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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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oder doch in seiner Quantität weitestgehend reduziert.«
    Dane hob unwillkürlich die Hand und machte das Zeichen des Kreuzes. Dann lehnte er sich ein klein wenig zurück und blickte zum Kardinal. »Ich habe fast das Gefühl, beten könnte da nichts schaden, nicht?«
    Mit einem leisen Lächeln erwiderte der Kardinal den Blick des Jungen.
    Nach und nach fügte Frank sich in das Leben auf Drogheda ein, und daß es ihm gelang, verdankte er Fee. Ihren übrigen Söhnen gleichsam zum Trotz, tat sie ganz so, als wäre er nur vorübergehend und sozusagen beiläufig von Drogheda fort gewesen - und keine Rede davon, daß er seiner Familie etwa Schande, seiner Mutter Kummer bereitet hätte.
    Unauffällig manövrierte sie ihn auf jenen Platz, den er offenbar einzunehmen wünschte, fernab von ihren anderen Söhnen. Sie ermutigte ihn auch in keiner Weise zur Vitalität vergangener Tage. Denn vergangen waren sie, jene Tage, wie auch seine Vitalität. Das hatte Fee auf dem Bahnsteig in Gilly auf den ersten Blick gesehen. Was ihn im einzelnen so veränderte, darüber sprach er nicht mit ihr, und sie konnte nur eines tun: ihn so akzeptieren, wie er war. Ob er mit hinausreiten würde auf die Koppeln, diese Frage stand überhaupt nicht zur Debatte. Weder wollten seine Brüder ihn dort haben, noch sehnte er sich jetzt nach einem solchen Leben, das er ja früher stets gehaßt hatte. Dafür jedoch liebte er etwas anderes. Er liebte es, Dinge wachsen zu sehen. Und so wurde dann eben dies die ruhige, ungestörte Nische, die Fee für ihn bereitete: Er arbeitete in den Gärten der Homestead und konnte dort praktisch schalten und walten, wie er wollte.
    Allmählich begannen sich die Cleary-Männer daran zu gewöhnen, daß Frank wieder zur Familie gehörte, und nach und nach begriffen sie auch, daß er - anders vielleicht als früher - für sie und ihr Wohlergehen nicht mehr die mindeste Gefahr darstellte. Was ihre Mutter für ihn empfand, war durch niemanden und nichts zu ändern. Fees Gefühle für ihn blieben offenbar dieselben, ob er sich nun im Gefängnis oder auf Drogheda befand. Aber es war gut, ihn auf Drogheda zu haben, weil das Fee glücklich machte. In die Angelegenheiten seiner Brüder mischte er sich nicht ein, und insofern änderte sich durch ihn für sie überhaupt nichts.
    Dennoch war es für Fee keineswegs eine Freude, Frank wieder zu Hause zu haben. Wie hätte es das auch sein können? Daß sie ihn jetzt jeden Tag sehen konnte, erschien ihr nur wie eine Variante jenes Kummers, als er fort gewesen war. Jetzt sah sie tagtäglich, was sie wohl geahnt hatte, daß es so und nicht anders sein konnte - ein ruiniertes Leben, einen ruinierten Menschen.
    Eines Tages, Frank war seit rund einem Jahr wieder auf Drogheda, kam Meggie in den Salon und sah, daß ihre Mutter durch eines der großen Fenster blickte. Draußen beim Fahrweg stutzte Frank eine Rosenhecke.
    Fee drehte den Kopf, und ein eigentümlicher, kaum zu beschreibender Ausdruck in ihrem Gesicht ließ Meggie plötzlich tief erschrecken. »Oh, Mum!« sagte sie hilflos.
    Fee blickte sie an, schüttelte dann den Kopf und lächelte. »Schon gut, Meggie«, sagte sie.
    »Wenn es nur irgend etwas gäbe, das ich tun könnte!« »Es
    gibt etwas. Bleib so, wie du jetzt bist. Ich bin sehr dankbar. Du bist zu einer Verbündeten geworden.«

6. TEIL 1954-1965
    DANE
     
     
    17
     
     
     
    »Also«, sagte Justine zu ihrer Mutter, »ich habe entschieden, was ich tun werde.«
    »Ich dachte, das sei bereits entschieden. Kunststudium an der Sydney University, nicht wahr?«
    »Ach, das war nur so eine Finte, um dich in falscher Sicherheit zu wiegen, während ich meine Pläne machte. Doch jetzt, wo alles geklärt ist, kann ich’s dir ja sagen.«
    Meggie, über ein Kuchenblech mit ausgerolltem Teig gebeugt, hob rasch den Kopf. Mrs. Smith war krank, und so half sie zusammen mit Justine im Kochhaus aus. Jetzt musterte sie ihre Tochter mit einem Blick, aus dem Ungeduld, Hilflosigkeit und Resignation sprachen.
    Guter Gott, was sollte man nur mit einem Mädchen wie Justine machen? Falls sie sich’s in den Kopf setzte, in einem Bordell in Sydney »in die Lehre« zu gehen, so würde man ihr das kaum ausreden können. Liebe Justine, schreckliche Justine, Verkörperung des Terrors für ihre Umgebung.
    »Sprich nur, ich bin ganz Ohr«, sagte Meggie und fuhr fort, Gebäck auszustechen. Auf dem Blech mit dem ausgerollten Teig zeichneten sich die Umrisse winziger Tannenbäume ab.
    »Ich werde

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