Die Dornenvögel
lieber in Sydney leben als auf Drogheda.« Ein erwartungsvoller Ausdruck trat in ihre Augen. »Habe ich genug Geld, um mir meine Sommersprossen entfernen zu lassen- mit Hilfe dieser neuen elektrischen Methode, du weißt?« »Ich glaube schon. Aber warum?«
»Weil dann endlich mal jemand mein Gesicht sehen könnte
- darum.«
»Ich dachte, bei einer Schauspielerin käme es aufs Aussehen nicht so sehr an.«
»Zuviel ist zuviel, Mum. Mit meinen Sommersprossen ist es die reine Pest.«
»Bist du auch sicher, daß du nicht lieber doch Malerin werden möchtest?«
»Ganz sicher.« Sie machte einige Tanzschritte. »Ich werde die Bretter betreten, die die Welt bedeuten!«
»Wie bist du denn als Elevin ans Culloden-Theater gekommen?« »Ich habe zur Probe vorgesprochen.« »Und man hat dich genommen?«
»Das Vertrauen, das du in deine Tochter setzt, hat wirklich etwas Umwerfendes, Mum. Natürlich hat man mich angenommen! Ich bin nämlich gut. Und eines Tages werde ich berühmt sein.«
Meggie ließ grün gefärbten Zuckerguß auf bereits gebackene Tannenbaum-Plätzchen tropfen. »Ist das so wichtig für dich, Justine? Ruhm?«
»Na, das will ich meinen.« Justine tunkte Zuckerklümpchen in die Butter, die fast völlig zerlaufen war. Trotz des Gasherdes an Stelle des früheren Holzofens herrschte im Kochhaus noch immer eine verheerende Hitze. »Ich bin eisern entschlossen, berühmt zu werden.«
»Willst du denn nicht heiraten?«
Justine verzog verächtlich den Mund. »Kaum! Glaubst du etwa, ich hätte Lust, mein Leben zu vergeuden, indem ich Rotznasen und Schiethintern wische? Und vor einem Mann zu Kreuze kriechen, der sich einbildet, ein Halbgott zu sein, obwohl er mir nicht mal das Wasser reichen kann? Nein, danke, wirklich nicht - nicht bei mir!« »Also weißt du, Jussy, du bist einfach unmöglich! Wo hast du bloß diese Ausdrucksweise her?«
Mit kurzen, elastischen Bewegungen aus dem Handgelenk begann Justine, am Spülstein Eier aufzuschlagen. »Wo ich das gelernt habe? Nun, auf meinem Mädchen-College natürlich. Aber laß nur, wir sind auf unsere Art schon eine ganz nette Meute.«
»Nun gut, aber zurück zum Thema - was hast du eigentlich gegen die Ehe?«
Justine warf ihrer Mutter einen ironischen Blick zu, und in ihrem Lachen klang etwas von jenem wie schnaubenden Geräusch an, das man gelegentlich bei Fee hören konnte. »Also, Mum, wirklich, daß gerade du mich das fragst!«
Meggie fühlte, wie ihr das Blut ins Gesicht stieg. Rasch beugte sie sich tiefer über ihr Kuchenblech. »Werde nicht unverschämt, auch wenn du inzwischen stolze siebzehn bist.«
»Ist doch sonderbar, nicht?« sagte Justine während sie in einer Schüssel Eiweiß zu schlagen begann. »In dem Augenblick, wo man auch nur den kleinsten Schritt auf elterliches Territorium wagt, gilt man als unverschämt. Ich habe nichts weiter gesagt als: daß gerade du mich das fragst. Und das stimmt doch, verdammt noch mal, oder? Habe ich etwa auch nur angedeutet, daß ich meine, du hättest versagt oder so was? O nein. Ich bin ganz entschieden der Meinung, daß du eine Menge gesunden Menschenverstand bewiesen hast durch deinen Verzicht auf das Zusammenleben mit einem Ehemann. Wozu brauchst du denn einen? Ich meine, was das männliche Element bei unserer Erziehung betrifft, daran hat’s doch wirklich nicht gefehlt bei all unseren Onkels hier, und Geld genug zum Leben hast du ja. Ich bin ganz deiner Meinung, daß die Ehe für die Katz’ ist!«
»Du bist genau wie dein Vater! «
»Wieder so eins von deinen Ausweichmanövern. Immer, wenn dir von meiner Seite irgend etwas nicht paßt, bin ich auf einmal >genau wie dein Vaterc. Nun gut, ich muß da ganz auf dein Wort vertrauen, da ich diesen Gentleman ja nie zu Gesicht bekommen habe.«
»Wann mußt du wieder abreisen?« fragte Meggie verzweifelt.
Justine zeigte ein ungeniertes Grinsen. »Du kannst es gar nicht erwarten, mich wieder loszuwerden, nicht wahr? Kann ich auch gut verstehen, Mum. Nehm’ ich dir gar nicht weiter übel. Ich kann einfach nicht anders, macht mir einfach einen Riesenspaß, anderen einen Schock zu versetzen, vor allem dir. Wie wär’s, wenn du mich gleich morgen zum Flugplatz fährst?«
»Sagen wir: übermorgen. Morgen werde ich mit dir zur Bank fahren. Es ist besser, wenn du weißt, wieviel du auf dem Konto hast. Und, Justine ... «
Justine hob den Kopf. Die Stimme ihrer Mutter klang plötzlich eigentümlich verändert. »Ja, Mum?«
»Wenn du je in Schwierigkeiten gerätst,
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