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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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von Victoria; Männer, die ihren Job verloren hatten oder denen eine regelmäßige Arbeit zuwider war. Sie zogen es vor, Tausende von Kilometern zu Fuß zurückzulegen auf der Suche nach irgend etwas, von dem nur sie selbst wußten, was es sein mochte. Meist handelte es sich um anständige Kerle, die plötzlich auftauchten, sich den Bauch vollschlugen und das bißchen Tee und Zucker und Mehl in ihr Wanderbündel steckten, den geringfügigen Proviant, den sie sich erbettelt hatten. Dann verschwanden sie wieder, um weiterzuziehen von Station zu Station, vielleicht in Richtung Barcoola oder auch nach Narrengang. Ihre verbeulten Eßgeschirre klapperten, ausgemergelte Hunde liefen geduckt hinter ihnen her. Solche Wanderer zwischen den Welten sah man in Australien fast ausschließlich zu Fuß.
    Natürlich gab es unter ihnen auch gemeine Kerle, nicht allzu viele allerdings. Sie hielten Ausschau nach Frauen, deren
    Männer fort waren - auf Raub gingen sie aus, nicht auf Vergewaltigung. Und so hielt Fee in einer Ecke der Küche, wo die Babys nicht herangelangen konnten, eine geladene Flinte bereit. Tauchte ein unvermuteter Besucher auf, so blieb sie in der Nähe der Waffe, bis sie sicher war, den Unbekannten richtig eingeschätzt zu haben. Als Stuart dann sein Wächteramt im Haus antrat, war sie froh, die Flinte ihm überlassen zu können.
    Nicht bei allen Besuchern handelte es sich um Tramps. Da war zum Beispiel auch der Watkins-Mann in seinem alten Ford, Modell T, der so gut wie alles mit sich führte, was irgendwer brauchen konnte, angefangen bei Pferde-Liniment bis hin zu zartduftender Seife, die denn doch ganz anders war als das hausgemachte Zeug, das Fee selbst herstellte. Auch Lavendelwasser hatte er und Eau de Cologne und alle möglichen Puder und Cremes für von der Sonne ausgedörrte Gesichter. Es gab Dinge, die man von keinem anderen gekauft hätte als von dem Watkins-Mann. Ganz überragend war seine Heilsalbe, besser als alles, was man sonst in dieser Art bekam, selbst auf das Rezept eines Arztes. Sie heilte den blutigen Riß im Fell eines Arbeitshundes ebenso sicher wie etwa ein Geschwür am Schienbein eines Menschen. Wann immer der Watkins-Mann irgendwo in einer Küche auftauchte, scharten sich die Frauen um ihn und warteten begierig darauf, daß er seinen Warenkoffer öffnete. Aber es gab noch andere Händler. Sie kamen zwar weniger regelmäßig in die Behausungen der Stationsarbeiter, waren jedoch genauso willkommen. Von ihnen konnte man, statt der sonst gewohnten selbstgedrehten, richtige Zigaretten kaufen und auch ganz feudale Tabakpfeifen, komplette Stoffballen und sogar furchtbar verführerische Unterwäsche sowie üppig bebänderte Korsetts. Sie waren nach allem so ausgehungert, die Frauen vom Outback. Das ganze Jahr fuhren sie vielleicht ein- oder zweimal zum Einkauf in die nächste Stadt, und auch dort gab es nichts, was sich irgendwie mit den verlockenden Geschäften in Sydney vergleichen ließ, keine Spur von der neuesten Mode, keine Musterexemplare von weiblichem »Putz«. Das Leben hier, es schien fast nur aus Staub und aus Fliegen zu bestehen. Seit langem hatte es nicht mehr geregnet, nicht einmal ein kurzer Schauer war niedergegangen, der den Staub gebändigt und die Fliegen ersäuft hätte. Denn je weniger Regen, desto mehr Fliegen, desto mehr Staub.
    Von jeder Zimmerdecke hingen spiralenförmig sacht sich drehende Fliegenfänger herab, klebriges Papier, das noch am selben Tag, da man es aufhängte, schwarz war von winzigen Insektenkörpern. Nahrungsmittel jeglicher Art mußten jeden Augenblick zugedeckt sein, weil sie sonst sofort zu einem Tummelplatz für wahre Fliegenmassen wurden. Keine Rettung gab es vor dem Fliegendreck, zahllose winzige Pünktchen, die, Mehltau gleich, alles befallen zu haben schienen, die Möbel, die Wände, den Kalender aus dem Gillanbone General Store.
    Und dann - o Gott, der Staub! Ihm konnte man einfach nicht entkommen, nicht diesem feinkörnigen braunen Puder, das in alles drang, selbst in festverschlossene Behälter. Alles machte er trüb, alles machte er rauh, frisch gewaschenes Haar, frisch gesäuberte Haut. In den Falten der Vorhänge und auch der Kleider setzte er sich fest. Auf Tischplatten bildete er eine Schicht, und wischte man ihn fort, so ließ er sich praktisch im Handumdrehen wieder darauf nieder. Auf den Fußböden lag er mehr oder minder fingerdick - an Schuhen und Stiefeln haftend und achtlos hereingeschleppt, vom heißen, trockenen Wind durch offene

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