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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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schnurgerade, man hält sie gut instand, und uns bleiben dreizehn von siebenundzwanzig Toren erspart. Nur noch vierzehn sind’s zwischen Gilly und der Homestead. Und warte nur mal ab, was wir damit gemacht haben, Frank, öffnen und Schließen? Nein, damit ist es jetzt nichts mehr.« Der Rolls fuhr eine Art Rampe empor. Ruhig, gleichsam bedächtig hob sich ein metallenes Tor. Kaum war das Auto hindurch, begann es, sich wieder zu senken. »Wunder werden nicht alle!« sagte Frank.
    »Wir waren hier die erste Station, die automatische Rampentore anbringen ließ - natürlich nur zwischen der Milparinka-Straße und der Homestead. Die Koppeltore müssen noch immer von Hand geöffnet und geschlossen werden.«
    »Na, der Mann, der das erfunden hat, mußte in seinem Leben wohl viele Tore auf- und zumachen«, sagte Frank belustigt. Es war das erste Mal, das so etwas wie ein heiteres Licht in seine trübe, gedrückte Stimmung drang.
    Doch er verstummte sofort, und auch seine Mutter schwieg. Sie wollte auf keinen Fall, daß er sich zu irgend etwas gedrängt fühlte. Das mußte alles von selber kommen, nach und nach. Als sie durch das letzte Tor fuhren und auf die Home Paddock gelangten, atmete er unwillkürlich hastiger. »Ich hatte ganz vergessen, wie schön es ist«, sagte er. »Es ist unser aller Zuhause«, erklärte Fee. »Und wir haben versucht, es möglichst ordentlich instand zu halten.«
    Sie fuhren den Rolls in die Garage, und dann gingen sie zusammen zum großen Haus, Frank mit seinem Koffer in der Hand. »Möchtest du lieber ein Zimmer im großen Haus haben oder ein Gästehaus ganz für dich?« fragte Fee ihren Sohn. »Ein Gästehaus, wenn’s recht ist«, sagte er und musterte sie kurz aus seinen eigentümlich erschöpft wirkenden Augen. »Es wird mir guttun, einmal nicht immerzu mit anderen Menschen zusammen zu sein.« Es war die einzige Bemerkung, mit der er sich auf die Verhältnisse im Gefängnis bezog.
    »Ja, das wird wohl besser für dich sein«, erwiderte sie, während sie ihn in ihren Salon führte. »Im großen Haus ist ohnehin alles ziemlich voll, wo wir jetzt den Kardinal hier haben und Dane und Justine. Und übermorgen kommen auch noch Luddie und Anne Müller, wie immer zu Weihnachten.« Sie zog an der Klingelschnur: läutete nach dem Tee; und begann dann, überall im Raum die Petroleumlampen anzuzünden.
    »Luddie und Anne Müller?« fragte er.
    Sie drehte sich zu ihm herum. »Die Müllers sind Freunde von Meggie.« Sie setzte sich in ihren Ohrensessel. »In einer Stunde haben wir Dinner. Doch vorher trinken wir eine Tasse Tee. Ich muß mir ganz einfach den Straßenstaub aus der Kehle spülen.« Linkisch setzte Frank sich auf den Rand einer jener seidenüberzogenen, cremefarbenen Ottomanen. »Es sieht alles so ganz anders aus als damals bei Tante Mary.« Fee lächelte. »Nun, das will ich auch hoffen.«
    Meggie kam herein, und wenn es Frank schon nicht leicht gefallen sein mochte, seine Mutter als alte Frau wiederzusehen, so fiel es ihm wohl noch schwerer, die Tatsache zu akzeptieren, daß Meggie schon längst kein junges Mädchen mehr war. Seine Schwester umarmte und küßte ihn, und er schien in sein beutliges Jackett noch tiefer hineinzuschrumpfen. Hilfesuchend blickte er zu seiner Mutter, und sie erwiderte seinen Blick und schien ihm stumm zuzurufen: Nur Geduld, das ist nur eine Sache der Gewohnheit, wird dir alles bald völlig normal erscheinen. Während er noch überlegte, was er zu Meggie, dieser ihm so völlig Fremden, sagen konnte, kam ihre Tochter herein, ein dürres, noch sehr junges Ding, das sehr steif Platz nahm, die Hände unruhig spielend auf dem Schoß und die eigentümlich hellen Augen bald auf dieses, bald auf jenes Gesicht gerichtet. Wenn er sich’s recht überlegte - und er war sicher, daß er sich nicht irrte -, war Meggies Tochter jetzt älter, als Meggie es gewesen war, damals. Zusammen mit dem Kardinal trat Meggies Sohn ein, der sich neben seiner Schwester auf den Fußboden setzte, ein bildschöner, sehr ruhiger und irgendwie entrückt wirkender Junge. »Frank, das ist großartig«, sagte der Kardinal, während er ihm die Hand schüttelte. Er blickte zu Franks Mutter. »Eine Tasse Tee? Nun, dagegen habe ich wirklich nichts.«
    Die Cleary-Männer kamen herein, und plötzlich lag eine eigentümliche Spannung in der Atmosphäre. Frank begriff nur zu genau, daß seine Brüder ihm nicht verziehen hatten, und er wußte auch weshalb: Weil Fee seinetwegen damals tief bedrückt gewesen

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