegen haben? Ich denke nicht im Traum daran, mich in dein Leben einzumischen. Außerdem glaube ich, du würdest eine gute Schauspielerin sein.« »Das glaubst du im Ernst?« fragte Meggie verblüfft. »Allerdings«, erklärte Fee. »Justine ist doch wirklich kein Mädchen, das einen solchen Schritt unüberlegt unternimmt - stimmt’s nicht, Justine?«
»Natürlich nicht«, erklärte Justine mit einem Lächeln, das fast schon ein Grinsen war, und schob sich mit der Hand eine Haarsträhne aus der Stirn. Sie betrachtete ihre Großmutter mit einem so liebevollen Blick, wie sie ihn - so fand zumindest Meggie - für die Mutter nie übrig hatte.
»Du bist ein gutes Mädchen, Justine«, sagte Fee und schluckte den Rest des Plätzchens. »Gar nicht übel. Aber ihr hättet sie doch mit weißer Zuckerglasur überziehen sollen.«
»Weiß? Das geht doch nicht bei Bäumen«, widersprach Meggie. »Natürlich geht das, wenn’s Tannenbäume sind«, erklärte ihre Mutter. »Könnte doch Schnee sein.« »Zu spät«, lachte Justine. »Jetzt sind sie kotzgrün!« »Justine!«
»Hoppla! Tut mir leid, Mum. Ich vergesse immer, daß du einen überempfindlichen Magen hast.«
»Ich habe keinen überempfindlichen Magen!« sagte Meggie empört. »Ich bin nur gekommen, um zu sehen, wie es mit einer Tasse Tee steht«, betonte Fee und zog einen Stuhl herbei, auf den sie sich setzte. »Setz doch einen Kessel auf, Justine, gutes Mädchen, ja?« Auch Meggie rückte einen Stuhl zurecht und setzte sich. »Glaubst du denn wirklich, daß das für Justine das Richtige sein könnte?« fragte sie begierig.
»Ja, weshalb denn nicht?« fragte Fee zurück.
»Nun, es könnte doch so etwas wie ... wie eine Übergangsphase sein.«
»Ist es eine Übergangsphase, Justine?« fragte Fee.
»Nein, das ist es nicht!« erwiderte Justine mit allem Nachdruck, während sie Tassen und Unterassen auf die grüne Platte des alten Küchentischs stellte.
»Nimm für die Biskuits einen Teller und stell sie nicht einfach in der Schachtel auf den Tisch«, sagte Meggie ganz automatisch. »Und außerdem, Himmelherrgott, nimm für die Milch nicht die ganze Kanne, sondern das Kännchen, das zum Teeservice gehört.«
»Ja, schon gut, tut mir leid, Mum«, erwiderte Justine genauso mechanisch. »Weshalb so viele Umstände, werde ich ja nie begreifen - macht nur mehr Arbeit, das ist alles.«
»Tu, was
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