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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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die sich für sie mit Australien verband.
    Paddy trug Fee in seinen Armen vom Schiff. Frank folgte mit dem Baby, und jeder der Jungen und auch Meggie schleppte irgendein Gepäckstück. An einem nebligen Wintermorgen Ende August 1921 waren sie in Pyrmont angekommen, ein bedeutungsloser Name für sie. Am Kai, bei einem Wellblechschuppen, wartete eine lange Reihe von Taxis. Meggie starrte verwundert: So viele Autos hatte sie noch nie beisammen gesehen. Irgendwie gelang es Paddy, seine ganze Familie in einem einzigen Taxi zu verstauen, dessen Fahrer sich erbot, sie zum »Volkspalast« zu bringen.
    »Ist genau das Richtige für euch, Kumpel«, sagte er zu Paddy. »Ein Hotel für den Arbeiter, wird von den Sallies geleitet.« Auf den Straßen schienen Massen von Autos wild in alle Richtungen zu jagen. Pferdewagen sah man kaum. Gebannt starrten die Kinder durch die Fenster des Taxis: die hohen Ziegelsteingebäude, die engen, gewundenen Straßen und die unabsehbare Menge der Menschen: sich auflösende Gebilde, die sofort wieder in anderer Form miteinander verschmolzen. Schon in Wellington waren sie tief beeindruckt gewesen, doch neben Sydney nahm Wellington sich wohl eher wie eine Kleinstadt aus.
    Der »Volkspalast« entpuppte sich als das Wohnheim der Heilsarmee, der Salvation Army - das hatte der Fahrer mit »Sallies« gemeint. Während Fee sich in einem der zahllosen Zimmer ausruhte, ging Paddy zum Zentralbahnhof, um zu sehen, wann sie nach Gillanbone fahren konnten. Die Jungen begleiteten ihn. In der Unverbrauchtheit ihrer Jugend schienen sie sich im Handumdrehen erholt zu haben, was ihr Vater mit ein wenig Neid registrierte. Er selbst hatte nach den drei Tagen Seekrankheit doch noch recht weiche Knie. Frank und Meggie
    - die beide gern mitgegangen wären - blieben zurück, um sich um ihre Mutter zu kümmern. Zum Glück schien Fee, wieder an
    Land, rasch wieder zu Kräften zu kommen. Sie trank etwas Suppe und versuchte sogar eine Scheibe Toast. Beides hatte ihr einer der Engel von der Heilsarmee gebracht - ein Engel mit Häubchen, »Wenn wir nicht heute fahren, Fee«, sagte Paddy, als er zurückkam, »müssen wir eine Woche warten, bis der nächste Direktzug geht. Glaubst du, du könntest heute reisen?« Fee setzte sich auf. Sie zitterte leicht. »Ja.«
    »Ich finde, wir sollten warten«, sagte Frank hastig. »Mum ist doch noch nicht richtig reisefähig.«
    »Du scheinst unsere Lage nicht zu verstehen«, erklärte Paddy. »Wenn wir nicht gleich heute fahren, müssen wir eine ganze Woche in Sydney bleiben, und dafür fehlt’s mir einfach an Geld. Dies ist ein großes Land, und es fährt nun mal nicht jeden Tag ein Zug dorthin, wo wir hin wollen. Bis Dubbo könnten wir wohl auch morgen kommen, sogar mit drei verschiedenen Zügen. Aber dort säßen wir erst einmal fest, und die weitere Verbindung soll so schlecht und so umständlich sein, daß man mir nachdrücklich davon abgeraten hat. Es wäre auf jeden Fall besser, wenn wir heute fahren könnten.« »Ich schaffe das schon«, versicherte Fee. »Ich habe ja Frank und Meggie. Macht euch um mich keine Sorgen.« Bittend lag ihr Blick auf Frank. Er verstand und schwieg.
    »Dann werde ich Mary jetzt ein Telegramm schicken, damit sie weiß, daß sie uns morgen abend erwarten kann.«
    Der Zentralbahnhof war ein wahrhaft gigantisches Gebäude, ein Gebilde aus Metall und Glas, wie es die Clearys noch nie zuvor gesehen hatten, nicht auf Neuseeland. Tausende von Menschen schienen sich dort zu drängen, und die riesige Wölbung, so hätte man meinen können, schluckte den ungeheuren Lärm, um ihn dann als vielfaches Echo wieder auszuspucken. Zahllose Reisende mit Koffern und anderem Gepäck standen vor der gewaltigen Anzeigetafel und starrten gebannt. Männer mit langen Stangen regulierten die diversen Schilder.
    In der drängenden und schiebenden Menge gelangten die Clearys zum Bahnsteig 5. Auf einem großen, handgemalten Schild stand: GILLANBONE MAIL, doch der Zugang war noch gesperrt. Auf den Bahnsteigen l und 2 herrschte hektischer Betrieb. Die Abfahrt der Expreßzüge nach Brisbane und nach Melbourne stand kurz bevor. Atemlos hetzten noch Reisende herbei.
    Bald wurde der Zugang zu Bahnsteig 5 geöffnet. Im Zug fand Paddy für seine Familie ein leeres Zweiter-Klasse-Abteil. Die älteren Jungen setzte er an die Fenster, und Fee, Meggie und das Baby bekamen ihren Platz bei der Schiebetür zum Gang. Die Taktik, denn genau das war es, erwies sich als wirkungsvoll. Reisende, die in

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