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Die Drachenflotte (German Edition)

Die Drachenflotte (German Edition)

Titel: Die Drachenflotte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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sollte man unbeteiligt bleiben? Ihr Vater war einmal mit ihr und Emilia hier herunter nach Süden gesegelt zu einem Strand mit dunklerem Sand und entsprechend dunkleren Krabben. Er hatte eine ganze Schüssel dieser Albinos freigesetzt, die plötzlich so leuchtend hell waren, so deutlich sichtbar für jeden Räuber, dass sie unvermeidlich dem Tod geweiht gewesen waren. Rebecca kannte die Theorie vom Überleben des Bestangepassten, aber hier verstand sie sie zum ersten Mal, begriff die ganze urtümliche Grausamkeit und Eleganz der natürlichen Auswahl.
    Sie näherte sich Eden. Jetzt waren selbst die Bäume vertraut, die knittrigen dunklen Fäden des Seetangs auf dem Strand. Erinnerungen bedrängten sie, erdrückend wie Menschenmassen. Ihr Vater Adam, der sie auf seine Schultern schwang und laut brüllend mit ihr in die Brandung rannte. Das Kribbeln des feinen Sands auf ihrer Handfläche, wenn sie die Mauern von Sandburgen glatt geklopft hatte, dann das hereinflutende Wasser, das die Mauern aushöhlte. Quallenschlachten mit den madagassischen Jungen. Die Suche nach Krebsen und Muscheln im seichten Wasser und in Gezeitentümpeln. Wie alt und grau Adam nach Yvettes Tod geworden war, als hätte ein Organ versagt. Und, ja, dieses grausame erste Mal, als sie bemerkt hatte, wie er sie ansah, das Gesicht verzerrt und bitter, und sie mit einer Klarheit, die ihr den Atem raubte, erkannt hatte, dass ihr geliebter Vater, der Held ihrer Kindheit, ihr Abgott, sie hasste .
II
    Claudia war beim Wäschewaschen, als Davit sie fand. Sie wusch die Hemden in einem großen Zuber und wrang sie aus, bevor sie sie auf einer Leine, die zwischen zwei Hütten gespannt war, aufhängte. Eine runzlige Alte beobachtete sie von der Veranda aus, als hoffte sie, etwas auszusetzen zu finden.
    «Arbeit, Arbeit, nichts als Arbeit», sagte Davit
    «Arbeit, Arbeit, nichts als Arbeit», stimmte Claudia zu und wischte sich den Schaum von der Nase.
    Er nickte der Alten zu und fragte, weil er Ärger vermeiden wollte: «Darf ich Claudia einen Moment ausleihen? Ich habe ein kleines Problem in meiner Hütte.» Claudia übersetzte, und die Alte nickte mit saurem Gesicht. Zusammen gingen sie durch das abendliche Dunkel zum Strand hinunter.
    «Was für ein Problem?», fragte sie.
    «Gar keins», antwortete er. «Ich wollte dich nur für mich allein haben.» Sie lächelte voll so naiver Freude, dass auch er lächeln musste. «Aber ich habe eine Frage. Ich wollte dich um etwas bitten.»
    «Oh», sagte sie. «Was?»
    Er erzählte ihr von der Piroge mit dem Western-Union-Logo auf dem Segel und erklärte, dass er und Boris gern wissen wollten, wohin das Boot gefahren war. Sie versprach ihm, sich später umzuhören, jetzt musste sie erst noch eine Schicht in einer Bar im Ort arbeiten.
    Er sah sie erstaunt an. «Du hast noch eine Arbeitsschicht vor dir?»
    «Ja.»
    «Arbeit, Arbeit, nichts als Arbeit», sagte er bekümmert, weil ihm aufging, dass es stimmte. Ihre Blicke trafen sich kurz, und er berührte ihre Hand. Sie wies nach rückwärts zu dem Berg Wäsche, der noch auf sie wartete, dann wünschte sie ihm eine gute Nacht und kehrte zu ihrer Arbeit zurück.
III
    Eden. Hätte man dem Gartenparadies von Adam und Yvette einen anderen Namen geben können? Rebecca hatte den Humor ihres Vaters immer verdächtig gefunden. Zu dem Naturschutzgebiet gehörten ungefähr fünfzig Hektar Dornbuschwald einschließlich eines acht Kilometer langen Küstenstreifens, aber sein Herzstück war diese natürliche Lichtung im Wald, die von der Küstenstraße aus in kurzer Fahrt zu erreichen war. Sie war dunkel und leer und kleiner, als sie sie in Erinnerung hatte, im Übrigen aber unverändert.
    Rechts stand das Haupthaus, ein großer und robuster einstöckiger Bau aus weiß gekalktem Stein mit dem Büro ihres Vaters, der Ambulanz, dem Speiseraum und verschiedenen anderen Räumen. Der alte Jeep ihres Vaters war vor der Veranda geparkt, ebenso das geländegängige Motorrad, das er benutzte, wenn er Wege fahren musste, die nicht einmal mit dem Jeep zu bewältigen waren. Vor ihr lag die Außenküche mit Tischen und Stühlen rundherum, etwas abseits diente eine Wäscheleine als Badmintonnetz, und zu ihrer Linken befanden sich, auf Pfählen errichtet, damit sie auch bei den gelegentlichen heftigen Regengüssen trocken blieben, der Generatoranbau und die Wohnhütten. Adam hatte nahezu alles selbst gebaut, mit bescheidener Hilfe der benachbarten Dorfbewohner – den unzuverlässigsten Helfern der

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