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Die Drachen von Montesecco

Die Drachen von Montesecco

Titel: Die Drachen von Montesecco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Jaumann
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Himmel steigen und im Wind tanzen. Er sieht zu ihnen hinauf, daß man meinen könnte, seine Seele wäre mit da oben.«
    »Nun?« fragte die Signorina. Mit einem eleganten Satz sprang die Katze auf ihren Schoß.
    »Fünfhunderttausend«, knirschte Angelo zwischen verkniffenen Lippen hervor.
    Die Signorina hob den Arm und rief: »Cameriere, die Rechnung bitte!«
    Catia schlug die Hände vors Gesicht.
    »Warten Sie!« Angelos Stimme klang belegt.
    Die Signorina schubste die Katze von ihrem Schoß.
    »Verdammt, verdammt, verdammt«, murmelte Ivan vor sich hin.
    Die Signorina stand auf.
    »Also gut«, sagte Angelo.
    »Eine Million pro Monat«, sagte Ivan.
    Die Signorina setzte sich wieder. Catia begann zu schluchzen. Jetzt erst.
    »Wenn Sie erlauben, nehme ich mir noch ein paar Austern«, sagte die Signorina. Sie griff zu, schlürfte das Austernfleisch aus der halben Schale, verdrehte genießerisch die Augen und sagte: »Das Geld geht der jungen Dame morgen mittag per Kurier zu. Beide Herren bürgen gleichermaßen für die Begleichung des Kredits plus der Zinsen. Wegen der Rückzahlung werde ich mich zu gegebener Zeit mit Ihnen in Verbindung setzen.«
    »Wegen der Sicherheiten …«, sagte Angelo.
    »Ich gehe davon aus, daß Sie Ihre Verpflichtungen erfüllen werden.« Die Signorina pfefferte eine weitere Auster.
    »Und wenn nicht?«
    »Das kommt bei meinen Kunden nicht vor«, sagte die Signorina. Sie schlürfte die Auster.
    »Haben Sie schon einen Vertrag aufgesetzt?« fragte Ivan.
    »Handschlag genügt. Unter Männern, sozusagen.« Die Signorina lachte. Es war ein glucksendes, zufriedenes Lachen. Dann blickte sie übers Meer und sagte wie zu sich selbst: »Wo sonst hat man so eine schöne Aussicht!«
    Die Frist, die der Entführer gesetzt hatte, lief um 12 Uhr ab.
    »Wie spät ist es jetzt?« fragte Catia. Sie saß auf der zweituntersten Stufe der Treppe, die zu ihrem Haus hinaufführte, und sah zur Uhr am Palazzo Civico hoch. Die Zeiger standen auf zwanzig nach acht.
    »12 Uhr 10«, sagte Franco Marcantoni. An dem Mäuerchen, das die Piazza zum Hang hin abschloß, lehnten zwei schwarze Koffer.
    »Weshalb läßt eigentlich niemand die verdammte Uhr richten?« Catia sprang auf. Sie machte ein paar schnelle Schritte, starrte auf die Ehrentafel der Gefallenen, ohne einen Namen wahrzunehmen, und lief zurück.
    »Setz dich!« sagte Milena Angiolini.
    »Wieso hat man denn eine Uhr auf der Piazza, wenn sie nicht funktioniert?« fragte Catia. Sie schlug mit der flachen Hand auf den Kofferraum von Angelos Wagen.
    »Es nützt nichts, wenn du dich verrückt machst«, sagte Milena.
    »Man wird doch wohl noch fragen dürfen, warum hier seit zwanzig Jahren eine kaputte Uhr hängt«, begehrte Catia auf.
    »Er will das Geld, also wird er sich schon melden«, sagte Franco.
    Catia setzte sich wieder auf die Stufe, verschränkte die Arme über den Knien und legte den Kopf darauf. Sie reagierte nicht, als ihr Lidia Marcantoni ein Panino anbot.
    »Und ein wenig schlafen solltest du auch«, sagte Milena. »Wir wecken dich, sobald sich etwas tut.«
    Catia murmelte etwas in ihre Armbeuge hinein.
    »Was?« fragte Milena.
    »Schlafen kann ich genug, wenn ich tot bin«, sagte Catia, ohne den Kopf zu heben. Der Wind spielte sanft in ihrem Haar.
    »Sag nicht so einen Unsinn!« sagte Milena.
    »Versündige dich nicht!« sagte Lidia Marcantoni.
    Die Sonne hatte den herbstlichen Morgennebel schon seit geraumer Zeit aufgelöst, aber erst jetzt begann sie zu wärmen. Obwohl es Mittag war, stand sie so tief, daß jeder der Herumstehenden einen deutlichen Schatten warf. Auch die Umrisse der beiden Koffer zeichneten sich klar auf dem Asphalt ab.
    Franco Marcantoni schlug vor, inzwischen das Geld zu zählen. Er nahm die Hände aus den Hosentaschen.
    »Wozu?« fragte Catia dumpf.
    »Na hör mal! Was ist, wenn der Entführer behauptet, daß es nur eine Million war? Und du hast keine Ahnung, ob …«
    Catia zuckte die Achseln. Franco zögerte. Dann ging er auf die Koffer zu, nahm einen hoch und legte ihn auf dem Mäuerchen ab. Bevor er ihn öffnen konnte, protestierteLidia. Angeblich befürchtete sie, daß der Wind das Geld zerstreuen könnte, doch man merkte genau, daß sie es für ungehörig hielt, in der Öffentlichkeit Geld zu zählen. Noch dazu so eine Menge Geld. Niemand in Montesecco hatte je auch nur einen Bruchteil der Summe auf einem Haufen gesehen.
    »Wenn nicht eh bloß Papierschnipsel drin sind«, sagte Franco.
    Die Koffer waren eine halbe Stunde

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